Stiftung Warentest: Viele Arzneimittel sind nicht geeignet
19.09.2013
Die meisten Deutschen greifen bei Erkältungssymptomen zu Medikamenten, ohne mit ihrem Hausarzt vorher Rücksprache zu halten. Stiftung Warentest hat an die 2000 Medikamente auf ihren Nutzen und ihrer Wirksamkeit hin überprüft und attestiert vielen keinen wirklichen Nutzen und hält einige sogar für problematisch.
Das Expertenteam prüft regelmäßig die umsatzstärksten Medikamente. Etwa ein Drittel von ihnen hat Stiftung Warentest nun mit „schlecht“ bewertet. Darunter finden sich viele bekannte Mittel gegen Erkältung, Schnupfen, Halsentzündung, Verstopfung, Durchfall oder auch Insektenstiche.
Kombipräparate oft nicht sinnvoll
Gerade unter den Kombipräparaten sind viele, die als „wenig geeignet“ eingestuft werden. Bei nur wenigen sind die Inhaltsstoffe gut aufeinander abgestimmt und als sinnvoll zu bewerten. Bei den meisten wird kein zusätzlicher Nutzen festgestellt. Darunter sind auch so bekannte Erkältungsmittel wie Grippostad C, Wick DayMed und Wick MediNait. zu finden.
Therapeutische Wirksamkeit selten
Anderen Medikamenten kann keine therapeutische Wirkung zu gesprochen werden oder sind aufgrund der Nebenwirkungen als gering einzustufen. Mittel mit Aloe Vera beispielsweise, die bei Verstopfung eingesetzt werden, haben oft eine drastisch abführende Wirkung und reizen den Darm extrem. Empfohlen werden schonendere Mittel wie Flohsamen, Laktulose oder Macrogol.
Kombipräparate schneiden besonders schlecht ab
Medikamente, bei den eine Kombination verschiedener Wirkstoffe eingesetzt werden, schneiden im Vergleich besonders Schlecht ab. Gerade die Erkältungsmedikamente, bei den Schmerzmittel mit anregenden Substanzen gemischt werden, bekommen von den Testern keine guten Noten. In anderen Fällen wird der hohe Alkoholgehalt bei Erkältungsmitteln für die Nacht, als ungeeignet eingestuft oder die Zusammenstellung der Wirkstoffe bei Tabletten gegen Halsinfektionen bemängelt. Über 2000 rezeptfreie Medikamente sind. in der Datenbank von Stiftung Warentest zu finden, die man jederzeit in der Apotheke kaufen kann.
Mehr als 600 Millionen rezeptfreie Medikamente werden jährlich bei den Apotheke ausgegeben. Nach Schätzungen der Apothekerschaft werden dabei etwa ein Drittel in Kontext der Selbstmedikation verkauft. Der Versandhandel steuert noch einmal einen kleinen Anteil dazu. Nach Studien beläuft sich der Umsatz auf über sechs Milliarden Euro.
Patienten erkennen die Risiken nicht
Vielen Patienten suggeriert der Verkauf rezeptfreier Arzneien eine Harmlosigkeit und nehmen zeitgleich auch noch vom Arzt verschriebene Medikamente ein. Gerade diese Zusammenwirken wird von den Experten als gefährlich eingestuft und birgt zusätzliche Risiken.
Medikamente haben nur geringen Zusatznutzen
Mit der 2011 eingeführten Arzneimittelreform müssen Hersteller nun für Mittel mit neuen Wirkstoffen bei der Markteinführung einen Nachweis für einen Zusatznutzen erbringen. Bei drei Präparaten wurde sogar ein geringere nutzen festgestellt. Der neue Wirkstoff brachte mehr Nachteile als Vorteile gegenüber früheren Medikamenten.
Der Leiter des unabhängigen Instituts für Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), Jürgen Windeler, sagt dazu "Für 22 Medikamente haben wir feststellen können, dass sie wirklich besser sind als herkömmliche Mittel". Für Arzneimittel mit Zusatznutzen handeln Kassen und Hersteller einen Preis aus – nur die Medikamente die mehr bringen, sollen auch mehr kosten. Hier finden sie eine Liste von Stiftung Warentest mit 33 Präparaten, die als wenig geeignet eingestuft werden. (fr)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.