Bundesärztekammer veröffentlicht Behandlungsfehler-Statistik
17.06.2013
Mehr als 7.500 Anträge auf mutmaßliche Behandlungsfehler wurden der aktuellen Statistik der Bundesärztekammer zufolge im Jahr 2012 durch die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bearbeitet. In knapp einem Drittel der Fälle bestätigte sich der Verdacht der Patienten. Angesichts der Vielzahl an Eingriffen, die jährlich durchgeführt werden, hält sich die Zahl der Behandlungsfehler laut Aussage des Vorsitzenden der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, Dr. Andreas Crusius, jedoch im Rahmen.
„Fehler passieren, auch in der Medizin. Wir kehren diese Fehler aber nicht unter den Tisch, sondern wir lernen aus ihnen und wir setzen uns dafür ein, dass den betroffenen Patienten schnellstmöglich geholfen wird“, so Crusius bei der Vorstellung der Behandlungsfehler-Statistik in Berlin. Die Behandlungsfehler seien zudem keineswegs per se mit Ärztepfusch gleichzusetzen. Zwar machen „Ärzte Fehler, wir sind aber keine Pfuscher“, wehrte sich Crusius gegen die in der Öffentlichkeit weit verbreitete gedanklich Verknüpfung von Behandlungsfehlern und Ärztepfusch.
Häufig Behandlungsfehler bei Knie- und Hüftgelenkarthrose
Den Zahlen der Bundesärztekammer zufolge wurden im Jahr 2012 von den 7.578 Anträgen zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern 2.280 Fälle bestätigt. Bei einem Großteil der Betroffenen (1.889 Fälle) habe der Behandlungsfehler zu einem Gesundheitsschaden geführt, der einen Anspruch der Patienten auf Entschädigung begründete, so die Mitteilung der Bundesärztekammer. Wie in den Vorjahren seien „die häufigsten Diagnosen, die zu Behandlungsfehlervorwürfen führten, Knie- und Hüftgelenkarthrosen sowie Unterarm-, Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen“ gewesen. Allerdings konnte in den Krankenhäusern ein leichter Rückgang „der nachgewiesenen Fehler bei Kniegelenkarthrose (65 Fälle) und Unterarmfrakturen (55 Fälle)“ festgestellt werden.
Behandlungsfehler bei der Gesamtzahl von Behandlungen moderat?
Zwar ist jeder einzelne Behandlungsfehler im Zweifelsfall mit schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Betroffenen verbunden und daher möglichst zu vermeiden. Doch machte Crusius laut Mitteilung der Bundesärztekammer deutlich, dass sich „die Zahl der festgestellten Behandlungsfehler, gemessen an der Gesamtzahl von rund 18 Millionen Behandlungsfällen in den Krankenhäusern und mehr als 540 Millionen allein im vertragsärztlichen Bereich, im Promillebereich“ bewegt. Diese Aussage gelte selbst unter Berücksichtigung der bei den Krankenkassen, bei den Haftplichtversicherern und bei den Gerichten registrierten Fälle.
Behandlungsfehler-Statistik zur Fehlervermeidung
Zu dem Ziel der Behandlungsfehler-Statistik erläutertet Professor Dr. Walter Schaffartzik, Ärztlicher Leiter des Unfallkrankenhauses Berlin und Vorsitzender der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern, dass „die Daten von der Ärzteschaft für Fortbildungs- und Qualitätssicherungsveranstaltungen aufbereitet (werden), um gezielte Strategien zur Fehlervermeidung zu entwickeln.“ So könne problemorientiert daran gearbeitet werden, die Qualität der medizinischen Versorgung kontinuierlich zu verbessern, was unbeachtet von der breiten Öffentlichkeit auch geschehe. „Wir haben beispielsweise Qualitätsindikatoren etabliert, wir arbeiten mit Checklisten der Weltgesundheitsorganisation und wir nutzen Datenbanken zur Fehlerprävention, wie das Berichtssystem zur anonymen Meldung von kritischen Ereignissen, CIRS“, berichtete der Experte über die Bemühungen zur Reduzierung der Behandlungsfehler.
Dunkelziffer bei Behandlungsfehlern
Vor rund einem Monat hatte der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen (MDK) bereits seine Auswertung der vermuteten Behandlungsfehler aus dem Jahr 2012 veröffentlicht. Der MDK berichtete von rund 12.500 Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern, wobei in 3.932 Fällen der Behandlungsfehler gutachterlich bestätigt wurde. Der Vize-Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, Stefan Gronemeyer, erklärte bei Veröffentlichung des Berichts, „die nahezu unveränderte Zahl der Vorwürfe und bestätigten Behandlungsfehler zeigt, dass nach wie vor Handlungsbedarf besteht.“ Eine Aussage, die umso mehr gilt, da die die tatsächliche Zahl der Behandlungsfehler deutlich höher liegen dürfte, als aus den Statistiken des MDK oder der Bundesärztekammer hervorgeht. Denn hier ist nach Einschätzung der Experten von einer erheblichen Dunkelziffer auszugehen. (fp)
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