Antibiotikaresistente Bakterien entwickeln sich zu einer Gefahr für die Weltbevölkerung
17.09.2013
Die US-Seuchenschutzbehörde warnt vor immer mehr antibiotikaresistenten Bakterien. Mittlerweile fallen Jahr für Jahr 23.000 Menschen den resistenten Bakterien zum Opfer, insgesamt würden sich über zwei Millionen Menschen infizieren. Dementsprechend würde sich der Behörde nach eine „Gefahr für die Weltbevölkerung“ entwickeln.
23.000 Todesfälle pro Jahr
Im Rahmen einer erstmalig durchgeführte Schätzung der Anzahl jährlicher Todesopfer in Folge einer Infektion mit multiresistenten Bakterien ist die US-Seuchenschutzbehörde „Centers for Disease Control“ (CDC) zu einem besorgniserregenden Ergebnis gekommen. Demnach könnte von 23.000 Todesfällen pro Jahr ausgegangen werden, was etwa der Anzahl der Grippeopfer entsprechen würde.
„Größte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit“
Ihre Ergebnisse hat die CDC nun in ihrem Report „Antibiotic resistance threats in the United States, 2013“ zusammengefasst und gibt damit nach eigenen Angaben „eine allererste Momentaufnahme der Belastung und Bedrohung durch Antibiotika-resistente Keime, welche die größten Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben“, so die Wissenschaftler vom CDC. Auch für Helen Boucher von der Tufts University im US-Bundesstaat Massachusetts ist die Situation mehr als ernst, denn „wir stehen vor einer Katastrophe", so die Medizinerin. Um so wichtiger sei es daher, nun die Menschen zu alarmieren.
Antibiotika immer wieder in der Kritik
Antibiotika geben immer wieder Anlas für Diskussionen und Kritik. So stehen auf der einen Seite Dutzende Bakterien bekämpfende Wirkstoffe, ohne die viele medizinische Fortschritte nicht möglich gewesen wären, da die Patienten aus heutiger Sicht „gewöhnliche“ Infektionen nicht überlebt hätten. Doch auf der anderen Seite steht der oftmals unüberlegte und verbreitete Einsatz von Antibiotika, denn diese werden viel zu häufig und viel zu oft falsch eingesetzt, wodurch sich mit der Zeit immer mehr Antibiotika-resistente Bakterienstämme gebildet haben. Laut Bericht des „Centers for Disease Control“ könne davon ausgegangen werden, dass in den USA „bis zur Hälfte der Antibiotika Verwendung bei Menschen und großer Teil des Einsatzes bei Tieren unnötig
und unangemessen ist und dadurch jeder weniger geschützt ist.“ Dementsprechend „könnte das Stoppen bereits einiger dieser unnötigen und unangemessenen Antibiotika-Einsätze bei Mensch und Tier helfen, die Ausbreitung von resistenten Bakterien zu verlangsamen“, so die Wissenschaftler vom CDC weiter.
„Resistenzen verbreiten sich mit bemerkenswerter Geschwindigkeit“
Denn die Risiken durch Antibiotika-resistenten Bakterien ist dabei den US-Wissenschaftlern nach immens, denn „neue Formen der Antibiotikaresistenz können internationale Grenzen überqueren und sich so mit Leichtigkeit über Länder hinweg verbreiten.“ Viele Formen von Resistenzen würden sich dabei mit bemerkenswerter Geschwindigkeit verbreiten, allein in den USA würden sich jährlich mehr als zwei Millionen Menschen mit diesen Erregern infizieren, mindestens 23.000 sterben sogar daran. Allein 11.000 Todesfälle gehen dabei auf das Konto des Erregers Methicillin-resistant Staphylococcus aureus (MRSA), der auch in Deutschland weit verbreitet ist und hier jährlich zu mehr 100.000 Infektionen führt. Das Problem bei MRSA: Bei vielen Menschen finden sich die Staphylokokken auf der Haut, ohne dass die Erreger eine Krankheit verursachen. Dabei sind die Bakterien äußerst gefährlich und können unter anderem schwere Haut- oder Gewebeinfektionen auslösen sowie bei Eintritt in die Blutbahn sogar zu einer lebensbedrohlichen Sepsis führen. So gab es dem CDC zufolge zum Beispiel 2011 allein in den USA rund 80.000 solch schwerer MRSA-Infektionen, wobei der Großteil dieser Patienten im Vorfeld im Krankenhaus behandelt worden war.
Mehrkosten durch Infektionen in Höhe von 20 Milliarden US-Dollar
Neben dem gesundheitlichen Risiko seien der Behörde nach aber auch die wirtschaftlichen Folgen der Antibiotika-resistenten Bakterien nicht zu unterschätzen, denn „die Infektionen verursachen erhebliche vermeidbare Kosten für das bereits belastete amerikanische Gesundheitssystem. Denn in den meisten Fällen benötigen Antibiotika-resistente Infektionen verlängerte und/oder teurere Behandlungen, längere Krankenhausaufenthalte und zusätzliche Arztbesuche und führen insgesamt mehr Invaliditäts- und Todesfällen im Vergleich zu Infektionen, die leicht mit Antibiotika behandelbar sind“, so die Forscher in ihrem Bericht. Dementsprechend könnte von Mehrkosten in Höhe von 20 Milliarden US-Dollar für die Behandlung ausgegangen werden, hinzu kämen durch Produktivitätsverluste entstehende gesellschaftliche Kosten in Höhe von bis zu 35 Milliarden US-Dollar jährlich.
Clostridium difficile besonders gefährlich
Besonders besorgniserregend seien den Wissenschaftlern nach in diesem Zusammenhang auch die sogenannten „Carbapenem-resistenten Enterobakterien“ (CRE) und der Auslöser der Gonorrhoe „Neisseria gonorrhoeae“. Hinzu kommt das Stäbchenbakterium „Clostridium difficile“, welches zu den häufigsten Krankenhaus-Keimen gehört und starke, lebensbedrohliche Durchfälle verursacht, die ausrechnet als Nebenwirkung einer Antibiotika-Behandlung auftreten können. Dementsprechend „wird für 250.000 Menschen jedes Jahr eine Krankenhausversorgung aufgrund von Clostridium difficile notwendig, wobei in den meisten Fällen die Verwendung von Antibiotika der wesentliche Faktor war, der zu der Erkrankung geführt hat“, schreiben die Forscher in ihrem Bericht. Mindestens 14.000 Menschen würden den Angaben der CDC an den Folgen der Infektion sterben.
Forderung nach grundlegender Veränderung des täglichen Einsatzes von Antibiotika Angesichts dieser Situation müssten daher laut der CDC „vier Kern-Aufgaben“ bearbeitet werden, „die helfen können, diese tödlichen Infektionen zu bekämpfen“: Die Vermeidung der Verbreitung der Infektionen, eine möglichst exakte Verfolgung der resistenten Bakterien, eine grundlegende Veränderung bzw. Verbesserung des täglichen Einsatzes von Antibiotika und die Unterstützung der Entwicklung neuer Antibiotika sowie neuer Tests zur Diagnose resistenter Bakterien. (nr)
Bild: Dr. Karl HERRMANN / pixelio.de
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