Jedes zweite im Internet angebotene Medikament ist gefälscht
09.04.2013
Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) warnt vor gefälschten Medikamenten aus dem Internet. Rund die Hälfte der im Netz angebotenen Medikamente seien Fälschungen und könnten laut Aussage der Experten auf dem 119. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden im Zweifelsfall „Leben gefährden.“ Zudem enthalte „rund ein Fünftel der Fälschungen Stoffe, die zu körperlichen Schäden führen können“, betonte die DGIM.
Angesicht der extremen Gewinnspanne werden von Nahrungsergänzungsmitteln über Potenzmittel bis hin zu Krebstherapeutika und HIV-Medikamenten nahezu alle Präparate auch als Fälschungen angeboten. Die Experten der DGIM haben daher auf dem aktuellen Kongress intensiv darüber diskutiert, wie sie „Patienten, Ärzte, Wirtschaft und Gesundheitswesen vor den Gefahren plagiierter Arzneien schützen können.“ Eine der Hautschwierigkeiten ist dabei, dass die Plagiate oftmals auch für Ärzte kaum zu erkennen sind.
Gewinnspanne bei gefälschten Arzneien höher als bei illegalen Drogen
Wie lukrativ das Geschäft mit den gefälschten Arzneien ist, erläutert die DGIM in einer aktuellen Pressemitteilung anhand des Beispiels illegaler Drogen, wie Heroin und Kokain. Hier sind Personen bereit das Risiko einer Haftstrafe in Kauf zu nehmen, für eine Gewinnspanne, die sich auf rund das 25-Fache des eingesetzten Kapitals beläuft. Bei gefälschten Medikamenten liege die Gewinnspanne jedoch deutlich höher. So habe zum Beispiel der gefälschte Wirkstoff Sildenafil Gewinnspannen von weit mehr als dem 200-Fachen eingebracht, berichtet die DGIM unter Berufung auf die Angaben der Zollfahndung Köln. Des Weiteren wird in der Pressemitteilung der DGIM Volker Kerrutt vom Zollfahndungsamt Köln mit der Aussage zitiert: „Während der Rauschgifthandel weltweit verfolgt wird, fehlen bei der Bekämpfung des illegalen Arzneimittelhandels vergleichbare, international vereinbarte Normen.“
Arzneimittel-Fälschungen eine erhebliche Gesundheitsgefahr
Die gefälschten Präparate verursachten jedoch nicht nur einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden und Einkommensverluste der pharmazeutischen Industrie, sondern stellen auch eine „potente Gefahr für die Gesundheit von Menschen dar“, warnte Professor Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der DGIM aus Kiel. Vertrieben werden die Arzneimittel-Fälschungen meist über das Internet. Dies hat laut Mitteilung der DGIM zur Folge, dass von den im Netz erhältlichen Medikamenten rund die Hälfte gefälscht sind. Unter Fälschungen werden dabei nach Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sämtliche Präparate verstanden, „deren Identität oder Herkunft absichtlich falsch gekennzeichnet“ ist.
Gefälschte AIDS-Medikamente und Krebsmittel
Als Fälschungen im Internet angeboten werden Potenzmittel (z. B. Viagra), Dopingmittel (z. B. Anabolika), Beruhigungs- und Schlafmittel, konzentrationsfördernde Arzneien, aber auch Präparate die zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen eingesetzt werden, wie Antibiotika und rezeptpflichtige Medikamente zur AIDS- und Krebstherapie. Zwar bestehe selbst beim Kauf in der Apotheke ein Restrisiko bezüglich der Fälschungen, doch die Wahrscheinlichkeit liege hier deutlich geringer und entsprechende Fälschungen bei Präparaten in den Apotheken seien eher die Ausnahme., berichten die Experten.
Sicherungssystem gegen Arzneimittel-Fälschungen geplant
Um vollständige Sicherheit im Sinne der Patienten zu gewährleisten, müsse das Ziel sein „Medikamente sicherer zu machen und deren Herkunft zurück verfolgbar zu gestalten“, erläuterte Dr. Franz-Josef Wingen, Sprecher der Korporativen Mitglieder der DGIM aus Leverkusen. Hier wird auch von der EU bis zum Jahr 2017 die Einführung eines Sicherungssystems angestrebt. Derzeit geht die Entwicklung dabei in Richtung eines Systems, bei dem jede Packung eine Seriennummer, codiert in einem quadratischen Data-Matrix-Code, trägt. Wie auch die Endkunden Plagiate sicher erkennen können, ist bislang jedoch noch nicht klar.
Im Zweifelsfalls auf die Einnahme der möglicherweise gefälschten Arzneien verzichten
Schon heute rät die DGIM bei Arzneien „in jedem Fall von der Einnahme ab, wenn der Beipackzettel fehlt.“ Zudem könne „eine ungewöhnliche Beschaffenheit oder Farbe auf eine Fälschung hindeuten.“ Sicherheit bietet hier im Zweifelsfall jedoch nur die Begutachtung durch einen Experten. Wer Medikamente im Internet erwirbt, sollte sich der hohen Fälschungsquote allerdings bewusst sein und bei Präparaten zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen lieber eine Apotheke aufsuchen, zumal hier auch eine persönliche Beratung angeboten wird. (fp)
Bild: Sara Hegewald / pixelio.de
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