Wie verändert eine Yogalehrerausbildung das Leben der Teilnehmer? Dieser Frage ging eine großangelegte Studie mit 1.700 Probanden nach. Nie zuvor wurden persönliche und spirituelle Wirkungen so grundlegend und aufwendig erforscht.
24.06.2013
Menschen, die Yoga üben, berichten nicht selten von nachhaltigen Veränderungen in ihrem Leben, welche sie auf ihre Übungspraxis zurückführen. Eine großangelegte Studie der Universität Gießen hat solche Wandlungs- und Transformationsprozesse erstmals während einer vierwöchigen Yogalehrerausbildung des Yoga Vidya e.V. erfasst. Das Ergebnis: Die intensive Praxis wirkt sich gesundheitsfördernd auf den Lebensstil der Teilnehmer aus. Die angehenden Yogalehrer nahmen ihre persönlichen Ressourcen bewusster wahr und wurden selbstbestimmter und psychisch stabiler.
Die wissenschaftliche Leitung der Studie oblag Diplompsychologe Dr. Hannes Hempel vom Bender Institute of Neuroimaging der Universität Gießen. Mithilfe von Instrumenten aus der Persönlichkeitspsychologie ließ Hempel die Transformationsprozesse von insgesamt 1.700 Teilnehmern erfassen und suchte anschließend nach Zusammenhängen zur Yogapraxis, die während der Ausbildungszeiten durchschnittlich mehr als 200 Minuten pro Tag betrug. Die Teilnehmer waren zu 80 Prozent weiblich, im Schnitt 39 Jahre alt und verfügten mehrheitlich über einen höheren Bildungsabschluss.
Selbstbestimmt und stressresistent
Der am Ende der Ausbildung beobachtete Anstieg der Kenngrößen Selbstkonzept und Selbstwirksamkeit zeigt, dass die Teilnehmer ihre eigenen Fähigkeiten stärker wahrnahmen und ihr Leben als weniger fremdbestimmt erfuhren. Stattdessen hatten sie das Gefühl, Situationen selbst steuern und lenken zu können. Diese Fähigkeit gilt insbesondere in der Stressforschung als eine wichtige persönliche Ressource gegen Stressanfälligkeit.
Achtsamkeit steigert Lebensqualität
Auch die Kenngrößen Achtsamkeit und Selbstwahrnehmung nahmen während der Ausbildung zu, wodurch die Teilnehmer einen besseren Zugang zu den natürlichen Bedürfnissen ihres Körpers erlangten. Insgesamt stellten sich so ein intensiveres und bewussteres Erleben und damit eine höhere Lebensqualität ein. Dabei beobachteten die Wissenschaftler auch anhaltende Veränderungen im Lebensstil – insbesondere bezüglich Ernährung, Genuss- und Rauschmittelkonsum sowie weiteren Lebensgewohnheiten.
Spiritualität als Gesundheitsressource
Als gesundheitsfördernd wertet die Studie auch die Entwicklung von Spiritualität, mit deren Hilfe sich laut Hannes Hempel beispielsweise Abhängigkeiten leichter überwinden oder Schicksalsschläge besser verarbeiten lassen. Die Teilnehmer zeigten dabei vor allem ein stärkeres spirituelles Erleben im Alltag. Wer intensiv Yoga übt, sieht demnach nicht nur mehr Sinn im Leben. Auch das Urvertrauen und die Sicherheit nehmen zu. Ebenso das Mitgefühl und Verständnis sich selbst und anderen gegenüber.
Wissenschaftliche Annäherung an das Wesen des Yoga
Aus wissenschaftlicher Sicht hat Hannes Hempel mit dieser Studie Neuland betreten. „Während das bisherige Hauptinteresse der Yogaforschung im Nachweis therapeutischer Effekte und der Suche nach erklärenden Mechanismen lag, nähern wir uns jetzt dem eigentlichen Wesen des Yoga an, welches dem Übenden letztendlich Erkenntnisse über die Natur des Seins ermöglichen möchte“, erklärt Hempel. „Diesen von den Praktizierenden als Wandlungsprozess beschriebenen Erkenntnisgewinn konnten wir mit dieser Studie eindeutig belegen.“ Die Veröffentlichungen zu der Studie sind unter wiki.yoga-vidya.de zu finden.
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.