Ärzte sind ohne Hinzuziehen von Fachkollegen für falsche Diagnose haftbar
02.12.2013
Ärzte sind für eine Fehldiagnose haftbar, wenn sie versäumt haben, einen Fachkollegen hinzuzuziehen. Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) weißt in diesem Zusammenhang auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm hin, nach dem die Richter dem Sohn einer aufgrund einer Fehldiagnose verstorbenen Patientin 50.000 Euro ererbtes Schmerzensgeld zusprachen (Aktenzeichen: 3 U 122/12).
Ärzte hätten Fachkollegen für Diagnose hinzuziehen müssen
Eine ältere Dame wurde im November 2005 mit einer Halbseitenlähmung in ein Krankenhaus eingeliefert. Dort erlitt sie einen Krampfanfall. Die behandelnden Ärzte veranlassten daraufhin eine Computertomographie (CT), machten dabei jedoch einen entscheidenden Fehler: Sie verzichteten darauf einen Neurologen für die Auswertung der Bilder zurate zuziehen. In den darauffolgenden Tagen wurden verschiedene neurologische Untersuchungen bei der Patientin durchgeführt. Letztlich konnten die Ärzte nur noch die Diagnose „Locked-in-Syndrom“ stellen, das sich infolge eines nicht erkannten Hirnstamminfarkts entwickelte. Die Frau war zwar wach, konnte hören, riechen und sehen, aber keinerlei Reaktion bis auf die Augenbewegung zeigen. Dieser Zustand hielt bis zu ihrem Tod im Jahr 2006 an.
Der Sohn der Frau klagte daraufhin auf Schadensersatz. In dem Verfahren wurde ihm ein sogenanntes vererbtes Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro zugesprochen. Nach Ansicht des Gerichts hätten die behandelnden Ärzte am Aufnahmetag der Patientin versäumt, einen Neurologen hinzuziehen. Dadurch sei verhindert worden, dass ein Facharzt den Hirnstamminfarkt erkannt und umgehend die richtig Behandlung der Patientin eingeleitet habe. Dieses Versäumnis könnte laut Sachverständigen die schweren Lähmungen sowie den Tod der Frau verursacht haben. „Nach den weiteren überzeugenden Ausführungen des neurologischen Sachverständigen… wäre Folge der durch einen Neurologen gestellten Diagnose eines Verschlusses der Arteria basilaris die rasche Verlegung der Patientin in eine neurologische Klinik beziehungsweise eine Klinik mit Stroke-Unit gewesen. Dort hätte innerhalb des noch geöffneten 12-Stunden-Zeitfensters eine systemische oder lokale Lysebehandlung mit der sehr guten Chance eines besseren Ergebnisses für die Patientin stattgefunden“, heißt es dazu in der Urteilsbegründung. (ag)
Bild: Tim Reckmann / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.