Heute, 20:15 Uhr auf 3sat: Wissenschaftsdokumentation Homöopathie – Heilung oder Humbug? Ein Kommentar von Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ)
05.12.2013
Im März 2013 wurde diese Dokumentation erstmals gesendet, auch der DZVhÄ wiederholt nun hier seine Kritik an der Dokumentation:
Im Grunde beinhaltet dieser Beitrag alles, was man von einer Wissenschaftsdokumentation erwarten darf: Fürsprecher und Kritiker der Methode kommen zu Wort, so dass dem Zuschauer ein breites Spektrum an Meinung zum schwierigen Thema Homöopathie ausgebreitet wird. Doch betrachtet man als Insider diese Geschichte des Journalisten Carsten Binsack, dann fallen Zwischentöne auf: Die Wortwahl. Im redaktionellen Text wird die Homöopathie als hoch umstritten bezeichnet. Von wem ist sie das? Es tauchen Bezeichnungen wir Irrlehre oder Ritual auf, der Begriff Glaube wird oft strapaziert.
Falschaussage: "Experte" Edzard Ernst ist kein homöopathischer Arzt
Die zu Wort kommenden Wissenschaftler werden nicht hinterfragt. Dies hätte sich vor allem bei Edzard Ernst gelohnt, der hier quasi als Moderator des Beitrags fungiert, er darf jede Aussage der Befürworter kommentieren und hat stets das letzte Wort. Edzard Ernst, emeritierter Hochschullehrer, strickt auch hier an seiner Legende von der Wandlung vom Saulus zum Paulus. Carsten Binsack führt Ernst mit der Behauptung ein, „Er hat lange als Homöopath gearbeitet.“ Ernst sagt: „Ich habe in einem homöopathischen Krankenhaus in München gearbeitet.“ Das ist beides falsch, und Binsack hätte das auch wissen müssen.
Im Interview mit Edzard Ernst in den Homöopathischen Nachrichten, dem Newsletter des Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ), vom April 2010, heißt es: Haben Sie die ärztliche Zusatzbezeichnung Homöopathie? Ernst: Ich habe die Voraussetzungen dafür erworben, mich aber nie um den Titel beworben.
Nachgefragt: Ist es richtig, dass Sie die Zusatzbezeichnung „Homöopathie“ nicht erworben haben, aber ärztliche Weiterbildungskurse „Homöopathie“ belegt haben. Wenn ja, welche (A bis F Kurse)? Ernst: Kurse habe ich keine absolviert. Das heißt, Edzard Ernst ist kein homöopathischer Arzt und hat folglich auch nicht als solcher arbeiten können. Seine Behauptung, er habe die Voraussetzungen für die Zusatzbezeichnung erworben, ist falsch, da er keine Kurse belegt hat. Die Bezeichnung Homöopathie ist in Deutschland in der Ärzteschaft geschützt. Wer sich als Arzt mit Zusatzbezeichnung ausgibt, muss eine von Ärztekammern vorgeschriebene berufsbegleitende Weiterbildung absolvieren, die etwa 1 ½ Jahre dauert. Wer sich ohne Qualifikation als homöopathischer Arzt bezeichnet, betreibt Etikettenschwindel.
Falsch ist auch die Aussage von Ernst, er habe in einem homöopathischen Krankenhaus gearbeitet. Richtig ist, er hat nach seinem Examen für ein halbes Jahr im Krankenhaus für Naturheilweisen in München gearbeitet. Aus dem oben genannten Interview: Ist es richtig, dass Sie im Krankenhaus für Naturheilweisen ein halbes Jahr gearbeitet haben? Ernst: Ich bin mir nicht mehr sicher, wie lange ich im Krankenhaus für Naturheilweisen gearbeitet habe, das ist eine Weile her!
Die Wirksamkeit der Homöopathie ist durch viele Studien belegt
Auch als Wissenschaftler ist Ernst nicht unumstritten. In den letzten Jahren hat er sich vor allem als Autor (Gesund ohne Pillen, Hanser Verlag 2009) oder Gutachter (Die andere Medizin, Stiftung Warentest 2005) populärwissenschaftlicher Bücher einen Namen gemacht. Es gibt in Deutschland und in vielen Ländern Europas an etlichen Hochschulen Institute, an denen im Bereich CAM (Komplementäre und Alternative Medizin) geforscht wird. Professor Robert Jütte, Leiter des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung in Stuttgart, bringt die Kritik an Ernst in einer Rezension (FAZ, 23. Februar 2009) des Buches Gesund ohne Pillen auf den Punkt: „Auffällig ist die Ignoranz [der Autoren] gegenüber methodischen und sachlichen Einwänden, die führende Forscher auf dem Gebiet der Komplementärmedizin gegen den selektiven Blick dieser beiden ,Experten’ haben. Konträre Ansichten werden nicht erwähnt. Ignoriert wird von den Autoren auch ein detaillierter Health Technology Assessment-Bericht zur Homöopathie im Rahmen des Schweizer Programms Evaluation Komplementärmedizin aus dem Jahre 2006. Dieser kommt zu dem Schluss, dass es ausreichend Belege für eine präklinische Wirkung und eine klinische Wirksamkeit der Homöopathie (Evidenzgrad I und II) gibt und dass sie absolut und insbesondere im Vergleich zu konventionellen Therapien eine sichere und kostengünstige Intervention darstellt’.“ Einen Überblick über die Studienlage gibt der DZVhÄ-Forschungsreader, Download: welt-der-homoeopathie.de.
Lobbyarbeit und Professionalisierung ist nicht anrüchig
Unklar bleibt, was Binsack mit dem großen Geschäft mit der Homöopathie meint, ein Thema, das in der Dokumentation viel Raum einnimmt. 400 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet die Industrie mit Homöopathika, heißt es. Um diesen Beitrag einzuordnen: Der Umsatz der Pharmaindustrie in Deutschland lag 2010 bei circa 40,5 Milliarden US-Dollar). Im gleichen Jahr betrug der Umsatz auf dem GKV-Fertigarzneimittelmarkt in Deutschland 29,7 Milliarden Euro – für homöopathische Arzneimittel musste die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) 10,9 Millionen Euro bezahlen (www.statista.com).
Ein anderes Thema mit Zwischentönen: Die Professionalisierung der Homöopathie-Szene. Selbstverständlich unterhält der DZVhÄ Kontakte zu Politikern, Redaktionen und zu anderen Verbänden, dies ermöglicht uns eine gute berufspolitische Interessenvertretung. Auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union macht Lobby-Arbeit. Der Autor der Dokumentation ist ein gern gesehener Gast in der DZVhÄ-Pressestelle in Berlin und hat Informationen und Kontakte gerne genutzt. Das ist selbstverständlich und gehört zu einer guten Pressearbeit. (pm)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.