Zweijährige erhält künstliche Stammzellen-basierte Luftröhre
03.05.2013
Einem zweijährigen Mädchen, das im Jahr 2010 ohne Luftröhre in Südkorea zur Welt kam, haben Ärzte des Children´s Hospital of Illinois (USA) eine künstliche Luftröhre aus Kunstfasern, die mit Blut-Stammzellen aus dem Knochenmark des Kindes überzogen wurde, eingepflanzt. Weltweit werteten Medien dies als vielversprechende Neuigkeit aus der Stammzellenforschung. Doch es bleiben Zweifel an der Sinnhaftigkeit und dem suggerierten langfristigen Heilungserfolg.
Die kleine Hannah Warren wurde im August 2010 in Seoul als Tochter eines kanadischen Vaters und einer koreanischen Mutter geboren. Als die heute Zweijährige das Licht der Welt erblickte, lief ihr gesamter Körper aufgrund des Sauerstoffmangels blau an. Hannah litt an der extrem seltenen Trachealagenesie, ihr fehlte die Luftröhre. Die Ärzte mussten schnell handeln, um das Leben des Kindes zu retten. Sie legten ihr einen Schlauch in den Hals, über den ihre Lungen mit Sauerstoff versorgt werden konnte. Genauer gesagt verlief der Schlauch durch die Speiseröhre und wurde von hier aus weiter in die Lunge geführt. Um den Rückfluss von Magensäure in die Lungen zu verhindern, haben die Ärzte die Speiseröhre Richtung Magen abgesperrt und dem Mädchen wurde eine Magensonde direkt in ihren Magen gelegt, über die eine Ernährung erfolgen konnte. Von Anfang an war jedoch klar, dass Hannah in diesem Zustand nicht auf Dauer überleben kann.
Ethische Kontroverse über Operation
Auf den Fall der kleinen Hannah wurde der US-Mediziner Dr. Mark Holterman, Professor am University of Illinois College of Medicine in Peoria, aufmerksam. Er zog den renommierten Stammzellenforscher Dr. Paolo Macchiarini vom Karolinska Institut in Stockholm (Schweden) hinzu, welcher in der Vergangenheit bereits Stammzellen-basierte künstliche Hohlorgane implantiert hatte. Erstmals wollten die Mediziner die neue Technologie nun an einem zweijährigen Mädchen ausprobieren. Nachdem die erforderlichen Mittel aufgebracht werden konnten, folgten intensive ethische Diskussionen, da Hannah auch als eine Art Versuchskaninchen fungierte und ihre Eltern angesichts der scheinbar aussichtslosen Situation des Kindes verständlicherweise nach jedem Strohhalm griffen. Auch wurde aufgrund der Verwendung von Stammzellen zur Besiedlung des künstlichen Hohlorgans über die ethischen Konflikte der Stammzellenforschung im Allgemeinen diskutiert. Da die Stammzellen aus dem Knochenmark des Kindes gewonnen wurden, konnten diese Bedenken jedoch recht schnell ausgeräumt werden.
Zweijährige kann erstmals normal atmen und schmecken
Letztendlich gaben alle zuständigen Institutionen ihr Einverständnis und dem Mädchen wurde vor gute einem Monat in dem Children´s Hospital of Illinois während einer mehrstündigen Operation die mit Stammzellen überzogene Kunststoff-Luftröhre eingesetzt. Zunächst scheint das ehrgeizige Projekt der Mediziner durchaus geglückt. Das Kind kann atmen und theoretisch erstmals in seinem Leben normal Essen, wobei hier bislang äußerste Zurückhaltung galt. Lediglich einen Lolli durfte die Kleine probieren. Mit fester Nahrung muss sie wahrscheinlich noch einige Zeit warten. Da die Ärzte im Zuge ihrer Untersuchungen auch die Anlage von Stimmbändern bei dem Mädchen entdeckt haben, hoffen sie, dass Hannah im Verlauf der Jahre möglicherweise sogar Sprechen lernt.
Zweifel an den medizinischen Vorteilen des neuen Verfahrens
Ein insgesamt durchaus überzeugendes Ergebnis, wären dort nicht die Zweifel bezüglich der Haltbarkeit der künstlichen Luftröhre und den möglicherweise mit ihr verbundenen Risiken. Denn zwei der wenigen erwachsenen Patienten, die bisher mit dem Verfahren operiert wurden, sind ohne erkennbaren Grund verstorben und bei einer Patientin hat sich das künstliche Hohlorgan als instabil erwiesen. Grundsätzlich stellt sich zudem die Frage, ob diese neue Behandlungsmethode gegenüber der bisher angewandten Luftröhren-Transplantation von verstorbenen Spendern einen medizinischen Vorteil hat. Hier ist die Verfügbarkeit als deutlicher Pluspunkt der Stammzellen-basierten künstlichen Hohlorgane zu nennen, doch die Therapiesicherheit scheint bei dem herkömmlichen Verfahren tatsächlich höher. Allerdings wächst ein Spenderorgan bei Kindern nicht mit, so dass sie im Zweifelsfall auch hier eine erneute Operation beziehungsweise Transplantation benötigen. Wie das Leben der Kleinen Hannah verlaufen wird, bleibt angesichts der Unwägbarkeiten vorerst offen, doch im Rückblick auf die zurückliegenden 32 Monate seit ihrer Geburt, lässt sich durchaus eine Verbesserung erwarten. (fp)
Bild: Martin Büdenbender / pixelio.de
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