Neuer Virus: Eine unmittelbare Gefahr gibt es nicht
04.04.2013
Anfangs waren die Nachrichten Angst einflößend und medial aufgepauscht: "Ähnlich effektiv wie das Sars-Virus befällt ein neuartiges Coronavirus die menschlichen Atemwege". Ein Patient aus Abu Dhabi ist Ende März in einer Klinik in München an den Folgen gestorben.
Gefährliche Coronaviren
Immer wieder tauchen Meldungen auf, die von neuen, oft sehr gefährlichen Coronaviren berichten. Erst vor wenigen Monaten schwappten aus Großbritannien Informationen über ein neuartiges Virus herüber. Im Bewusstsein dürfte auch noch das Sars-Virus sein, mit dem sich 2003 mehr als 8000 Menschen weltweit infizierten und fast 800 Patienten daran starben. Das Virus, mit dem der verstorbene Patient in München infiziert war, ist dem Sars-Virus ähnlich.
Entwarnung
Die Gesellschaft für Virologie sieht von dem neu entdeckten Virus "keine unmittelbare Gefahr für die Allgemeinheit ausgehen". Sie seien "nicht gefährlich", teilten die Forscher diese Woche mit. Im Gegensatz zu damals bei dem verwandten Sars-Virus sei "eine Epidemie nicht zwingend zu befürchten". Die Fachleute begründen das mit den Übertragungswegen des Virus, das bevorzugt die tieferen Abschnitte des Atemtrakts befällt. „Für eine Ansteckung ist deshalb ein enger Kontakt notwendig“, so die Experten. Die wenigen bisher bekannt gewordenen Übertragungen von Mensch zu Mensch erfolgten nur unter engen Familienmitgliedern.
Gute Behandlungsmöglichkeiten
Marburger Virologen veröffentlichten im Fachmagazin „Journal of Virology“ die Ergebnisse einer Untersuchung, die positiv stimmt. So schaltet das neuartige Virus zwar die körpereigene Abwehr effektiv aus, aber mit dem Wirkstoff Interferon kann dem gut begegnet werden. Interferone sind Proteine, die vom menschlichen Körper selbst gebildet werden und gehören zu den Hauptbestandteilen des Immunsystems. Infizierte Zellen stimulieren damit die Bildung weiterer 300 Faktoren, die sich gegen Eindringlinge wenden. Die Abwehrfunktion von Interferon kann durch das Sars-Virus aktiv gedämpft oder sogar ganz ausgeschaltet werden, vermuten die Wissenschaftler. Eventuell wird sogar der Transport eines Signalmoleküls in den Zellkern verhindert. In dem Fall würde es nicht mehr viel helfen, Interferon zu verabreichen. Die Erkrankung kann jedoch effektiv behandelt werden, da das neue Coronavirus zwar sehr viel leichter in menschliche Zellen eindringen kann als Sars, aber auch von den körpereigenen Interferonen schnell eingedämmt werden kann. Friedemann Weber von der Philipps-Universität in Marburg meint dazu: „Das gegenwärtige Virenisolat hat also kaum das epidemische Potenzial von Sars“.
Grippeähnliche Symptome
Im vergangen Jahr war das neue Virus im Nahen Osten aufgetaucht. Weltweit sind bislang 17 Fälle bekannt geworden und mindestens neun Patienten daran gestorben, so die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Grippeähnliche Symptome wie Fieber und Schüttelfrost sind erste Anzeichen der Erkrankung. Die Beschwerden gehen aber rasch über das Stadium einer Grippe hinaus und akute Atemnot tritt auf. Außerdem besteht das Risiko des Nierenversagens und somit besteht Todesgefahr für den Patienten. Beim Weg in die Zellen der Atemwegsorgane nutzt das Virus den Rezeptor Dipeptidyl-Peptidase 4 (DPP4), eine für Viren bekannte Andockstelle. Dabei wirkt das Protein als eine Art Türöffner, wenn sich das Virus in den Atemwegen an DPP4 heftet. Erst dringt das Virus in die Zelle ein und dann programmiert sie sie um und dadurch werden weitere Viren gebildet und freigesetzt. Damit hat die Infektionskette begonnen. (ad)
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