Immer mehr Kinder und Jugendliche weisen Symptome einer Essstörung auf
26.09.2013
Die Zahl der Jugendlichen mit Essstörungen hat sich in den vergangen Jahren dramatisch erhöht. Es wird gehungert oder sogar absichtlich erbrochen. Ohne rechtzeitige Behandlung, droht den Betroffenen an Magersucht oder Bulimie zu erkranken.
Nach Einschätzungen des Mainzer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten Arne Bürger, könne absichtliches Erbrechen nach dem Essen oder absichtliches Hungern die ersten Anzeichen für eine Störung sein. "Je früher die Störung erkannt und behandelt wird, desto besser", so der Experte. So kann womöglich eine schlimmere Vollerkrankung verhindert werden.
Essstörungen erkennen
Nach der internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD10) werden Essstörungen als Essattacken bei sonstigen psychischen Störungen beschrieben. Sie werden als Verhaltensstörung mit ernsthaften und langfristigen Gesundheitsschäden bezeichnet. Es herrscht eine ständige gedankliche und auch emotionale Beschäftigung mit dem Thema „Essen“ vor. Sie wird mit einer psychosozialen Störungen und mit der Einstellung zum eigenen Körper in Zusammenhang gebracht. Essstörungen können für die ganze Familie zu einer großen Belastung werden, sagte die Vorsitzende des Landesverbandes der Angehörigen psychisch Kranker in Rheinland-Pfalz, Monika Zindorf. Die Eltern Essgestörter Kinder fühlen sich nicht selten in der Pflicht, ihre Kinder ständig zu kontrollieren, was meistens zu großen Konflikten führe.
Ursachen von Essstörungen sind komplex
Therapieangebote gibt es wenige und zudem muss man sehr lange auf einen Platz warten. "Angehörige sind oft überfordert und hilflos“. Die Entstehung einer Essstörung ist komplex. Die betroffenen Mädchen folgten nicht nur einem krankhaften Schönheitsideal, sondern sehen sich auch einem wachsenden Leistungsdruck in der Schule und der Familie ausgesetzt. "Viele Kinder haben heute einen Terminkalender wie Manager", sagte Bürger. Es fehlt ihnen die Zeit, auch mal Abschalten zu können. Emotionen dürfen immer weniger gezeigt werden, was letztendlich zu einem „nur noch funktionieren“ führe.
"Sie lernen nicht, mit Konflikten umzugehen oder Schwächen einzugestehen." All dies führe zu einer negativen emotionalen Anspannung – die dann auch in Essstörungen münden könne, so der Psychotherapeut.
Er unterstreicht nochmal die Wichtigkeit, bereits bei einzelnen Symptomen von Essstörungen einen Spezialisten aufzusuchen. "Man sollte nie denken, man bekommt das alleine hin." Die Todesrate bei Magersucht bei zwei bis 16 Prozent.
Mädchen und Frauen häufiger betroffen als Männer
Unter den 14 bis 18-Jährigen leide ein Prozent regelmäßig an einer handfesten Anorexie (Magersucht), bis zu drei Prozent an Bulimie (Ess- und Brechsucht). Auf 20 erkrankte Mädchen komme ein Junge, sagte Bürger. Laut den Statistiken leiden Frauen fünfmal häufiger unter Essstörungen als Männer. Das geht aus einer Studie der Universität Leipzig hervor. Danach ist bei 5,9 Prozent aller Frauen in Deutschland das Essverhalten gestört, aber nur bei 1,5 Prozent der Männer. Eine europäische Studie zeigt, dass junge Frauen ein achtfach erhöhtes Risiko für eine Essstörung im Vergleich zu älteren Frauen haben.
Mediziner warnen davor, das Phänomen Anorexie bei kleinen Kindern zu unterschätzen. Viele Kliniken verweigern oft Angaben, zu dieser Erkrankung zu machen. In Großbritannien leiden sogar schon fünfjährige Kinder an Magersucht: Nach Angaben von 35 britischen Krankenhäusern wurden binnen drei Jahren 2000 Kinder im Alter zwischen fünf und 15 Jahren wegen schwerer Essstörungen behandelt, davon waren 98 sieben Jahre und jünger. Ein Zeichen zur Besorgnis und ein Trend, der genaustens beobachtet werden muss. (fr)
Bild: BirgitH / pixelio.de
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