Armut macht krank und verringert die Lebenserwartung
14.03.2014
Armut führt nicht nur zu sozialer Benachteiligung, sondern hat auch maßgeblichen Einfluss auf die Gesundheit und die Lebenserwartung, so eine der Kernaussagen auf dem laufenden 18. Kongress Armut und Gesundheit an der Technischen Universität (TU) Berlin. Auf der Pressekonferenz im Vorfeld des Kongresses informierten Experten wie Dr. Thomas Lampert vom Robert Koch-Institut (RKI), Professor Dr. Rolf Rosenbrock (Vorstandsvorsitzender des Gesundheit Berlin-Brandenburg e.V.), Cornelia Prüfer-Storcks (Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz Hamburg) und Jürgen Graalmann (Vorstand des AOK-Bundesverbandes) über die Zusammenhänge zwischen der Armut und Gesundheitsrisiken.
„Jedes siebte Kind unter 15 Jahren lebt von der Grundsicherung nach SGB II (Hartz-IV)“, die derzeit bei 255 Euro liegt, heißt es in der Pressemitteilung anlässlich des Kongresses. Im Jahr 2012 waren demnach circa 1,6 Millionen Kinder und Jugendliche betroffen. „Ihr Gesundheitszustand ist häufig schlechter als der ihrer Altersgenossen/innen“, berichten die Experten weiter. Auf dem Kongress wollen Akteure aus Wissenschaft, Politik, Praxis und Zivilgesellschaft die gesundheitlichen Auswirkungen der Armut gemeinsam diskutieren und entsprechende Lösungsstrategien entwickeln. Fest stehe, dass sozial benachteiligte Menschen ein höheres Krankheitsrisiko und eine geringere Lebenserwartung haben. Bei den Kindern seien insbesondere diejenigen aus kinderreichen Familien oder aus Haushalten von Alleinerziehenden in Deutschland von Armut betroffen. „Jedes elfte Kind in Armut erfährt alltägliche Entbehrungen wie fehlende regelmäßige Freizeitaktivitäten und keine tägliche warme Mahlzeit“, so die Aussage in der Pressemitteilung zu dem 18. Kongress Armut und Gesundheit.
Anhand der Daten aus dem sogenannten Sozio-oekonomische Panel (SOEP) haben Dr. Thomas Lampert und Kollegen vom RKI die statistischen Zusammenhänge zwischen dem Einkommen und dem Mortalitätsrisiko sowie der Lebenserwartung aufgedeckt. Dabei ergab sich, „dass Frauen und Männer, deren Einkommen unterhalb der Armutsrisikogrenze liegen, ein im Verhältnis zur höchsten Einkommensgruppe um das 2,4- beziehungsweise 2,7-Fache erhöhtes Mortalitätsrisiko“ aufweisen. So würden beispielsweise lediglich 84 Prozent der Frauen, die in relativer Armut leben, das 65. Lebensjahr erreichen, während 93 Prozent der relativ wohlhabenden Frauen diese Altersgrenze bewältigen. Bei den armen Männer erleben sogar nur 69 Prozent das 65. Lebensjahr, wohingegen 87 Prozent der Männer aus der hohen Einkommensgruppe älter als 65 Jahre werden, berichtet das RKI. Mit steigendem Einkommen nehme die Chance, 65 Jahre oder älter zu werden, sukzessive zu.
Anhand der mittlere Lebenserwartung bei Geburt werde die Auswirkung des Einkommens auf die Gesundheit noch deutlicher, schreiben die Experten des RKI. Hier habe die Differenz zwischen der niedrigsten und höchsten Einkommensgruppe bei Frauen 8,4 Jahre und bei Männern 10,8 Jahre betragen. „Betrachtet man nur die gesunde Lebenserwartung, d. h. die Lebensjahre, die in sehr gutem oder gutem allgemeinen Gesundheitszustand verbracht werden, macht der Unterschied zwischen der niedrigsten und höchsten Einkommensgruppe sogar 13,3 Jahre bei Frauen und 14,3 Jahre bei Männern aus“, berichtet das RKI weiter. Professor Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes und Vorsitzender von Gesundheit Berlin-Brandenburg, betonte, dass die Fakten dringenden Handlungsbedarf vermitteln. Im Hinblick auf mögliche Benachteiligungen der in Armut lebenden Kinder erklärte Rosenbrock: „Wir brauchen mehr gesundes und bezahlbares Mittagessen in Schulen, flächendeckend Kindertageseinrichtungen, Familienhebammen, die die Eltern frühzeitig erreichen und ausreichend niedrigschwellige Angebote der Gesundheitsförderung.“
Die Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Prof. Dr. Elisabeth Pott, machte deutlich, dass sie die Kommunen als entscheidende Handlungsebene beim Kampf gegen die gesundheitlichen Folgen der Armut bewertet. Mit dem Partnerprozess „Gesund aufwachsen für alle!“, der auf bundesweit abgestimmten Handlungsempfehlungen aufbaut, solle der Austausch zwischen den Kommunen zur Prävention und Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten gefördert werden. Auch zeige die Initiative Möglichkeiten auf, wie bestehende Strukturen in Zukunft besser genutzt werden können, um sozial benachteiligte Kinder besser aufzufangen. (fp)
Bild: Initiative Echte Soziale Marktwirtschaft (IESM) / pixelio.de
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