Fehlende hemmende Verbindung im Gehirn löst Angst aus
03.12.2013
Angst ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Gefühlsregungen, die vorwiegend in bedrohlichen Situationen empfunden wird. Kennzeichnend für Ängste ist die Verunsicherung des Gefühlslebens. Sie gilt als urmenschliches Gefühl, das als Schutzmechanismus in vermeidlichen oder aber auch tatsächlichen Gefahrensituationen dient. In der Evolutionsgeschichte half diese Emotion Gefahren zu erkennen, um dann angemessen darauf reagieren zu können. Doch zu viel Angst kann auch das Gegenteil bewirken, in dem sie die Möglichkeit zum Handeln blockiert und so in Gefahrensituationen schützendes Verhalten verhindert . Anders herum kann zu wenig Angst reale Gefahren und Risiken ausblenden.
Auf der Suche nach möglichen Auslösern für ein gesteigertes Angstempfinden oder von Phobien hat die MedUni Wien eventuell eine Erklärung gefunden.
Den im Gehirn für die Regulierung der Gefühlszuständen zuständigen Bereiche, die Amygdala (Mandelkern) und der Orbitofrontale Kortex, fehlt es anscheinend an einem „Bremsmechanismus“, der zu einer Beruhigung führt, wenn Gefahrensituationen keine lebensbedrohlichen Ausmaße annehmen. Mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanz-Tomographie (fMRT) konnten die Wissenschaftler bei Angstpatienten nachweisen, dass eine wichtige hemmende Verbindung in veränderter Form im Gehirn vorliegt und sie dadurch nicht in der Lage sind, ihre Ängste zu kontrollieren. Bei gesunden Menschen führt dieser Mechanismus zu einem abklingen der Angst und der Körper kann dann wieder in seinen Normalzustand übergehen.
In Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik und der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien konnten die Wissenschaftler unter Christian Windischberger herausfinden, auf welche Weise die zuständigen Bereiche im Gehirn an der Emotionsverarbeitung beteiligt sind. Daraus konnten Rückschlüsse gezogen werden, in wie weit diese sich gegenseitig beeinflussen. Innerhalb der Studie wurden den Probanden Bilder mit "emotionalen Gesichtern" gezeigt, während sie sich einer funktionellen Magnet-Resonanz-Tomographie-Messung unterzogen. Diese Bilder zeigten Menschen mit emotionalen Gesichtsausdrücken wie beispielsweise Lachen, Weinen, Zufriedenheit oder Zorn, die bei den Probanden neuronale Aktivitäten im Gehirn auslösten.
Äußerlich konnten die Wissenschaftler keine Veränderungen erkennen. Bei gesunden Menschen zeigte sich aber ein neuronaler Bremsmechanismus, der den Kopf beruhigte. Bei Sozialphobikern hingegen sorgten die Fotos für einen "Beschleuniger" und eine sehr starke neuronale Aktivität machte sich bemerkbar "Gerade bei psychiatrischen Krankheiten kann man davon ausgehen, dass es nicht zu Komplettausfällen kommt, sondern vielmehr zu Ungleichgewichten in komplexen Regulierungsprozessen", so Ronald Sladky, Erstautor der Studie. Die gewonnen Erkenntnisse über die beteiligten neuronalen Funktionsweisen sollen nun dabei helfen, neue Ansätze für Therapiemöglichkeiten zu entwickeln. (fr)
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