Schwangerschaft mit transplantierter Gebärmutter?
20.09.2012
Schwedische Ärzte haben zwei Frauen erfolgreich eine Gebärmutter (Uterus) transplantiert, damit diese schwanger werden können. Der Eingriff ist in der Fachwelt äußerst umstritten, da einerseits keine Aussagen zu den Erfolgsaussichten für eine Schwangerschaft getroffen werden können und im Falle einer tatsächlichen Schwangerschaft möglicherweise Beeinträchtigung der embryonalen Entwicklung durch das transplantierte Organ drohen.
Die Mediziner der Sahlgrenska-Universitätsklinik in Göteborg transplantierten den beiden Patientinnen die Gebärmutter von deren Müttern, um ihnen eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Nach Ansicht des Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin, Christian Thaler, ein ethisch äußerst grenzwertiger Eingriff. Zwar bewerten die schwedischen Ärzte den reibungslosen Operationsverlauf als durchaus erfolgreich, doch von einem umfassenden Erfolg wollen auch sie nicht reden, bevor die beiden Frauen nicht tatsächlich schwanger geworden sind.
Ermöglichte die Gebärmutter-Transplantation eine künstliche Befruchtung?
Die medizinischen Möglichkeiten unterliegen einem stetigen Wandel, der bislang ungeahnte Option eröffnet. Hierzu zählt die nun durchgeführte Transplantation der Gebärmutter. Beiden Patientinnen wäre ohne den Eingriff der Kinderwunsch dauerhaft verwehrt geblieben. Die eine Patientin war schon ohne Gebärmutter zur Welt gekommen, der anderen musst diese aufgrund einer Krebserkrankung entfernt werden. Die Transplantation war für sie demnach die letzte Option, um eigene Kinder zu kriegen. Ob dieser Versuch erfolgreich verlaufen wird, lässt sich jedoch frühstens in einem Jahr sagen. Denn so lange sollten die Frauen mit einer Schwangerschaft warten, um das Komplikationsrisiko zu minimieren, erläuterten die behandelnden Ärzte um Mats Braennstroem von der Sahlgrenska-Universitätsklinik. Nach der einjährigen Wartefrist planen die Mediziner den ersten Versuch einer künstlichen Befruchtung. Den Patientinnen sollen deren eigene, zuvor eingefrorene Eizellen eingesetzt werden.
Maximal zwei Schwangerschaften mit transplantierter Gebärmutter
Welche Erfolgschancen einen künstliche Befruchtung bei den Frauen mit transplantierter Gebärmutter hat, konnten die schwedischen Experten bislang nicht benennen. Der Leiter des Operationsteams, Mats Braennstroem, erläuterte, dass auch bei einer künstlichen Befruchtung unter normalen Umständen die Erfolgschancen lediglich bei 25 bis 30 Prozent liegen. Höhere Erfolgsaussichten sind demnach auch bei den beiden Frauen mit transplantierter Gebärmutter nicht zu erwarten, zumal die Patientinnen sich bereits im Alter zwischen 30 und 40 Jahre befinden. Die transplantierten Uteri sollen nach Vorstellung der Ärzte spätestens nach zwei Schwangerschaften wieder entfernt werden. Denn solange die transplantierten Organe sich im Körper der Patientinnen befinden, müssen die Frauen Medikamente einnehmen, die ihr Immunsystem unterdrücken und eine Abstoßung der Organe verhindern. Die Wahrscheinlichkeit einer Abstoßung liege trotz der Medikamente bei rund 20 Prozent, erläuterten die Ärzte. Laut Mitteilung der Sahlgrenska-Universitätsklinik waren die beiden am Wochenende durchgeführten Operationen, die ersten ihrer Art und basierten auf einem Jahrzehnt vorheriger Forschungsarbeit an den Möglichkeiten eines solchen Eingriffs. Zuvor wurden vergleichbare Transplantationen bisher lediglich an Mäusen durchgeführt.
Gebärmutter-Transplantation ethisch grenzwertig
Nach Ansicht des Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin, Christian Thaler, wurde mit dem aktuellen Eingriff „ein Experiment mit zwei Patientinnen“ durchgeführt, dessen Ausgang ungewiss ist. Seine prinzipielle Sorge sei, „dass die Gebärmutter im Verlauf der Schwangerschaft eine Vielfalt an Veränderungen durchlaufen muss, die für das Wohlbefinden des Kindes von größter Bedeutung sind“ und hier erhebliche Zweifel daran bestehen, ob und in welchem Ausmaß dies bei einem Transplantat funktioniert, so Thaler gegenüber dem Nachrichtenmagazin „ZEIT Online“. Sollte tatsächlich eine erfolgreiche Befruchtung erfolgen, sei diese nicht mehr umkehrbar und werde damit zu einem „Experiment mit jeweils zwei Patienten – Mutter und Baby.“ Zwar habe er grundsätzliches Verständnis für den Kinderwunsch der Frauen und deren Bereitschaft hierfür nichts unversucht zu lassen, doch die gegenwärtigen Gebärmutter-Transplantationen seien „ethisch absolut grenzwertig.“
Weitere Gebärmutter-Transplantationen geplant
Wie viele Frauen von einer derartigen Operation profitieren könnten, verdeutlichten die schwedischen Ärzte anhand von Fallzahlen zu den Patientinnen ohne Gebärmutter. In Schweden bleiben demnach etwa zwei- bis dreitausend Frauen kinderlos, weil sie keine Gebärmutter haben. Eine Transplantation könnte bei ihnen zwar die Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Schwangerschaft schaffen, ob diese anschließend erfolgreich verlaufen würde, ist jedoch keineswegs garantiert. Aufgrund der ethischen Bedenken hatte der Ethikrat Schwedens die aktuellen Eingriffe zunächst blockiert, im Mai allerdings die Operationen genehmigt, mit der Auflage, dass ein eigens gegründetes Komitee die Transplantationen und deren Folgen beobachtet. Nachdem die Eingriffe am Wochenende ohne Komplikationen verliefen, sind entsprechende Operationen nun bei acht weiteren Frauen geplant. (fp)
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Bild: Martin Büdenbender / pixelio.de
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