Stiftung Warentest in der Kritik
05.05.2014
Das gute Image der Stiftung Warentest geriet in den letzten Monaten vor allem wegen dem Testurteil einer „Ritter Sport“-Schokolade unter Druck. Nun kritisieren auch Politiker und Wissenschaftler mangelnde Transparenz und aufgebauschte Gefahren durch die Produkttester. Und das alles zum fünfzigsten Geburtstag der Organisation.
Wegen umstrittener Testurteile in die Kritik geraten
Es gibt in Deutschland nicht viele Organisationen, die bei Verbrauchern so viel Vertrauen genießen wie die Stiftung Warentest. Allerdings gerät das Image als neutrale und unabhängige Stiftung neuerdings ins Wanken. So stehen die Warentester nach einer Reihe umstrittener Testurteile zunehmend in der Kritik. Wie die Zeitung „Welt am Sonntag“ berichtete, diskutieren Wissenschaftler und Politiker darüber, ob die Berliner Produkttester ihre Testergebnisse teilweise zu sehr aufgebauscht und damit Verbraucher verunsichert haben. Der Vizepräsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), Reiner Wittkowski, sagte gegenüber dem Blatt: „Problematisch kann es sein, wenn die Stiftung ihre Testergebnisse so kommuniziert, dass diese zu vermeintlichen Gesundheitsrisiken aufgeblasen werden.“
Streit um ein Schokoladen-Testurteil
Wissenschaftler und Vertreter von Konsumgüterherstellern würden seit Jahren immer wieder diskutieren, ob die Stiftung teilweise zu streng urteile, da sie bei ihren Tests zuweilen schlechte Urteile für Produkte vergebe, in denen nur kleine Mengen an Schadstoffen enthalten seien. Vor einigen Wochen hatte der saarländische Verbraucherschutzminister Reinhold Jost (SPD) nach einem Treffen mit Spielzeugherstellern mehr Transparenz über das Zustandekommen von Testergebnissen angemahnt. „Wenn Wächter wie die Stiftung Warentest hohe moralische Maßstäbe anlegen, müssen sie diese auch gegen sich anlegen lassen“, so Jost. In jüngerer Vergangenheit waren mehrere Fälle publik geworden, in denen andere Institutionen zu deutlich anderen Urteilen kamen als die Stiftung. Allen voran der Streit um ein Testurteil, bei dem die Nuss-Schokolade des Herstellers „Ritter Sport“ nur mit der Note „mangelhaft“ bewertet wurde, sorgte für Aufsehen. Es ging dabei um den Duft- und Aromastoff Piperonal, der in der Schokolade enthalten ist. Im Januar hatte das Landgericht München eine einstweilige Verfügung gegen die Stiftung Warentest bestätigt, derzufolge sie ihr Urteil vorerst zurücknehmen muss. Die Richter hatten zwar die Frage offen gelassen, ob Piperonal ein künstliches oder ein natürliches Aroma ist, hielten jedoch fest, dass der Test „unfair“ gewesen sei.
Bürger haben großes Vertrauen in die Stiftung Warentest
Von den Bundesbürgern wird der Stiftung dennoch offenbar nach wie vor großes Vertrauen entgegen gebracht. Einer am am Wochenende veröffentlichten Umfrage des Public-Relations-Interessenverbandes GPRA zufolge bringen 82 Prozent der Befragten den Warentestern großes oder sehr großes Vertrauen entgegen. Der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) stimmte jedoch der Forderung seines saarländischen Amtskollegen nach mehr Transparenz bei der Stiftung Warentest zu. Er nahm sie aber auch in Schutz und meinte, dass es zu den Aufgaben der Produkttester gehöre, bei Grenzwerten und Normen als „Anwältin der Verbraucher“ politische Diskussionen anzustoßen und somit auch auf niedrigere Grenzwerte hinzuwirken. BfR-Vizepräsident Wittkowski sagte hingegen, dass es seiner Auffassung nach, nicht Aufgabe der Stiftung sei, sich für die Absenkung geltender Grenzwerte einzusetzen.
Fünfzigster Geburtstag der Stiftung
Von Seiten der Stiftung Warentest selbst heißt es dazu, dass man gesetzliche Grenzwerte für Schadstoffe teilweise zu lasch halte. Michael Braungart, wissenschaftlicher Leiter des Hamburger Umweltinstituts, kritisierte solche Veröffentlichungen. Er meinte, die Stiftung schüre „Ängste unter den Verbrauchern, die teils völlig unberechtigt sind.“ Im Gegensatz dazu sagte Stiftung-Warentest-Vorstand Hubertus Primus, dass er nicht finde, dass die Stiftung zu stark skandalisiere. Eher im Gegenteil: „Gerade bei ‘mangelhaft’-Urteilen gehen wir ganz sicher, dass die Testergebnisse stimmen und gerechtfertigt sind. Wir orientieren uns immer daran, was der Verbraucher von einem Produkt erwartet.“ Die ganze Kritik kommt ausgerechnet zum fünfzigsten Geburtstag der Stiftung Warentest. 1966 erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift „DER test“. Ihren eigenen Angaben zufolge hat die Stiftung seit ihrer Gründung in mehr als 5.000 Tests etwa 100.000 Produkte geprüft. (sb)
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