Das Auge liefert Hinweise auf drohenden diabetischen Fuß
13.09.2013
Die diabetische Neuropathie – und in deren Folge der diabetische Fuß – zählen zu den besonders schwerwiegenden Begleiterscheinungen der Volkskrankheit Diabetes. Eine Heilung der entstandenen Schäden ist bis heute nicht möglich, sondern es lässt sich lediglich das weitere Fortschreiten der Beschwerden verhindern. Nicht selten wird eine Amputation des Fußes erforderlich. Der frühzeitigen Diagnose kommt daher eine entscheidende Bedeutung zu. Doch bislang fehlte es hier an verlässlichen Diagnoseverfahren. Wissenschaftler der Universitätsaugenklinik Rostock haben nun eine Methode entwickelt, bei der anhand des Auges bestehende Nervenschäden im Frühstadium der Neuropathie festgestellt werden können.
Im Vorfeld der Jahrestagung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) vom 19. bis 22. September in Berlin berichtete der Direktor der Universitätsaugenklinik Rostock, Professor Dr. med. Rudolf Guthoff, am Donnerstag, dass mit dem „Rostock Laser Scanning Mikroskop“ erstmals ein schonendes Diagnoseverfahren für die diabetische Neuropathie zur Verfügung stehe. Jeder vierte Diabetiker ist laut Angaben der Forscher von der Erkrankung des Nervensystems betroffen, die als maßgebliche Ursache für einen diabetischen Fuß gilt. „Mit dem Mikroskop können wir die diabetische Neuropathie frühzeitig diagnostizieren, bevor es zu schweren Schäden kommt“, erläuterte Prof. Guthoff die Vorteile des neuen Diagnoseverfahrens.
Diabetischer Fuß eine gefürchtete Spätfolge bei Diabetes
Die Neuropathie ist laut Angaben der DOG „eine gefürchtete Spätfolge des Diabetes, unter der in Deutschland rund 1,5 Millionen Betroffene leiden.“ Dabei führen die dauerhaft erhöhten Blutzuckerwerte zu Schäden am Nervensystem, häufig an den unter der Haut liegenden Empfindungs- und Bewegungsnerven. Mögliche Folgen sind Schmerzen, Taubheitsgefühle und Missempfindung wie beispielsweise ein Kribbeln in den Gliedern. Aufgrund der Nervenschädigungen nehmen die Betroffenen kleinere Verletzungen im Bereich der Füße oftmals nicht wahr. Da gleichzeitig die Selbstheilungskräfte der Diabetiker beeinträchtigt sind, entstehen chronische Entzündungen und nicht abheilende offenen Wunden. Das Gewebe beginnt abzusterben, was schlimmstenfalls eine Amputation einzelner Zehen oder des gesamten Fußes erforderlich macht. Wird die Neuropathie frühzeitig erkannt, kann durch entsprechende Vorbeugemaßnahmen das Risiko derartiger Komplikationen minimiert werden.
Augen zeigen Nervenschäden am gesamten Nervensystem
Hier fehlten bislang jedoch geeigneten Diagnosemethoden, um die diabetische Neuropathie frühzeitig feststellen zu können. „Gewebeproben aus betroffenen Gebieten des Beines waren bisher als invasive, aber trotzdem nicht immer zuverlässige Methode notwendig“, erklärte Prof. Rudolf Guthoff. Da die Hornhaut des Auges Auskunft über Schäden am gesamten Nervensystem gebe, habe sein Team gemeinsam mit der Firma Heidelberg Engineering nun jedoch ein Verfahren entwickelt, das diese Eigenschaft der Hornhaut für die Diagnose der diabetischen Neuropathie nutzt. „Wir wissen, dass das Auge Nervenschädigungen am gesamten Körper widerspiegelt“, jetzt könne mit Hilfe des „Rostock Laser Scanning Mikroskop“ (RLSM) das Nervenfasergeflecht der gesamten Hornhaut vermessen werden. Dabei werden laut Aussage des Experten „Parameter wie Nervenfaserlänge, Nervenfaserdichte und Anzahl der Verzweigungen“ als „direkter Gradmesser für das Ausmaß der Neuropathie“ herangezogen. Mit Augentropfen werden die Patienten auf die Untersuchung vorbereitet und anschließend berührt dass Mikroskop kurz die Augenoberfläche, wobei ein Bild der Nervenfaserstruktur entsteht.
Hoffnung auf die Entwicklung neuer Neuropathie-Medikamente
Zwar gebe es auch bei frühzeitiger Diagnose bisher keine wirksame Behandlung der diabetesbedingten Neuropathie, „aber man kann vorbeugen, indem der Patient auf einen gut eingestellten Blutzucker achtet, Bagatellverletzungen am Fuß meidet und regelmäßig zur Fußpflege geht“, betonte der Direktor der Universitätsaugenklinik Rostock. Des Weiteren könne die neue Diagnostik „auch die Entwicklung eines Neuropathie-Medikaments entscheidend voranbringen“, so die Hoffnung der Wissenschaftler. Den Angaben der DOG zufolge denkt die US-amerikanische „Food and Drug Administration“ (FDA) bereits darüber nach, „das Rostocker Mikroskop als einen diagnostischen Marker für künftige Studien einzuführen.“ Auf diese Weise sei es den Pharmafirmen möglich die Wirksamkeit eines Neuropathie-Präparats erstmals eindeutig und frühzeitig nachzuweisen. Derzeit werde die neue Nervenfaseranalyse allerdings erst an wenigen spezialisierten Universitätsaugenkliniken angeboten. Mit der hoffentlich bald zur Verfügung stehenden komfortableren Analysesoftware werde jedoch „eine breite klinische Anwendung ermöglicht“, so die Einschätzung von Prof. Guthoff.
Diagnose von Krankheiten anhand der Augen
Auch die Naturheilkunde nutzt bei der sogenannten Irisdiagnose das Auge der Patienten zur Ermittlung vorliegender Erkrankungen. Zwar wird dabei gezielt die Iris betrachtet anstatt der Hornhaut, doch weisen die neusten technologischen Erkenntnisse ansonsten einige Parallelen zu den Ansätzen der Naturheilkunde auf. Strukturelle Veränderungen des Auges werden hier als verlässliche Hinweise auf bestimmte Erkrankungen gewertet, da sämtliche Organe über Nervenbahnen mit den Augen verbunden sind. Eine Erkenntnis, die sich nun auch bei der Diagnose der diabetischen Neuropathie bestätigt hat. (fp)
Bild: Elisa Al Rashid / pixelio.de
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