Nesthäkchen bleiben durch „Baby-Illusion“ immer klein
17.12.2013
Letztgeborene bleiben aus Sicht ihrer Mütter immer „die Kleinen“ in der Familie – auch wenn sie schon längst das Erwachsenenalter erreicht haben. Eine australische Studie hat nun gezeigt, dass dieses Phänomen im wahrsten Sinne des Wortes besteht: Denn Mütter schätzten die Körpergröße ihrer „Nesthäkchen“ im Durchschnitt um 7,5 Zentimeter geringer ein, als sie tatsächlich war.
„Nesthäkchen“ für viele Eltern besonders schutzbedürftig
Für die meisten Eltern bleiben die Kinder immer die Kinder – selbst wenn diese irgendwann auf eigenen Füßen stehen, ausgezogen sind und eine eigene Familie gegründet haben. Besonders ausgeprägt trifft dies meist bei den Letztgeborenen zu, denn die „Nesthäkchen“ bedürfen in den Augen vieler Eltern besonders viel Schutz und Fürsorge. Nun haben australische Forscher herausgefunden, dass dieses Phänomen nicht nur sehr häufig vorkommt, sondern auch messbar ist, denn viele Mütter schätzen ihr jüngstes Kind deutlich zu klein ein.
Australische Forscher befragen 747 Mütter
Wie die australischen Forscher um Jordy Kaufman von der Swinburne University of Technology in Hawthorn aktuell im Fachmagazin “Current Biology” berichten, sei offenbar die so genannte “Baby-Illusion” dafür verantwortlich, dass in einer Familie jeweils das Kind die meiste Aufmerksamkeit bekomme, welches diese am dringendsten benötige – sprich: das Kleinste und Jüngste. So hatten die Forscher im Rahmen ihrer Studie 747 Mütter gefragt, ob das ältere Geschwisterchen nach der Geburt des kleinen Kindes plötzlich einen größeren Eindruck gemacht habe – was mehr als 70 Prozent der Frauen mit „Ja“ beantworteten.
"Baby-Illusion" sorgt dafür, dass Eltern das jüngste Kind zu klein einschätzen
Doch dieser Effekt entstehe den Forschern nach nicht – wie vielfach angenommen – weil das ältere Kind im Vergleich mit dem Neugeborenen plötzlich erheblich größer scheint. Stattdessen konnten die Australier durch ihre Untersuchungen eine andere Theorie bestätigen: „Wir stellten die Hypothese auf, dass menschliche Eltern einer Art "Baby-Illusion" ausgesetzt sind, unter der sie routinemäßig ihr jüngstes Kind kleiner einschätzen, als er / sie wirklich ist – unabhängig davon, wie alt das Kind ist. Sobald ein neues Baby geboren ist, endet diese Illusion und die Eltern sehen zum ersten Mal das ehemalige Jüngste in seiner wahren Größe“. Dadurch würde nun die Fehleinschätzung der Eltern in Hinblick auf Größe und Wachstum des Kindes reguliert – da jedoch nach dem „Nesthäkchen“ kein Geschwisterchen mehr folgt, bleibe der Effekt bei den Jüngsten also aus, so die Folgerung der Wissenschaftler.
Auch Größe von Einzelkindern wird falsch eingeschätzt
Das Gleiche gelte den Wissenschaftlern nach auch bei Einzelkindern – denn auch hier gäbe es ja kein nachkommendes Geschwisterkind, welches für ein Ende der "Baby- Illusion" sorgen könne. Dementsprechend verschätzten sich auch die Einzelkind-Mütter bei der Größe ihrer Kinder – wobei die falsche Wahrnehmung unabhängig von Geschlecht und Alter der Kinder auftrat, so die Forscher weiter.
Mütter verschätzen sich im Schnitt um 7,5 Zentimeter
In einem weiteren Schritt hatten die Wissenschaftler untersucht, wie ausgeprägt die Fehleinschätzungen Müttern war, deren jüngstes Kind zwischen zwei und sechs Jahre alt war. Die Frauen wurden gebeten, die angenommene Größe ihrer Kinder an einer Wand zu markieren – was zu erstaunlichen Ergebnissen führte: Denn während die Annahmen für die älteren Kinder weitgehend richtig war, schätzten die Mütter die Körpergröße ihrer „Nesthäkchen“ im Durchschnitt um 7,5 Zentimeter kleiner ein als sie tatsächlich war. „Die Baby Illusion ist ein echter und häufig auftretender Effekt, der unser Verständnis darüber umgestaltet, inwiefern infantile Funktionen elterliche Pflege und Behandlung motiviert.“ (nr)
Bild: Helene Souza / pixelio.de
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