Patienten beklagen in einer repräsentativen Umfragestudie zu kurze Arzt-Sprechstunden
13.01.2013
Patienten verbringen beim Arzt häufig mehr Zeit im Wartezimmer als bei der Untersuchung. Die durchschnittliche Sprechstundendauer liegt nach Schätzung der Patienten bei elf Minuten, berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage der Marktforschungsgesellschaft GfK. Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass gesetzlich Krankenversicherte im Schnitt fast eine halbe Stunde beim Arzt auf ihre Behandlung warten. Die Wartezeit liegt demnach deutlich über der Behandlungsdauer.
Die GfK-Umfrage kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass sich viele Patienten beim Arzt nicht gut betreut fühlen. So waren laut „Welt am Sonntag“ knapp 30 Prozent der Befragten der Ansicht, ihr Arzt nehme sich nicht genügend Zeit für sie. Diese Kritik äußerten vor allem ältere und alleinstehende Menschen und tendenziell mehr Frauen als Männer. In Relation zu der Wartezeit von durchschnittlich 27 Minuten, die gesetzlich Krankenversicherte laut einer Studie im Auftrag des BKK-Bundesverbandes aus dem Jahr 2011 beim Arzt in Kauf nehmen müssen, scheint die durchschnittliche Behandlungsdauer von elf Minuten durchaus relativ kurz. Zudem gingen rund zwanzig Prozent der Befragten in der GfK-Erhebung davon aus, dass sich ihr Arzt beim letzten Besuch lediglich fünf Minuten Zeit für sie genommen habe.
Etliche Patienten beklagen die zu kurzen Sprechstunden
Circa ein Fünftel der Patienten gab an, dass ihre letzte Sprechstunde immerhin 15 Minuten gedauert hat. Für die meisten der befragten 1.000 Patienten hatten die Ärzte jedoch deutlich weniger Zeit. Der Gesundheitsökonom Peter Oberender erläuterte gegenüber der „Welt“, dass der Zeitmangel der Mediziner beziehungsweise die kurzen Sprechstunden auf falsche Anreize zurückzuführen seien. Die Ärzte würden aufgrund der pauschalierten Vergütung, die ihnen von den Krankenkassen je Patient zugestanden wird, den Gesprächsanteil oft möglichst kurz halten. Vorgezogen werde hier offenbar der Einsatz von Geräten oder anderen Behandlungsmethoden, welche gesondert bei den Krankenkassen abgerechnet werden können.
Flasche Anreize im Vergütungssystem der Ärzte
Eine ähnliche Kritik wie der Gesundheitsökonom Oberender äußerte im Gespräch mit der Zeitung , Ferdinand Gerlach, Vorsitzender des Sachverständigenrats Gesundheit. Gerlach erklärte hier lägen Fehler im System, da Ärzte letztlich gezwungen seien, „um Umsatz und Gewinn zu machen, so viele Patienten wie möglich einzubestellen.“ Nach Ansicht des Experten bedarf es hier eines geänderten Vergütungssystem, welches „den Einsatz für die Gesundung der Patienten belohnt.“ Dabei sollte auch ein Schwerpunkt auf der Prävention und Früherkennung liegen, so Gerlach weiter.
Mehr Ärzte für längere Sprechstunden erforderlich
Wenn sich die Ärzte deutlich mehr Zeit für ihre Patienten nehmen sollen, wirft dies auch die Frage auf, inwieweit die Kapazitäten ausreichen, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Schon heute wird in einigen Regionen Deutschlands der Ärztemangel beklagt. Die noch bestehenden Praxen sind überfüllt und die Wartezeiten steigen. Letztlich bedürfte es einer Aufstockung der Anzahl von Ärzten, um die von den Patienten gewünschte Länge der Sprechstunden zu gewährleisten. (fp)
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Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
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