Viele Kleinkinder leiden unter frühkindlichen Zahnschäden
07.02.2014
Karies bei Kleinkindern ist entgegen dem allgemeinen Kariesrückgang in der Bevölkerung ein verstärkt auftretendes Phänomen, berichteten die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) auf einer gemeinsamen Pressekonferenz. Die Eltern würden von sich aus oftmals erst deutlich zu spät einen Zahnarzt aufsuchen und es fehle an zahnmedizinische Früherkennungsmaßnahmen insbesondere vor dem 30. Lebensmonat, so die Kritik der Experten.
Um dem Karies bei Kleinkindern effizient entgegenzuwirken haben die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und die Bundeszahnärztekammer gemeinsam mit dem Bundesverband der Kinderzahnärzte (BuKiZ), dem Deutschen Hebammenverband (DHV) und unter wissenschaftlicher Begleitung der Universität Greifswald ein Versorgungskonzept entwickelt, das heute in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der Vorstandsvorsitzende der KZBV, Dr. Wolfgang Eßer, erklärte, dass „bisher zahnmedizinische Früherkennungsmaßnahmen in der Gesetzlichen Krankenversicherung erst ab dem 30. Lebensmonat vorgesehen“ sind, was eindeutig zu spät sei. Hier forderte der Experten „eine dental-präventive Betreuung durch den Zahnarzt vom ersten Milchzahn an.“
Mangelnde Mundhygiene als Ursache für Milchzahnkaries
Den Angaben der KZBV zufolge gilt „Karies als häufigste chronische Erkrankung bei Kindern im Vorschulalter.“ Während sich die Zahngesundheit bei Erwachsenen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verbessert habe, sei Karies bei Kleinkindern ein wachsendes Problem. Expertenschätzungen gehen davon aus, das bis zu 15 Prozent der Kleinkinder an Milchzahnkaries leiden. Hier besteht erhöhter Handlungsbedarf, betonten die Fachleute der BZÄK, KZBV, des BuKiZ und des DHV auf ihrer gemeinsamen Pressekonferenz. Als wesentliche Ursache für die frühkindlichen Zahnschäden nannten die Experten das mangelnde Wissen vieler Eltern über eine angemessene Mundhygiene, aber auch das Nuckeln an der Saugflasche mit Fruchtsäften oder gesüßtem Tee. Susanne Steppat, Präsidiumsmitglied des DHV, erläuterte, dass Mütter sich „nach der Geburt besonders stark für Informationen interessieren, die die Gesundheit ihrer Babys betreffen. Die Erfahrungen der Hebammen zeigen jedoch, dass die Mütter dabei zu selten an die Mundhygiene denken.“
Beeinträchtigungen der Sprachentwicklung und der bleibenden Zähne möglich
Die Konsequenzen der vernachlässigten Mundhygiene können Professor Christian Splieth von der Universität Greifswald zufolge durchaus weitreichend sein, denn Milchzahnkaries führt schlimmstenfalls dazu, dass schon bei Kleinkindern Zähne verloren gehen beziehungsweise gezogen werden müssen. Neben der Schmerzen, die unmittelbar mit dem Karies einhergehen, werde bei einem frühen Verlust der Milchzähne gegebenenfalls auch das Kauvermögen, die Sprachentwicklung und die Entwicklung der bleibenden Zähne beeinträchtigt, erläuterte der Experte. „Die Lebensqualität von Kindern und Eltern wird durch die Nuckelflaschenkaries erheblich eingeschränkt“, so das Fazit von Prof. Splieth.
Früherkennungsuntersuchungen für Kleinkinder gefordert
Ein Ansatz zur Vermeidung des Karies bei Kleinkindern ist laut Angaben von Susanne Steppat (DHV) eine stärkere Thematisierung der Zahngesundheit bei Müttern in der Schwangerschaft und eine Verbesserung des Informationsangebotes zur Vorsorge nach der Geburt des Kindes. In ihrem gemeinsam entwickelten Konzept fordern die Experten unter dem Titel „Frühkindliche Karies vermeiden“, dass für „Kleinkinder zwischen dem 6. und 30. Lebensmonat drei systematische zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen“ eingeführt und im „gelben Heft“ für ärztliche Kinder-Untersuchungen dokumentiert werden. Diese Früherkennungen sollen „präventive und gesundheitserzieherische Maßnahmen umfassen.“ Die Kosten sollen die Krankenkassen tragen, welche sich bislang von dem Ansatz jedoch nicht gänzlich überzeugt zeigen.
Allen Kindern sollen mit dem neuen Konzept „die gleichen Chancen auf ein zahngesundes Leben“ eröffnet werden, berichtet die KZBV. Professor Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK, erläuterte zu der Zielstellung des neuen Konzeptes: „Wir haben ein ambitioniertes Ziel. Im Jahr 2020 sollen 80 Prozent der 6-Jährigen kariesfrei sein.“ Mit dem entwickelten Ansatz würden der Gesundheitspolitik und den Krankenkassen mögliche Lösungswege für das bestehende Versorgungsproblem aufgezeigt. (fp)
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