Forscher weisen effektvolle Wirkung der Psychotherapie im Gehirn nach
04.01.2013
Psychotherapie verspricht bei Patienten mit Panikstörung durchaus beachtliche Behandlungserfolge. Bislang sind die Auswirkungen der kognitiven Verhaltenstherapie auf das Gehirn jedoch weitgehend unklar. Nun haben Wissenschaftler der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Philipps-Universität in Marburg an der Lahn die Veränderungen im Gehirn der Panikpatienten durch eine Verhaltenstherapie mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) nachgewiesen.
Psychotherapie führt laut Angaben des Forscherteams um Professor Dr. Tilo Kircher und Dr. Benjamin Straube von der Philipps-Universität in Marburg zu messbaren Veränderungen im Frontallappen des Gehirns. Demnach zeigt die Psychotherapie nachweislich eine neuronale Wirkung. Zuvor hyperaktive Hirnareale der Panikpatienten werden durch die Verhaltenstherapie herunter reguliert, schreiben die Forscher im Fachmagazin „Biological Psychiatry“.
„Lernen durch Konditionierung ist eine wichtige Fähigkeit von Tieren und Menschen für den Erwerb neuer Verhaltensweisen“, um das Überleben in einer sich verändernden Umwelt zu gewährleisten, erklären die Forscher in ihrem aktuellen Beitrag. Die kognitive Verhaltenstherapie mache sich dies bei der Behandlung von Panikstörungen mit Agoraphobie zu Nutze. Im Zuge der Behandlung erfolgt eine Konditionierung der Patienten auf die individuellen Auslöser ihrer Panikattacken. Die zugrundeliegenden neuronalen Mechanismen, waren bislang jedoch unbekannt.
Aktivitäten im Gehirn durch die Psychotherapie reguliert
Im Rahmen ihrer Studie haben die Wissenschaftler die fMRT-Aufnahmen vom Gehirn 42 gesunder Probanden und 42 Panikpatienten analysiert. Die Probanden absolvierten zwölf Sitzungen kognitiver Verhaltenstherapie, wobei zu Beginn, während und nach Abschluss der Behandlung fMRT-Untersuchungen durchgeführt wurden. Auf den Bildern war nach Abschluss der Psychotherapie eine „reduziert Aktivierung für die bedingte Reaktion in der linken unteren Frontalwindung“ des Gehirns der Panikpatienten im Vergleich zu den Kontrollpersonen zu erkennen, berichten die Forscher. Diese vor der Behandlung bei den Panikpatienten hyperaktive Hirnregion habe ihre Aktivitäten im Zuge der Behandlung auf ein normales Niveau reduziert. Darüber hinaus wurde bei den fMRT-Untersuchungen auch deutlich, dass der linke inferiore frontale Gyrus bei den Panikpatienten eine erhöhte Konnektivität zu den Hirnregionen des „Angst-Netzwerks“(Amygdala, Insula, vorderes Cingulum) aufweist, schreiben die Wissenschaftler.
Kognitive Verhaltenstherapie entfaltet nachweislich ihre Wirkung
Die Studie zeigt die zerebralen Korrelate (Wechselbeziehungen) kognitiver und emotionaler Verarbeitung im Gehirn der Panikpatienten und belegt deren Veränderung im Verlauf der Verhaltenstherapie, erläutern die Experten. Die Effekte der Psychotherapie auf die Furchtkonditionierung beziehungsweise die entsprechenden Umstellungen im Gehirn seien demnach messbar. „Weitere Untersuchungen in dieser Richtung haben vielversprechendes Potenzial für die Entwicklung und Optimierung der gezielten Behandlungen“ von Panikstörungen, so das Fazit der Forscher. Für die rund vier Prozent der Bevölkerung, die hierzulande unter Panikstörungen leiden, ist zunächst jedoch die Erkenntnis, dass kognitive Verhaltenstherapien gegen ihre Panikattacken helfen, von entscheidenderer Bedeutung. Denn die plötzlich einsetzende Angst, welche oftmals mit Begleitsymptomen wie Herzrasen, Schweißausbrüchen oder Hyperventilation einhergeht, bedingt nicht selten erhebliche Beeinträchtigungen der Lebensqualität. Hinzu kommt das als Alternative zur Verhaltenstherapie den Panikpatienten in der Regel nur eine Pharmakotherapie zur Verfügung steht, welche jedoch mit erheblichen Nebenwirkungen einhergehen kann. Umso erfreulicher, dass die Psychotherapie gegen die Panikstörungen nachweislich ihre Wirkung entfaltet. (fp)
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Bild: Gerd Altmann, Pixelio.de
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