Forscher identifizieren genetische Ursache der Schusseligkeit
18.03.2014
Schusseligkeit und Vergesslichkeit kann genetische Ursachen haben. Wissenschaftler der Universität Bonn entdeckten einen Zusammenhang zwischen den alltäglichen kognitiven Beeinträchtigungen und dem Gen „DRD2“. Bestimmte Varianten des Gens würden dazu führen, das die betroffenen Menschen sich leichter ablenken lassen und deutlich häufiger Momente erleben, die mangelnder Aufmerksamkeit geschuldet sind, berichtet die Universität Bonn in einer aktuellen Pressemitteilung.
Den aktuellen Erkenntnissen der Bonner Psychologen zufolge lassen sich alltägliche Schusseligkeiten wie das Verlegen des Hausschlüssel oder das Vergessen von Namen mitunter auf eine genetische Ursache zurückführen. „Solche kurzzeitigen Aussetzer sind weit verbreitet, doch bei manchen Menschen treten sie besonders häufig auf“, erklärte Professor Dr. Martin Reuter von der Abteilung Differentielle und Biologische Psychologie der Universität Bonn. Die Betroffenen verfügen oftmals über eine spezielle Erbgutvariante, die als Ursache für die kurzfristigen Aufmerksamkeitsdefizite und Schusseligkeiten zu bewerten ist, berichtet die Universität Bonn.
DRD2 die Ursache für Schusseligkeit
Den Angaben des Erstautors der aktuellen Studie, Dr. Sebastian Markett, zufolge hat die „familiäre Häufung der Fehleranfälligkeit vermuten (lassen), dass bei diesen Aussetzern genetische Einflüsse vorliegen.“ Zudem seien bereits vor einiger Zeit im Labor Hinweise dafür gefunden worden, dass das sogenannten „Dopamin D2 Rezeptor-Gen“ (DRD2) an der Vergesslichkeit beteiligt ist, berichtet die Universität Bonn weiter. DRD2 spiele eine entscheidende Rolle bei der Signalweiterleitung in die Stirnlappen. Diese Strukturen seien „mit einem Dirigenten vergleichbar, der das Gehirn als Orchester koordiniert“, betonte Dr. Markett und ergänzte, dass das DRD2-Gen dabei den Taktstock bilde, „weil es an der Dopaminbindung im Gehirn beteiligt ist.“ Gebe der Taktstock zwischendurch den falschen Tempus vor, komme das ganze Orchester durcheinander. Die Folge sind kurzfristige Konzentrationsschwächen und Schusseligkeiten.
Unterschied bei lediglich einer Base des Gens
Insgesamt 500 Frauen und Männer haben die Wissenschaftler nach eigenen Angaben getestet, „indem sie ihnen eine Speichelprobe entnahmen und dies anschließend molekularbiologisch untersuchten.“ Zwar sei jeder Mensch Träger des DRD2-Gens, dies könne allerdings in zwei Varianten vorliegen, „die sich nur in einer einzigen Base im genetischen Code unterscheiden.“ So verfüge eine Variante an einer Stelle über die Nukleinbase Cytosin, bei der anderen Variante komme stattdessen Thymin vor. Die Auswertung der Laboruntersuchungen habe gezeigt, dass rund ein Viertel der Probanden ausschließlich über das DRD2-Gen mit der Nukleinbase Cytosin verfügt, drei Viertel indes einem Genotyp mit mindestens einer Thyminbase angehören. In den anschließenden Untersuchungen überprüften die Forscher, ob die unterschiedliche Ausprägung des Gens auch Auswirkungen auf das alltägliche Verhalten mit sich bringt.
Auswirkungen des DRD2-Gens auf das Gedächtnis und die Aufmerksamkeit
In einem Fragebogens sollten die Probanden angeben, „wie häufig es bei ihnen zu bestimmten Schusseligkeiten kommt.“ Auch wurde abgefragt, wie leicht sich die Testpersonen von ihren eigentlichen Aufgaben ablenken lassen und wie lange sie sich konzentrieren können. „Die Ergebnisse zeigen, dass solche Funktionen wie Aufmerksamkeit und Gedächtnis bei der Thymin-Genvariante geringer ausgeprägt sind als beim Cytosin-Typ“, berichtet die Universität Bonn. „Der Zusammenhang ist deutlich: Solche Aussetzer lassen sich zum Teil an dieser Genvariante festmachen“, betonte Erstautor Dr. Markett und ergänzte: „Dieses Ergebnis deckt sich sehr gut mit den Resultaten anderer Studien.“
Gene keine Rechtfertigung für Schusseligkeit
Allerdings sehen die Forscher in der genetischen Ursache der Schusseligkeit keine Rechtfertigung für letztere. Denn „gegen Vergesslichkeit lässt sich etwas tun: Man kann sich Merkzettel schreiben oder mehr anstrengen, den Haustürschlüssel nicht irgendwo, sondern an einen bestimmten Platz aufzubewahren“, erläuterte Dr. Markett. Wer die eigenen Schwächen kennt, könne sich Strategien für die unterschiedlichen Lebenslagen zurechtlegen, um besser mit seiner Schusseligkeit und Konzentrationsschwäche zurechtzukommen. (fp)
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