GKV Vorschlag innerhalb der Krankenkassen umstritten
03.08.2012
Der Vorschlag des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) stößt innerhalb des Kassenverbundes auf heftige Kritik. Der Bundesverband hatte angeregt sogenannte Zertifikate für Kliniken auszustellen, die weniger „unnötige Operationen“ durchführen. Kassen, die über das vereinbarte Limit operieren, sollen Zertifikate erwerben. Nach Ansicht der Allgemeinen Ortskrankenkasse AOK Baden-Württemberg sei der Vorschlag „völlig untauglich“ und würde zum Zertifikate-Handel führen.
Die Anzahl der Operationen ist in den vergangenen Jahren massiv angestiegen. Gesundheitsexperten und Krankenkassen vermuten, dass vielfach medizinische Eingriffe durchgeführt werden, die eigentlich für den Patienten unnötig wären. Dadurch sind die Ausgaben der Kassen gestiegen und in vielen Fällen werden Patienten durch die Operationen unnötig gesundheitlich belastet.
AOK uneins über Zertifikate-Modell
Der GKV-Spitzenverband schlug nunmehr vor, eine Art Zertifikate für Krankenhäuser zu konzipieren, um die Zahl der operativen Eingriffen zu senken. Innerhalb der AOK ist dieser Vorstoß jedoch umstritten. Nach Ansicht des Kassenvorstandes der AOK Baden-Württemberg sei der Vorschlag „untauglich“. Dadurch würde ein weiteres „Bürokratie-Monster“ geschaffen. Zudem werden überflüssige Eingriffe so kaum verhindert, mahnte der Kassenchef Christopher Hermann am Donnerstag in Stuttgart. Die AOK Rheinland-Hamburg hingegen unterstützt das GKV-Konzept. Nach Ansicht des Spitzenverbandes könnten Kliniken, die mehr operieren als vereinbart, verpflichtet werden, Zertifikate bei anderen Kliniken zu erwerben, die unter der Zahl der vereinbarten Eingriffe blieben.
Eine kürzlich im Auftrag der GKV vorgestellten Studie zeigte, dass „die nicht unbedingt notwendigen medizinischen Eingriffe zwischen 2006 und 2010 um 13 Prozent“ zunahmen. Die Krankenkassen gehen daher davon aus, dass vielfach Kliniken Operationen forcieren, um die Einnahmeseite zu erhöhen. Die Patienten würden somit teilweise grundlos „unter das Messer geraten“, obwohl alternative Behandlungsmethoden einen weitaus höheren Genesungsnutzen erbringen würden. Um den Anstieg zu reduzieren, suchen Experten seit einiger Zeit nach Möglichkeiten, um die Operationszahlen zu senken.
Klinikvertreter lehnen Vorstoß ab
Heftige Kritik an dem Zertifikaten-Modell kam von Seiten der Klinikvertreter. So sagte der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum, das Modell sei „völliger Quatsch“. Seinen Angaben zufolge seien „Kliniken keine Industrieunternehmen“. Vielmehr würde nach „medizinischer Notwendigkeit und in ärztlicher Verantwortung behandelt“. Die Krankenkassen würden mit dem Vorstoß versuchen, „die medizinischen Leistungen der Krankenhäuser zu rationieren“.
Gesetzesregelung zur Änderung der Vergütungssysteme gefordert
Der Gesundheitsexperte der CDU, Jens Spahn, forderte im „ARD-Morgenmagazin“ gesetzliche Regelungen, um den inflationären Gebrauch des Skalpells einzudämmen. Es könne nicht angehen, „dass Ärzte mehr Geld erhalten, je häufiger sie operierten“, kritisierte der Politiker in der Sendung. Das schaffe „falsche Anreize für die Operateure“. Die Bundesregierung sollte darüber nachdenken, „solche Vergütungssysteme zu regulieren oder gar ganz zu verbieten“, sagte Spahn.
Auch in den Reihen der Ärzteschaft sei das derzeitige Vergütungsmodell umstritten. So hatte der Deutsche Ärztetag gefordert, die momentan gültige Vergütungssystem der Klinik zu reformieren. (sb)
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