Forscher identifizieren ein Gen, das dick macht
14.03.2014
Ein internationales Forscherteam hat die genetische Ursache für Fettleibigkeit entdeckt. Das Gen IRX3 spielt eine maßgebliche Rolle bei der Entwicklung von Übergewicht, berichten die Wissenschaftler um Marcelo Nóbrega vom Institut für Humangenetik an der Universität von Chicago im Fachmagazin „Nature“. Die Forscher haben in Versuchen mit Mäusen festgestellt, dass die Nager bei fehlendem IRX3 Gen 25 bis 30 Prozent weniger wogen, als ihre Artgenossen mit aktivem IRX3 Gen.
Trotz fettreicher Diät hätten die Tiere nicht zugenommen und zudem waren sie „resistent gegen Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und hatte mehr Energie verbrennende Zellen, bekannt als braunes Fettgewebe“ schreiben die Wissenschaftler. Auch beim Menschen sei ein entsprechender Zusammenhang des Risikos für Adipositas mit dem IRX3 Gen zu erwarten.
Bereits im Jahr 2007 identifizierten mehrere Genomstudien Mutationen in einem Gen namens FTO, die stark mit einem erhöhten Risiko für Adipositas und Typ-2-Diabetes bei Menschen im Zusammenhang zu stehen schienen. In den nachfolgenden Studien konnte die Verbindung zwischen dem Gen und der Körpermasse bestätigt werden, so dass Marcelo Nóbrega und Kollegen dachten, hier läge die genetische Ursache der Fettleibigkeit. Doch blieben Zweifel, da sich bei weiteren Untersuchungen einige Unstimmigkeiten auftaten. So seien die Mutationen in Abschnitten des FTO Gens aufgetreten, die einige Elemente enthielten, welche spezifisch für die Regulation des Lungengewebes waren – „einem der wenigen Geweben, in denen FTO nicht exprimiert wird“, berichten die Wissenschaftler. Doch dies war nicht die einzige rote Flagge. So hätten anschließende Studien keine Verbindung zwischen den Adipositas-assoziierten Mutationen und der Expression von FTO ergeben, erläuterte Marcelo Nóbrega.
Entdecktes Gen steuert den Energiestoffwechsel und das Essverhalten und könnte Fettleibigkeit begünstigen
Daher erweiterten Nóbrega und Kollegen ihr Suchfeld und überprüften mögliche Auswirkungen der FTO-Mutationen auf die angrenzenden Gene. Sie entdeckten in Untersuchungen an Zebrafischen, Mäusen und menschlichen Zellen Veränderungen bei IRX3, einem Gen, das auf dem Genom über eine halbe Million Basenpaare von FTO entfernt liegt. „IRX3 codiert einen Transkriptionsfaktor, der die Expression anderer Gene bestimmt, und ist stark im Gehirn vertreten, wo es eine wichtige Rolle bei der Regulation des Energiestoffwechsels und des Essverhaltens spielt“, berichten die Forscher im Fachmagazin „Nature“.
IRX3 durch Mutationen des FTO Gens beeinflusst
Inês Barroso, Genetikerin am Wellcome Trust Sanger Institute in Hinxton (Großbritannien) betont in dem aktuellen Artikel, dass die Arbeit von Nóbrega und Kollegen einige der Fragen rund um den entdeckten biologischen Link zwischen FTO und dem Adipositas-Risiko beantworte. Bei genomweiten Assoziationsstudien (GWAS ) bestehe immer das Problem, dass zwar mögliche Assoziationen aufgedeckt werden, aber dies lediglich Marker auf dem Genom sind, die nichts darüber aussagen, welche Gene tatsächlich betroffen werden. Die aktuellen Ergebnisse deuten stark darauf hin, dass die Körpermasse durch IRX3 und nicht durch FTO bestimmt wird, so Barroso weiter.
Unerwartete Wechselwirkungen zwischen weit auseinanderliegenden Genen
Nóbrega selbst erklärte, dass dieses Beispiel von unerwarteten Wechselwirkungen zwischen entfernten Genen bei genetischen Assoziationsstudien künftig stärker Berücksichtigung finden sollte. Es könne viele andere Fälle geben, in denen Forscher das falsche Gen studieren und quasi Geister jagen. Die Wissenschaftler hoffen, dass der entdeckte Zusammenhang zwischen dem Gen IRX3 und dem Adipositas-Risiko die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze gegen Übergewicht und Fettleibigkeit ermöglicht. (fp)
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
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