Immer stärkere Belastungen im Job
08.10.2013
Immer mehr Arbeitnehmer sind frustriert. Der Grund: Der Arbeitsanfall wächst und wächst, doch mehr Arbeitskräfte gibt es nicht. Für viele Männer und Frauen bedeutet dies Überstunden oder Wochenendarbeit – und eine Menge Druck, der auf den Schultern lastet. Wer sich aus der „Überstunden-Falle“ befreien möchte, muss lernen, sich gegen Vorgesetzte durchzusetzen und kommt außerdem nicht daran vorbei, die eigenen Ansprüche zu minimieren.
Überstunden und Wochenendarbeit nehmen zu
Überstunden, Wochenendarbeit oder im Urlaub abends „nur mal schnell“ die E-Mails checken: Immer mehr Menschen arbeiten immer mehr Stunden außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit. Das sorgt für Ärger und Frustration, insbesondere dann, wenn die Anerkennung durch den Chef ausbleibt und stattdessen noch mehr Druck aufgebaut wird. In der Folge sinkt die Motivation der Arbeitnehmer erheblich. Wie das renommierte Markt- und Meinungsforschungsinstitut „Gallup“ in einer repräsentativen Telefonstudie mit 2.198 Arbeitnehmern ab 18 Jahren herausgefunden hat, haben 24 Prozent der Männer und Frauen bereits „innerlich gekündigt“, weitere 61 Prozent machen nur „Dienst nach Vorschrift“.
Knapp ein Drittel fühlt sich „ausgebrannt“
Die Unzufriedenheit vieler Arbeitnehmer scheint offenbar groß zu sein. Wie die Experten von Gallup im Rahmen ihres jährlichen „Engagement Index“ weiter aufzeigen, fühlen sich 18 Prozent der Befragten bei ihrer Arbeit oft gehetzt. Fast ein Drittel (32 Prozent) gab außerdem an, „sich durch den steigenden Arbeitsstress in den letzten 30 Tagen innerlich ausgebrannt gefühlt zu haben“ – was hochgerechnet auf alle Arbeitnehmer knapp 11 Millionen Betroffene bedeutet. Dabei würden sich laut Marco Nink, Senior Consultant bei Gallup Deutschland, „vor allem Arbeitnehmer in der Altersgruppe zwischen 35 und 54 Jahren [..] einem größeren Druck ausgesetzt“ fühlen, „denn in dieser Lebensphase versuchen viele von ihnen, Karriere und Familie in Einklang zu bringen“, so die Erklärung des Experten. Zudem würden sich die Menschen in den neuen Bundesländern stärker von diesen Entwicklungen betroffen sehen als Kollegen in den alten Ländern.
„Rückfall in frühkapitalistische Verhältnisse“
Immer mehr Menschen sind demnach Burnout-gefährdet – dieses Ergebnis ist auch für den
Karrierecoach Klaus Merg keine Überraschung: „Immer weniger Menschen müssen immer mehr Arbeit bewältigen. Häufig kommt dann psychischer Druck vom Vorgesetzten dazu, der noch mehr Leistung fordert“, so der Experte gegenüber der „dpa“. Laut Merg hätten Arbeitnehmer heute viele Errungenschaften der letzten Jahrhunderte wieder aufgegeben, wozu unter anderem geregelte Arbeitszeiten gehören. Damit habe ein „Rückfall in frühkapitalistische Verhältnisse“ begonnen, was sich darin zeige, dass die Menschen immer mehr Arbeit in kürzerer Zeit verrichten und auch nach Feierabend jederzeit verfügbar seien, so der Hamburger Karriereberater und Journalist Martin Wehrle gegenüber der dpa.
Mit Mut aus der „Überstunden-Falle“
Durch diese Situation steige der Druck auf den Einzelnen immens. In der Folge leiden darunter immer häufiger auch das Privatleben, Hobbys und Freundschaften. Um sich aus der „Überstunden-Falle“ zu befreien, müssten Arbeitnehmer aus Sicht der Experten den Mut aufbringen, sich gegen die herrschenden Umstände aufzulehnen. Dabei sollten Betroffene sich unbedingt Gleichgesinnte aus dem Kollegenkreis suchen, um gemeinsam mehr Durchsetzungskraft zu erreichen: „Wenn alle konsequent pünktlich Feierabend machen, dann gerät nicht ein Einzelner in Erklärungsnot“, so der Tipp des Coaches. Darüber hinaus sollten Mitarbeiter auch lernen, dem Chef gegenüber klar „Stopp“ zu sagen – sollte dies nicht wirken, müsse laut Martin Wehrle unter Umständen noch stärker durchgegriffen werden. „Dann muss man auch mal den Mut haben und ein Projekt gegen die Wand fahren lassen, damit das Unternehmen reagiert“, so der Experte gegenüber der dpa.
Mehr Souveränität durch Zusatz-Qualifikationen
Hier lauern jedoch Gefahren – denn eine solche Konfrontation könnten sich laut Martin Wehrle lediglich Leistungsträger erlauben. Wer hingegen zu „den schwächeren 50 Prozent seines Teams zählt, bekommt dann womöglich erst recht Probleme“, warnt Martin Wehrle. Um hier kein Risiko einzugehen, sollten Arbeitnehmer stattdessen versuchen, Leistungsbereitschaft zu zeigen und durch Fortbildungen Zusatz-Qualifikationen erwerben – dadurch könnte in vielen Fällen anschließend auch der Arbeits-Alltag wieder besser bewerkstelligt werden.
Eigene Ansprüche reduzieren
Darüber hinaus sollten nach Ansicht der Experten Arbeitnehmer von Zeit zu Zeit ihre eigenen Ansprüche überdenken und generell nicht zu viel von ihrem Job erwarten. Denn wie der Kölner Psychologe und Coach Manuel Tusch gegenüber der dpa erklärt, steige das Risiko einer Enttäuschung, je höher die Erwartungen in Hinblick auf Gehalt und Anerkennung durch den Chef sind. Sein Tipp: „Wenn ich aber von allem ein bisschen erwarte, werden meine Erwartungen unterm Strich häufiger erfüllt.“ Darüber hinaus sei der Job ja auch nicht alles, denn „wenn ich gerne Wertschätzung erfahren möchte, dann finde ich das auch nach Feierabend bei meiner Familie oder in einem Ehrenamt.“ (nr)
Bild: Wolfgang Pfensig / pixelio.de
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