Weichmacher Bisphenol A verhindert Zahnschmelzbildung
13.06.2013
Der Weichmacher Bisphenol A behindert die Bildung von Zahnschmelz, ermittelte ein französisches Forschertem der Universite Paris-Descartes. Laut den Ergebnissen der Untersuchung besteht ein Zusammenhang zwischen der Chemikalie Bisphenol A und der Mineralisationsstörung Molar-Incisor-Hyponmineralisation. Wissenschaftler machen den Weichmacher bereit für eine Reihe weiterer gesundheitlicher Probleme verantwortlich, darunter Übergewicht und Unfruchtbarkeit. Auch Diabetes, Krebs und Herz-Kreislauf-Probleme werden mit dem östrogen-ähnlichen Stoff in Verbindung gebracht.
Tierversuche führten französische Wissenschaftler zur Erkenntnis
Die im „American Journal of Pathology“ veröffentlichte Studie unter Leitung von Katia Jedeon untersuchte die Auswirkunen von Bisphenol A auf die Entwicklung des Zahnschmelz bei Ratten. Grundlage der Untersuchung war ein vermuteter Zusammenhang zwischen der ansteigenden Belastung durch hormonähnliche Chemikalien und immer mehr Fällen von Molar-Incisor-Hyponmineralisation. Diese Mineralisationsstörung führt während der Zahnschmelzbildung speziell bei den vorderen Schneide- und hinteren Backenzähnen zu gelblich-weißen oder braunen Flecken. „Betroffene Zähne reagieren meist empfindlich auf thermische Reize. Manchmal ist schon die tägliche Zahnpflege dieser Zähne sehr schmerzhaft“, schreibt hierzu das Universitätsklinikum Giessen.
Die Tierversuche der französischen Wissenschaftler beschränkten sich auf die ersten 30 beziehungsweise 100 Tage nach der Geburt der Ratten. Die eingesetzte Konzentration des Bisphenol A lag deutlich unter dem Grenzwert der Europäischen Union in Höhe von 50 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht. Schon nach 30 Tagen zeigten sich jedoch bei 75 Prozent der Rattenzähne die erwarteten Veränderungen: weiße Flecken und brüchige Kanten. Interessanterweise lassen sich die Erkenntnisse der Wissenschaftler allerdings nur innerhalb der ersten 30 Tagen nach Geburt rekonstruieren. Die Vermutung liegt nahe, dass die Veränderungen „nur in einem speziellen Zeitfenster der Entwicklungsphase greifen“ – eine Erkenntnis, die mit Beobachtungen der menschlichen Mineralisationsstörung übereinstimmt.
Wenn sich Zahnschmelz bildet, arbeitet der Körper in zwei Phasen: Zunächst wird ein Proteingerüst aufgebaut, auf dem sich Mineralien ablagern. Anschließend werden die Eiweiße abgebaut und der feste Zahnschmelz bildet sich durch Kristallisation. Wie Bisphenol A den Entwicklungsprozess beeinträchtigt, enthüllten in diesem Kontext weitere Testphasen des Fortscherteams. Offenbar sorgt der Weichmacher für ein Übermaß an Proteinen während der ersten Phase und behindert während der zweiten Phase das Abbau-System. Die Proteine werden dadurch nicht in ausreichendem Maße entfernt, stören die Kristallisation und führen zu weichem, brüchigem Zahnschmelz – das entscheidende Symptom der Molar-Incisor-Hyponmineralisation.
Weitere Forschungsarbeit soll offene Fragen klären
Inwiefern Bisphenol A die Zahnschmelzbildung im Detail behindert, soll jetzt erforscht werden. Auch ein endgültiger Nachweis für den Zusammenhang zwischen Bisphenol A und der Mineralisationsstörung soll folgen, erklärt das Forscherteam. Sie gehen jedoch davon aus, dass sich die tierischen Prozesse auf den menschlichen Körper übertragen lassen.
Bisphenol A: Verbrauchern droht tagtäglich Gefahr
Das größte Problem dieser Erkenntnis: Bisphenol A wird zur Kunststoffherstellung verwendet und ist in unzähligen Alltagsgegenständen enthalten – trotz Warnungen von Wissenschaftlern und Umweltverbänden. In einigen Ländern wurde der Einsatz des Weichmachers in Kinderprodukten verboten, hierzulande ist zumindest die Verwendung in Babyflaschen untersagt. Die für derartige Verbote zuständige EU-Lebensmittelbehörde stand zuvor unter dem Einfluss von Lobbyisten, recherchierte der Mitteldeutsche Rundfunk 2011. Die Entscheidungen wurden auf Basis gefälschter Studienergebnisse gefällt.
Erst vor rund zwei Wochen ermittelten US-Wissenschaftler, dass Bisphenol A nachhaltig negativen Einfluss auf die Hirnentwicklung des Menschen hat. Durch Testreihen mit trächtigen Mäusen kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass bereits geringe Dosen des Weichmachers einen deutlichen Effekt auf die Hirnentwicklung der Nachkommen hat. Sowohl männliche als auch weibliche Mäuse zeigten demnach deutliche Verhaltensauffälligkeiten. Männchen waren deutlich forscher und wagemutiger, Weibchen deutlich ängstlicher als üblich. Die Wissenschaftler führen diesen Effekt teilweise auf Auswirkungen des Weichmachers auf Östrogenrezeptoren in verschiedenen Hirnarealen zurück. (lb)
Bild: Thommy Weiss / pixelio.de
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