Je länger die Wiederbelebungsversuche, desto höher die Überlebenschance
06.09.2012
Mit längerer Dauer der Reanimationsbemühungen kann die Überlebenschance der Patienten deutlich erhöht werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von US-Wissenschaftlern um Zachary Goldberger von der Abteilung für Kardiovaskuläre Medizin an der University of Michigan. Entsprechend sollten die Wiederbelebungsversuche in den Kliniken deutlich länger durchgeführt werden, als bislang üblich, so die Schlussfolgerung der US-Forscher.
„Obwohl wir keine optimale Dauer für Wiederbelebungsversuche definieren können, deuten unsere Befunde darauf hin, dass Bemühungen zur systematischen Erhöhung der Reanimationsdauer die Überlebenschance verbessern“, berichten Goldberger und Kollegen in dem Fachmagazin „The Lancet“. Den Ergebnissen der US-Forscher zufolge liegt die Überlebenswahrscheinlichkeit bei 25 minütiger Reanimationsdauer um 12 Prozent höher als bei Wiederbelebungsversuchen, die bereits nach 16 Minuten eingestellt werden. Tendenziell steige die Überlebenschance der Patienten, wenn die Herz-Lungen-Wiederbelebung länger durchgeführt wird, schreiben die US-Forscher.
Daten von knapp 65.000 Herzstillstand-Patienten analysiert
Im Rahmen der aktuellen Studie werteten die US-Wissenschaftler die Daten von 64 339 Patienten aus, die wegen eines Herzstillstands in einem von 435 US-Krankenhäusern behandelt wurden. Zwar seien die Richtlinien zur Herz-Lungen-Wiederbelebung sehr präzise, doch in Bezug auf die erforderliche Dauer der Reanimation liegen bisher keine eindeutigen Empfehlungen vor, erläuterten die Experten. Die Forscher berechneten für jedes einzelne Krankenhaus die durchschnittliche Dauer der Reanimation, sowohl bei den Todesfällen als auch bei den Überlebenden. Bei den überlebenden Herzstillstand-Patienten betrug die durchschnittliche Reanimationsdauer demnach circa zwölf Minuten, während bei den Todesfälle die Wiederbelebungsversuche im Schnitt nach 20 Minuten eingestellt wurden. Die jeweilige Reanimationsdauer fiel in den Kliniken äußerst unterschiedlich aus. Um eine Aussage über den Zusammenhang zwischen der Dauer der Reanimation und der Überlebenschance der Patienten treffen zu können, verglichen die Forscher das Viertel der Kliniken mit der durchschnittlich geringsten Reanimationsdauer (16 Minuten) mit dem Viertel der Krankenhäuser, in denen durchschnittlich am längsten (25 Minuten) reanimiert wurde.
Längere Reanimationsdauer erhöht die Überlebenschance um zwölf Prozent
Das Ergebnis des Vergleichs zeigt laut Aussage der US-Wissenschaftler, dass bei den Kliniken mit einer durchschnittlichen Wiederbelebungsdauer von 16 Minuten die Überlebenschance der Patienten um 12 Prozent geringer lag, als in den Krankenhäusern mit einer durchschnittlichen Reanimationsdauer von 25 Minuten. Damit widerspricht die Studie den Aussagen früherer Untersuchungen, die festgestellt hatten, dass längere Wiederbelebungsversuche die Überlebenswahrscheinlichkeit der Herzstillstand-Patienten kaum beeinflussen. Goldberger und Kollegen kommen in dem Artikel „Dauer der Wiederbelebungsbemühungen und das Überleben nach einem Herzstillstand im Krankenhaus“ hingegen zu dem Schluss, dass eine Verlängerung der Wiederbelebung um zehn oder 15 Minuten die Überlebenswahrscheinlichkeit der Patienten deutlich verbessern könnte. Negative Effekte wie beispielsweise Hirnschädigungen infolge des Sauerstoffmangels bei längeren Versuchen der Wiederbelebung haben die Forscher im Rahmen ihrer Studie nicht beobachtet.
Neue Richtlinie zur Herz-Lungen-Wiederbelebung erforderlich
Heute überleben laut Aussage der US-Wissenschaftler rund 20 Prozent der Patienten, die wegen eines Herzstillstands ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Diese Zahl ließe sich möglicherweise deutlich erhöhen, wenn in Zukunft neue Richtlinie für die Herz-Lungen-Wiederbelebung erlassen würden, die eine systematische Verlängerung der Reanimationsdauer berücksichtigen. Auch für Ersthelfer sollten angepasste Richtlinien entwickelt werden. Im Zweifelsfall gilt jedoch ohnehin: Lieber länger reanimieren, statt frühzeitig die Hoffnung aufzugeben. (fp)
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Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.