Regierung will Steuerzuschuss für Krankenkassen kürzen
06.03.2014
Die deutsche Bundesregierung plant weitere Kürzungen der Zuschüsse zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Milliardenhöhe. Die gesetzlichen Krankenkassen, Sozialverbände, Gewerkschafter sowie die Oppositionsparteien üben daran Kritik.
Zuschüsse werden vorübergehend kräftig gedrosselt
Die deutsche Bundesregierung plant, die Milliardenzuschüsse an die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) vorübergehend kräftig zu drosseln. Der Bundeszuschuss soll angesichts des großen Finanzpolsters der GKV im kommenden Jahr um 2,5 auf 11,5 Milliarden Euro gekürzt werden, wie das Gesundheitsministerium in Berlin erklärte. Ziel sei es, einen ausgeglichenen Bundeshaushalt ohne neue Schulden zu erreichen. Krankenkassen, Sozialverbände und die Opposition kritisieren das Vorhaben.
Ab 2017 soll der Bundeszuschuss dauerhaft erhöht werden
Dem Gesundheitsministerium zufolge hat die GKV bis Ende 2013 ein Polster von 30,3 Milliarden Euro angesammelt, davon 13,6 Milliarden beim Gesundheitsfonds und 16,7 Milliarden bei den Kassen. „Das ist ein sehr solides Polster“, meint Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). „Wir können es uns deshalb leisten, aus dieser Reserve im Jahr 2015 vorübergehend Geld zur Haushaltskonsolidierung zur Verfügung zu stellen.“ Im laufenden Jahr sollen wie geplant, nur 10,5 Milliarden Euro aus Steuermitteln an die Krankenversicherung fließen. Für 2016 sind 14 Milliarden geplant und laut Gröhe wurde mit Bundesfinanzminister Wolgnag Schäuble (CDU) vereinbart, als Ausgleich dafür den Bundeszuschuss ab 2017 „dauerhaft“ auf 14,5 Milliarden Euro zu erhöhen.
Gesundheitsminister und Finanzminister einig
Wie Gröhe sagte, habe er in den Etatverhandlungen klargemacht, dass das Geld, welches 2015 zur Haushaltsentlastung zur Verfügung gestellt werde, wieder in den Gesundheitsfonds zurückfließen müsse. „Da bin ich mir mit dem Finanzminister einig.“ Auf die Beiträge hätten die Pläne keine Auswirkungen, da den Kassen auch 2014 und 2015 die vollen 14 Milliarden aus dem Fonds zur Verfügung stünden. Dies solle aus den Fonds-Reserven finanziert werden.
Beschleunigungsprogramm für Beitragserhöhungen
Dr. Doris Pfeiffer, Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands warnte hingegen: „Den Bundeszuschuss zu kürzen wäre ein Beschleunigungsprogramm für Beitragserhöhungen.“ Spätestens 2015 gehe die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben wieder auf. Laut bisherigen Experteneinschätzungen müssen die Kassenmitglieder in drei Jahren mit Zusatzbeiträgen von rund 1,5 Prozent des Einkommens rechnen. Wie Pfeiffer betonte, diene der Bundeszuschuss der Mitfinanzierung versicherungsfremder Leistungen wie der beitragsfreien Versicherung der Kinder. Die Kassen geben für solche Familienleistungen jährlich mehr als 20 Milliarden Euro aus.
Kritik von Sozialverbänden und Gewerkschaften
Kritik kam auch vom Verband der Ersatzkassen (VDEK), der unter anderem mit der Techniker Krankenkasse (TK) und der Barmer GEK die beiden größten Kassen vertritt. Die Verbandschefin Ulrike Elsner nannte die Kürzungen „nicht akzeptabel“ und dass diese „den finanziellen Druck auf die Krankenkassen“ erhöhen werden. Sie meinte außerdem, die Pläne zeigten, „wie beliebig der Gesetzgeber mit versprochenen Steuerzuschüssen umgeht.“ Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte, statt in die Sozialkassen zu greifen, müsse die Bundesregierung zur Haushaltskonsolidierung endlich Reiche stärker besteuern und der Sozialverband Deutschland (SoVD) warf der Regierung eine „wahllose Kürzungsorgie zu Lasten der gesetzlich Krankenversicherten“ vor. Auch von den Gewerkschaften kam Kritik. So sprach DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach von einem „Raubzug des Bundes durch die Kassen der Sozialversicherungsträger.“
Oppositionsparteien einig in der Ablehnung
Auch die Oppositionsparteien sparten nicht an Kritik. So bezeichneten Bündnis 90/Die Grünen die „haushaltspolitischen Tricksereien“ der Regierungskoalition als schamlos. In einer Erklärung der Grünen hieß es: „Es geht einzig und allein darum, auf die Schnelle Mittel für den Bundeshaushalt locker zu machen.“ Auch die Liberalen reagierten scharf. FDP-Präsidiumsmitglied Dr. Volker Wissing meinte, die Kürzungen seinen nichts anderes „als eine Zweckentfremdung der Beitragsgelder der Beschäftigten zur Staatsfinanzierung.“ Und der gesundheitspolitische Sprecher der Links-Fraktion, Harald Weinberg erklärte, wenn dem GKV-System sechs Milliarden Euro entzogen werden, würden „die Versicherten nächstes Jahr davon jeden einzelnen Euro ohne Beteiligung der Arbeitgeber an ihre Krankenkasse abführen müssen.“ Diese seien für jeden der rund 50 Millionen Beitragszahler 120 Euro. (sb)
Bild: Thomas Siepmann / pixelio.de
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