Hersteller darf Wasser „Bio-Mineralwasser“ nennen
17.09.2012
Laut eines aktuellen Urteils des Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe dürfen Hersteller Mineralwasserprodukte mit dem Label „Bio-Mineralwasser“ verkaufen, wenn der Gehalt an Schadstoffen deutlich unter den Grenzwerten von natürlichem Mineralwasser liegt. Damit wies das Gericht ein Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs ab, die dem Produzenten Irreführung von Verbrauchern sowie einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vorwarf.
Ein kleiner Hersteller in Neumarkt bietet in seinem Sortiment ein Wasser mit der Bezeichnung „Bio Kristall“ an. Die private Interessensgemeinschaft „Wettbewerbszentrale“, hinter der u.a. der Verband Deutscher Mineralbrunnen steht, sah darin eine Irreführung von Verbrauchern. Schließlich sei natürliches Mineralwasser ohnehin ein Naturprodukt und somit ohne Zusatzstoffe, so die Wettbewerbszentrale.
Drei Jahre lang lief das juristische Tauziehen zwischen den Kontrahenten. „Nun schafft das Urteil Rechtssicherheit in Deutschland“, schreibt das Unternehmen „Neumarkter Lammsbräu“ in einer Mitteilung. „Mineralwasserprodukte, die die besonderen und präzise definierten Qualitätskriterien der Qualitätsgemeinschaft Biomineralwasser e.V. erfüllen, dürfen als Bio-Mineralwasser entsprechend gekennzeichnet und auf den Markt gebracht werden“. Somit darf das beklagte Unternehmen ihr Bio-Mineralwasser „Bio-Kristall“ weiterhin verkaufen.
Bio-Bezeichnung für Mineralwasser zulässig
Das BGH bestätigte damit die Urteilsbegründung des Oberlandesgericht Nürnberg-Fürth. Dieses hatte die Bezeichnung „Bio-Mineralwasser“ als zulässig erklärt, weil „der Hersteller damit den Interessen der Verbraucher nachkomme“. Allerdings muss der Hersteller die Auflage einhalten, das verwendete Label so zu gestalten, dass eine Verwechslung mit dem offiziellen EU-Biosiegel für den Verbraucher nicht passiere. Bereits seit Februar diesen Jahres kommt das Unternehmen der Auflage nach.
Susanne Horn, Sprecherin des Unternehmens, begrüßte das Urteil. Das BGH stütze "die legitimen Interessen der Verbraucher nach mehr Transparenz auf dem Lebensmittelmarkt. Es zeigt auch, dass unsere Zielsetzung, Bio-Kriterien auch für Mineralwässer einzuführen, richtig ist, schließlich ist Wasser unser allerwichtigstes Lebensmittel überhaupt.“
Die Gemeinschaft „Biomineralwasser e.V.“ hatte bereits 2009 etwa 50 Qualitätskriterien erarbeitet, die ein Mineralwasser erfüllen muss, um sich „Bio“ nennen zu dürfen. Diese seien laut der Initiative „strenger als das derzeitigen Regelwerke für Mineralwasser und Quellwasser“.
Nach Meinung der Wettbewerbszentrale werde Verbrauchern durch die Bezeichnung „Bio“ bei einem Mineralwasser suggeriert, dass das Wasser im Vergleich zu konventionellen natürlichen Mineralwässern über besondere Eigenschaften verfüge, die wesentlich gesünder und reiner seien. Das sei jedoch nicht der Fall, so die Wettbewerbszentrale, weil auch herkömmliche Wässer strenge gesetzliche Vorgaben einhalten und demnach frei von Zusatzstoffen und gesundheitlich bedenklichen Inhaltsstoffen sind. „Konsequenz des BGH-Urteils wird sein, dass sich auch andere Anbieter mit dem Siegel einer angeblichen Bio-Qualität schmücken können, wenn sie zuvor nur die auf ihre Produkte passenden Kriterien zum Bio-Maßstab machen, egal inwieweit sich wirklich wahrnehmbare Unterschiede zu herkömmlichen Konkurrenzprodukten feststellen lassen. Das bedeutet letztlich Bio-Marketing ohne neutrale Kontrolle“, kritisierte Dr. Reiner Münker, Präsidiumsmitglied der Wettbewerbszentrale.
Münke hofft, dass der BGH in seiner Urteilsbegründung auch Grenzen für die Bio-Vermarktung von Mineralwässern aufzeigt, „um die Verbraucher vor „Scharlatanerie“ zu schützen. Um dies abschätzen zu können, müsse noch auf die schriftliche Entscheidungsfassung gewartet werden. Erfreut zeigte sich Münke, dass der „BGH das zuvor ausgesprochene Verbot des irreführenden Bio-Siegels bestätigt hat“.
Horn hingegen sieht in dem Urteil einen wichtigen Meilenstein für Bio-Branche. „Zum einen zeigt es die wachsende Akzeptanz von Bio-Kriterien bei Lebensmitteln. Zum anderen ist es ein Anreiz, weiterhin auch für Lebensmittel außerhalb der EU-Norm mit strengen Regelwerken Bio-Zertifizierungen zu etablieren. Und es bestätigt das Recht der Bioverbände, ehrliche Biokonzepte auf weitere Lebensmittel und Lebensmittelbereiche auszudehnen.“ (sb)
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