Wann und wie Eltern ihre Kinder aufklären
26.12.2013
Eltern sind oft unsicher bezüglich der Aufklärung ihrer Kinder. Wann ist der Nachwuchs soweit? Wie sollen die Gespräche über Sex gestaltet werden? Experten raten zu einer möglichst frühen Aufklärung und meinen, Eltern müssen nicht immer zu detailliert erklären.
Eltern und Kinder unsicher beim Thema Aufklärung
Eltern sind in Bezug auf die sexuelle Aufklärung ihres Nachwuchses oft ähnlich unsicher wie die Kinder selbst. Die Befürchtungen bezüglich des Sexlebens der Jugendlichen seien oft groß. „Es gibt heute den weit verbreiteten Mythos, Jugendliche hätten immer früher Sex. Die vorliegenden Daten der letzten 30 Jahre bestätigen dies jedoch nicht“, so Silja Matthiesen, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und Leiterin der sexualpädagogischen Abteilung von Pro Familia.
Aufklärung so früh wie möglich
Eltern könnten sich in dieser Hinsicht also entspannen, doch beim Thema Aufklärung stünden sie in der Pflicht. „Aufklärung kann nicht früh genug beginnen“, meint Heike Kramer, Ärztin und Vorstandsmitglied der Ärztlichen Gesellschaft zur Gesundheitsförderung der Frau (ÄGGF). Sie betont, dass die Eltern dann ins Spiel kommen, wenn die Hormone loslegen und die Jugendlichen von ihren Gefühlen überrollt werden, denn dann brauchen sie ein gutes Polster von Informationen, auf das sie zurückgreifen können. Für die Entwicklung von Sexualität sei prägend, wie die Eltern miteinander und mit dem Kind von Geburt an umgehen. Unter anderem gehöre dazu, die von Kindern gestellten Fragen in einer altersgerechten Sprache, jedoch mit den richtigen Begriffen zu beantworten. Dabei solle aber nicht über das Gefragte hinausgegangen und gleich alles erklärt werden.
Schamgrenzen respektieren und schützen
Ganz wichtig dabei sei es, sowohl die Schamgrenzen des Kindes zu respektieren, als auch die eigenen Schamgrenzen zu schützen. So müssten Eltern weder intime Details von sich preisgeben, noch ihren Nachwuchs dazu drängen, über intime Themen mit ihren Eltern zu sprechen. „Wenn Kinder von sich aus nicht fragen, kann man auch ein Buch zu Hause liegen haben“, so Kramer. Die Heranwachsenden sollten das Gefühl haben, dass ihre Eltern gesprächsbereit sind und für Mädchen sei es gut zu wissen, dass sie sich mit Fragen zur Verhütung an eine Frauenärztin wenden können. Dies gegebenenfalls auch ohne die Mutter, jedoch mit dem Vertrauen der Eltern.
Pille schützt vor Teenagerschwangerschaften
Die Vorstellungen von Eltern und ihrem Nachwuchs gehen in der Praxis jedoch häufig auseinander. „Wir erleben immer wieder, dass Eltern eine frühe Verhütung nicht gutheißen und befürchten, dass die Jugendlichen dann früher Geschlechtsverkehr haben“, so die Vorstandsvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendgynäkologie in Deutschland, Patricia G. Oppelt. Allerdings gebe es für diese Befürchtung keinen Grund, denn Jugendliche seien mit einer sicheren Verhütung wie der Pille einfach besser vor Teenagerschwangerschaften geschützt.
Risiko beim ersten Mal erhöht
Bem ersten Mal sei das Risiko, schwanger zu werden jedoch grundsätzlich deutlich erhöht: „Und zwar bei jedem ersten Mal mit einem neuen Partner“, so Matthiesen. Viele seien gerade dann über das Ereignis überrascht, mit der Verhütung noch ungeübt oder haben noch nicht gemeinsam über das Thema gesprochen. Die Sexualforscherin erklärt dazu: „Verhütung zu lernen, das ist ein Prozess − und da passieren auch Pannen.“ In einem solchen Fall sei es wichtig, eine Strategie zur Hand zu haben. Und auch dabei werden Mutter und Vater wichtig, denn die Jugendlichen sollten wissen, dass ihnen von den Eltern nicht noch zusätzlich Vorhaltungen gemacht werden, sondern vielmehr Unterstützung unterbreitet wird.
Jährlich 10.000 Teenagerschwangerschaften
In Deutschland werden jährlich etwa 10.000 Teenagerschwangerschaften festgestellt. Davon bringen etwa 4.000 bis 5.000 Mädchen ein Kind zur Welt. Etwa die gleiche Anzahl von Mädchen bricht die Schwangerschaft ab, berichtete Dr. Ulrich Fegeler, Bundespressesprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte im vergangen Jahr. Grundsätzlich würde die Zahl der Abtreibungen von Teenagern aber zurückgehen.
Gemeinnützige Organisationen helfen Teenagern
Haben Teenager Schwierigkeiten dass Thema einer ungewollten Schwangerschaft mit ihren Eltern zu besprechen, bieten gemeinnützige Organisationen, wie zum Beispiel Pro Familia Unterstützung an. Sie versuchen, Teenagern in schwierigen Situationen, wie bei ungewollten Schwangerschaften zu helfen und bieten darüber hinaus zu allen Fragestellungen rund um die Themen Sexualität, Schwangerschaft, Partnerschaft und Familienplanung kostenlose Beratungen an. Kinder und Jugendliche haben so die Gelegenheit, ohne ihre Eltern, unabhängige Informationen von Fachleuten zu bekommen. Dies ist besonders hilfreich für Jugendliche, denen es unangenehm oder peinlich ist, diese Themen mit ihren Eltern zu besprechen. Bei unabhängigen Organisationen wie Pro Familia werden die Heranwachsenden ernst genommen und können ihre Sorgen und Ängste mit Fachleuten besprechen. (ad)
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