Schwangere neigen zur Vergesslichkeit
28.08.2013
Frauen durchleben während einer Schwangerschaft und der Stillzeit enorme körperliche und psychische Veränderungen. Viele Frauen neigen zu Vergesslichkeit, Verwirrtheit und haben Konzentrations- sowie Wortfindungsstörungen. Das ist kein Grund zur Beunruhigung. Es ist davon auszugehen, dass die Beeinträchtigungen bald nach der Geburt vergeht.
Oft wird auch von einer Schwangerschafts- oder Stilldemenz gesprochen. Medizinisch gesehen ist das jedoch nicht ganz korrekt, denn „Dieses Gedächtnisdefizit ist aber nicht bleibend“, sagt Silvia Oddo, Psychotherapeutin mit Schwerpunkt Geburtshilfe an der Uniklinik Frankfurt. Eine Demenz hingegen bezeichnet immer einen bleibenden Abbauprozess.
Dieser Zustand ist für Fachleute weit mehr als nur subjektive Wahrnehmung, wie verschiedene Studien belegen. Vor allem bei Tätigkeiten, die höhere Gedächtnisleistungen benötigen, kommt es zu Unkonzentriertheiten. „Schwangere oder Stillende können oft keine komplexen Handlungen mehr planen oder ihre Emotionen regulieren“, teilt die Expertin mit. Neuere Studien zeigen, dass auch das vorausschauende Gedächtnis betroffen ist. So haben Schwangere hätten oft Schwierigkeiten, Termine einzuhalten, die wenige Tage in der Zukunft liegen.
Die einsetzende Vergesslichkeit ist aber nicht auf strukturellen Veränderungen im Gehirn zurück zuführen. „Es ist kein anatomischer Zusammenhang bekannt.“ Vielmehr gehe die Wissenschaft davon aus, dass dem Gedächtnisdefizit hormonelle Veänderungen zugrunde liegen. Nach der Geburt sind der Oxytocin- und der Prolaktin-Spiegel erhöht. Die vermehrte Hormonausschüttung fördert auf der einen Seite die Bindung an das Neugeborene, führt aber auch zu einer Fokussierung. "Mutter und Kind leben dadurch in einem Mikrokosmos – andere Lebensbereiche werden vergessen", erklärt Oddo.
Vergangene Studien kamen zu ähnlichen Ergebnissen
2008 wurden schon einmal insgesamt 14 internationale Studien ausgewertet, an denen mehr als 1.000 Frauen teilgenommen hatten. Auch damals wurde festgestellt, dass das Gedächtnis während der Schwangerschaft beeinträchtigt ist – und das noch teilweise bis zu einem Jahr nach der Geburt. Aber die Auswirkungen sind laut der Studie insgesamt nur als gering anzusehen . Anspruchsvollere Gedächtnisaufgaben hingegen wie zum Beispiel Multitasking und Routineaufgaben blieben davon unberührt.
Verwunderlich sind diese Ergebnisse eigentlich nicht. Durch eine Schwangerschaft wird das ganze Leben durcheinandergebracht. „Der Körper weiß dann nicht mehr: Soll ich mich nach mir richten oder nach den Bedürfnissen des Kindes?“ Für die Mütter gibt es nach Entbindung erst einmal keinen richtig geregelten Tagesablauf. Zu den schon während der Schwangerschaft fehlenden Tiefschlafphasen, können Schlafprobleme aufgrund des neuen Biorhythmus hinzu kommen. Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen sind dabei nichts ungewöhnliches.
Die Psychotherapeutin hält einige Tipps für Mütter bereit. «Sie sollten versuchen, auch mal eine Nacht durchzuschlafen.» In der Nacht könne der Mann sich um das Kind kümmern. Um an genügend Schlaf und Ruhe zu kommen, müssten Frauen außerdem lernen, den Haushalt liegen zu lassen. «Gerade im Anfang der Stillzeit sollte die Mutter dann schlafen, wenn das Kind schläft, anstatt abzuwaschen oder den Haushalt zu machen.» Gehe sie doch der Hausarbeit nach, ist es wichtig, kleine Dinge zu Ende zu bringen, bevor sie sich wieder dem Kind zuwendet.
Neben regelmäßigem Schlaf braucht das Gehirn auch genügend Nahrung und Flüssigkeit, um richtig arbeiten zu können. «Viel trinken und ausgewogen ernähren», empfiehlt Oddo. Kleine Notizen helfen, sich an Termine zu erinnern. «Ganz wichtig ist auch, sein Gehirn anderweitig zu fordern, als sich nur um Kind und Haushalt zu kümmern.» Dazu gehöre es, Zeitung zu lesen oder sich mit Freunden zum Quatschen zu treffen. (fr)
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.