Diabetes bedingt ein erhöhtes Arthrose-Risiko. Zu diesem Ergebnis kommt das Forscherteam um Prof. Dr. Georg Schett von der Universität Erlangen bei Auswertung der Daten der sogenannten Bruneck-Studie. Diabetiker brauchen demnach deutlich häufiger ein künstliches Knie- oder Hüftgelenk als stoffwechselgesunde Personen, berichten die Endokrinologen im Fachmagazin „Diabetes Care“.
20.11.2012
Als Datenbasis zur Ermittlung möglicher Zusammenhänge zwischen Diabetes und Arthrose nutzten die Wissenschaftler die Bruneck-Studie, welche als Kohortenstudie eine alters-und geschlechtsspezifisch geschichtete Zufallsauswahl von 927 Männern und Frauen im Alter zwischen 40 und 80 Jahren umfasst. Seit 1990 werden die Gesundheitsdaten aller älteren Einwohner der Ortschaft Bruneck im Südtirol erfasst. Über zwanzig Jahre lässt sich so die Entwicklung des Gesundheitszustandes der Probanden zurückverfolgen.
Diabetiker erhalten häufiger einen Gelenkersatz
Die Bruneck-Studie bietet laut Aussage der Wissenschaftler „ sehr verlässliche Daten zur Erforschung von Krankheitsrisiken“, da das dortige Krankenhaus die einzige Anlaufstelle für die klinische Versorgung in der Region ist und die Migration der Bevölkerung in der abgelegenen Alpengemeinde sehr gering ausfällt. Bei der Auswertung der Daten stellten die Endokrinologen um Professor Dr. Georg Schett fest, dass Personen mit Typ-2-Diabetes viermal häufiger ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk erhielten als die übrigen Einwohner von Bruneck. Wurden die Daten um Alter, Übergewicht und andere Arthrose-Risikofaktoren bereinigt, lag die Wahrscheinlichkeit einer entsprechenden Hüft- beziehungsweise Kniegelenkoperation bei Diabetikern immer noch doppelt so hoch, wie bei den übrigen Dorfbewohnern.
Erhöhter Blutzuckerspiegel schädigt die Gelenke
Studienleiter Prof. Dr. Schett geht angesichts der aktuellen Ergebnisse davon aus, dass der bei Diabetes dauerhaft erhöhte Blutzuckerspiegel als eigenständiger Risikofaktor für Arthrose zu bewerten ist. Hoher Blutzucker begünstigt demnach den Gelenkverschleiß. Wie Wissenschaftler berichten, ist bereits seit längerem bekannt, dass der Blutzucker in den Gelenkknorpel gelangen kann. Bei erhöhten Blutzuckerwerten führe dies möglicherweise zu Schädigungen der Knorpelzellen und fördere die Bildung von entzündlichen Proteinen, wie beispielsweise des Tumornekrosefaktors alpha, berichten Schett und Kollegen. Die gelenkschädigende Wirkung des Tumornekrosefaktors sei auch von der Rheumakrankheit (rheumatoide Arthritis) her bekannt. In jedem Fall begünstige Typ-2-Diabetes die Entwicklung schwerer Arthrose – unabhängig von Alter und Body-Mass-Index (BMI; Relation zwischen Körpergewicht und Größe). „Unsere Ergebnisse stärken das Konzept einer starken metabolische Komponente in der Pathogenese der Arthrose“, schreiben die Forscher.
Zusammenhang zwischen Diabetes und Arthrose lange unentdeckt
Nach Einschätzung des Präsidenten der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Professor Dr. med. Stephan Matthaei, unterstreicht die Studie einmal mehr die Notwendigkeit einer frühzeitigen und konsequenten Behandlung des Typ 2-Diabetes. Denn „vieles spricht dafür, Arthrose als eine weitere Spätkomplikation des Typ 2-Diabetes zu betrachten“ und demnach könnte „ein optimales Diabetesmanagement vermutlich auch Arthrosen vorbeugen“, erläuterte Matthaei. Zur Verbreitung der Arthrose berichtet die DDG, dass knapp 400.000 Menschen jährlich in Deutschland ein künstliches Hüft- der Kniegelenk erhalten. Ein direkter Zusammenhang mit der Zuckerkrankheit sei lange nicht hergestellt worden, „da beide Erkrankungen im Alter häufig sind und Übergewicht ein wichtiger Risikofaktor“ sowohl bei Arthrose als auch bei Diabetes ist, berichtet Prof. Schett. (fp)
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Bild: Michael Horn / pixelio.de
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