Zunge kann schnell zu einer lebensbedrohlichen Gefahr werden
08.04.2014
Die Zunge hat vielfältige Aufgaben, indem sie unter anderem die Schluckbewegung anregt, über feine Geschmacks- und Tastsensoren verfügt und maßgeblich an der Lautbildung beim Sprechen beteiligt ist. Doch neben diesen wichtigen und positiven Funktionen kann die Zunge auch schnell „verschluckt“ werden bzw. so weit in den Rachen zurückfallen, dass sie im Ernstfall schnell zu einer lebensbedrohlichen Gefahr werden kann.
Organ mit vielfältigen Funktionen
Bei der Zunge handelt es sich um ein von Schleimhaut überzogenes Muskelorgan, welches zum oberen Verdauungstrakt zählt und bei geschlossenen Kiefern die Mundhöhle nahezu komplett ausfüllt. Dieser Muskelkörper hat vielfältige Funktionen, wie zum Beispiel die Geschmackserkennung, das „Abtasten“ von Nahrung auf Fremdkörper wie Fischgräten oder Knochensplitter hin oder die Beförderung des Nahrungsbreis in den Rachen, damit er anschließend heruntergeschluckt werden kann. Neben dem nimmt die Zunge eine wichtige Rolle beim Sprechen ein, denn viele Laute bzw. Buchstaben (z.B. "t", "d" und das gerollte "r") könnten ohne sie gar nicht gebildet werden.
Ukrainischer Fußballspieler „verschluckt“ seine Zunge nach Zusammenprall mit Gegenspieler
Doch neben all den positiven Funktionen kann die Zunge auch zu einer echten Gefahr werden, indem diese zu weit nach hinten fällt und dadurch die Atemwege versperrt. Besonders groß ist die Gefahr bei Bewusstlosigkeit, aber auch übermäßiger Alkoholkonsum kann dazu führen, dass die Zunge außer Kontrolle gerät. Auch im Sport kann es zu einer solchen Situation kommen, beispielsweise, wenn im Fußball zwei Spieler ungebremst ineinanderlaufen. Dies war in der letzten Woche dem ukrainischen Fußballer Oleg Gusev (30) vom Erstligisten Dynamo Kiew passiert, der in der 20. Minute im Spiel gegen Dnipro Dnipropetrovsk mit dem Torwart der gegnerischen Mannschaft zusammenprallte und dabei seine Zunge „verschluckte“.
Bei Bewusstlosigkeit droht Erstickungstod durch versperre Atemwege
Gusew war nach dem Zusammenstoß sofort ohnmächtig zu Boden gegangen. Das Spiel ging zunächst weiter, nur ein Dnipro-Spieler bemerkte, dass etwas nicht stimmte, sprintete zu Gusew und zog dessen Zunge wieder hoch. Damit hatte er dem ukrainischen Nationalspieler vermutlich das Leben gerettet, denn bei Bewusstlosigkeit erschlafft die Zungenmuskulatur, wodurch die Zunge in den Rachen fallen und die Atemwege blockieren kann. In der Folge bekommt der Betroffene keine Luft mehr und es droht der Erstickungstod.
Im Notfall zu aller erst Atmung kontrollieren
Dementsprechend betrifft dieses Risiko nicht nur Sportler, stattdessen kann jede Bewusstlosigkeit zu einer großen Gefahr werden – insbesondere dann, wenn der Ohnmächtige auf dem Rücken liegt, und die Zunge durch die Schwerkraft nach hinten in den Rachen rutscht. Daher ist in einem solchen Fall eine besonders schnelle erste Hilfe angesagt, um keine Zeit zu verlieren, die dem Betroffenen das Leben kosten könnte. Wird jemand bewusstlos, sollten Ersthelfer zu aller erst die Atmung kontrollieren und prüfen, ob die Atemwege frei sind. Dafür wird meist die stabile Seitenlage angewendet, um sicher zu gehen, dass die Zunge die Atemwege nicht versperren kann und Flüssigkeiten aus dem Mund-Rachen-Raum abfließen können.
„Esmarcher Handgriff“ als Alternative zu stabiler Seitenlage
Alternativ kann auch der sogenannte „Esmarcher Handgriff“ eingesetzt werden, bei dem der Kopf überstreckt und der Unterkiefer nach vorne gedrückt und angehoben wird. Hier darf es jedoch im Zuge der Überstreckung keinesfalls zu einer Überstreckung der Halswirbelsäule kommen – denn auch diese könnte bei dem Unfall verletzt worden sein. Zudem darf der Kopf bei Kleinkindern anatomisch bedingt nur minimal nackenwärts gebeugt werden. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, kann die Zunge auch leicht mit der Hand hervorgeholt werden – in jedem Fall sollte außerdem ein Notarzt gerufen werden.
Schnelles Eingreifen kann lebensrettend sein
Im Falle des Fußballers Oleg Gusew war das schnelle Eingreifen des Gegenspielers offenbar ebenfalls lebensrettend: „Ich war bereits mehrmals mit einer solchen Situation konfrontiert, daher wusste ich, was zu tun ist. Einmal half ich einem Kollegen aus der Nationalmannschaft auf diese Weise“, so der Retter Jaba Kankava im Interview mit dem FC Dynamo Kiew.
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.