Zentrum zur Behandlung Seltener Erkrankungen in Hamburg eingerichtet
03.10.2013
Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) wurde ein neues Zentrum zur Behandlung seltener Erkrankungen eröffnet, „in dem Spezialisten zahlreicher Kliniken und Institute interdisziplinär zusammenarbeiten“, so die aktuelle Pressemitteilung des UKE. Zwar wird eine seltene Erkrankung per Definition nur als solche bezeichnet, wenn maximal fünf von 10.000 Menschen an ihr leiden, doch da mehr als 7.000 derartige Erkrankungen bekannt sind, ist die Zahl der insgesamt Betroffenen durchaus beachtlich. Das Bundesgesundheitsministerium geht davon aus, dass in Deutschland rund vier Millionen Menschen mit einer seltenen Erkrankung leben.
„Aufgrund der geringen Häufigkeit einzelner Erkrankungen, des speziellen Charakters der seltenen Erkrankungen und der insgesamt hohen Zahl an Patienten erfordert die Versorgung der Betroffenen nicht nur ein nationales, sondern ein internationales Vorgehen“, betonte Professor Dr. Christian Gerloff, Ärztlicher Leiter der Klinik und Poliklinik für Neurologie am UKE. Das „Universitäre Centrum für Seltene Erkrankungen“ in Hamburg werde dazu beitragen, die Versorgung der Patienten entscheidend zu verbessern. „Zu den Behandlungsschwerpunkten zählen angeborene Stoffwechsel- und Gefäßerkrankungen sowie Leber- und Nierenleiden“, berichtet das UKE. Der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende des UKE, Professor Dr. Martin Zeitz, erläuterte, in dem Zentrum würden „Strukturen für eine fachübergreifende Zusammenarbeit“ etabliert, was dazu beitrage, „dass jede hochspezialisierte Disziplin im Austausch mit den weiteren Fächern noch besser wird.“
Bündelung der Expertise zu den seltenen Erkrankungen
In dem neuen Behandlungszentrum wird das UKE seine „jahrelange Expertise auf vielen Gebieten seltener Erkrankungen“ bündeln, um den Betroffenen eine bestmögliche Versorgung zukommen zu lassen und neue Erkenntnisse zu den seltenen Krankheiten zu gewinnen. Vergleichbare Zentren entstehen derzeit an rund 20 Standorten in Deutschland und mit ihnen solle eine enge Kooperation erfolgen, erläuterte Professor Dr. Dr. Uwe Koch-Gromus, Dekan der Medizinischen Fakultät und Vorstandsmitglied des UKE. „Außerdem ist eine intensive Zusammenarbeit mit Gesundheitsbehörden, Kostenträgern, betroffenen Patienten und deren Selbsthilfegruppen und mit wissenschaftlichen Fachgesellschaften vorgesehen“, so Koch-Gromus weiter. Darüber hinaus strebe das UKE „bei der Erforschung und Behandlung seltener Erkrankungen enge Kooperationen mit den besten europäischen Einrichtungen an“,ergänzte Professor Dr. Ansgar W. Lohse, Ärztlicher Leiter der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik am UKE.
Verbesserung der Diagnostik, Therapie und Betreuung
Das neue Behandlungszentrum für seltene Erkrankungen in Hamburg besteht zunächst aus einer übergeordneten Schaltzentrale und sechs spezialisierten Einheiten, die auf vorhandenen Kompetenzen des UKE basieren. Die sechs Untereinheiten werden vorerst aus einem Zentrum für autoimmune Lebererkrankungen, einem für angeborene Nierenerkrankungen, einem für Gefäßentzündungen (zerebrale Vaskulitiden), einem für Stoffwechselstörungen (lysosomale Speichererkrankungen), einem für Tumore des Zentralen Nervensystems (Neurofibromatose) sowie einem Zentrum für Transgenderentwicklungen gebildet. Weitere sieben Unterzentren befinden sich laut Angaben des UKE bereits im Begutachtungsverfahren. In dem „Universitären Centrum für Seltene Erkrankungen“ wollen die Mediziner des UKE „die Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten seltener Erkrankungen erforschen, die Diagnostik, Therapie und Betreuung betroffener Patienten verbessern und die ärztliche Aus- und Weiterbildung auf dem Gebiet seltener Erkrankungen unterstützen“, erläuterte Professor Dr. Kurt Ullrich, Ärztlicher Leiter der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin.
Nationaler Aktionsplan zu seltenen Erkrankungen
Erst im August hatte das Bundeskabinett ein Hilfe-Programm bei Seltenen Erkrankungen beschlossen. Dieser sogenannte „Nationale Aktionsplan für Menschen mit Seltenen Erkrankungen“ (NAMSE) umfasst laut Angaben des Bundesgesundheitsministeriums „ insgesamt 52 Maßnahmen, mit denen die drängendsten Probleme der Betroffenen und ihrer Angehörigen angegangen werden sollen.“ Der Beschluss sieht unter anderem eine Verbesserung der Informationen, der medizinischen Versorgungsstrukturen und eine Bündelung der Kompetenzen vor. Auch soll die Forschung im Bereich der Seltenen Erkrankungen intensiviert werden. Letztendlich gehe es darum, dass Patientinnen und Patienten schneller diagnostiziert werden können und dann die notwendige Versorgung erhalten, so die Mitteilung des Ministeriums zu dem Kabinettsbeschluss. Bisher seien die Seltenen Erkrankungen oftmals mit einer regelrechten Odyssee durch das Gesundheitssystem verbunden, weil nicht nur den Betroffenen, sondern auch den Medizinern die Symptome unbekannt sind. Zudem fehle häufig das Wissen über mögliche Behandlungsansätze.
Zwar zeigen alle seltenen Erkrankungen eine äußerst geringe Verbreitung, verlaufen meist chronisch und bringen häufig eine deutlich Verringerung der Lebenserwartung mit sich, doch hier enden in der Regel bereits die Gemeinsamkeiten. Insgesamt sind die seltenen Krankheiten „eine sehr heterogene Gruppe von zumeist komplexen Krankheitsbildern“, erläutert das Bundesgesundheitsministerium. Eine angemessene Versorgung der Betroffenen erfordert demnach entsprechend breit aufgestellte Behandlungszentren. Hier ist mit der Einrichtung des universitären Zentrums für Seltene Erkrankungen am UKE nun ein weitere wichtiger Schritt getan. (fp)
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