EU-Urteil: Deutschland muss Grenzwerte für Spielzeug ändern
15.05.2014
Die Grenzwerte für Schadstoffe in Spielzeugen sind in Deutschland offenbar zu lasch und müssen an europäische Normen angepasst werden. Dies geht aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes hervor. Die Reaktionen darauf fallen unterschiedlich aus.
Deutsche Grenzwerte schlechter als EU-Werte
Der Europäische Gerichtshof (EuG) hat entschieden (Rechtssache T-198/12), dass Deutschland die Grenzwerte für Schadstoffe in Spielzeugen anpassen muss. Den Luxemburger Richtern zufolge sind die Vorgaben hierzulande nicht streng genug. Wie aus einem Datenvergleich „klar hervor“ gehe, seien die deutschen Grenzwerte überwiegend schlechter als die EU-Werte. Von Seiten des Bundesverbraucherschutzministerium (BMEL) hieß es, dass das Urteil nun sehr genau geprüft werde, da es dem Ministerium um ein hohes Schutzniveau gehe. Der zuständige Minister Christian Schmidt (CSU) sagte: „Es war wichtig und richtig, dass Deutschland mit allen rechtlichen Mitteln gekämpft hat, um die Gesundheit der Kinder zu schützen. Dies hat für uns höchste Priorität.“ Er ließ offen, ob Deutschland nach der Niederlage Rechtsmittel einlegt und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) als nächsthöhere Instanz anruft.
Deutschland hat höheren Schutz nicht nachgewiesen
Die Europäische Union hatte 2009 in ihrer Spielzeugrichtlinie neue Grenzwerte festgelegt. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung urteilte, dass die neue EU-Spielzeugrichtlinie zu einer Erhöhung der bestehenden Grenzwerte führen werde. Deutschland stimmte jedoch damals gegen diesen Beschluss und beantragte zugleich, die nationalen Grenzwerte beibehalten zu dürfen. Begründet wurde dies mit dem Argument, dass Kinder dadurch besser geschützt sind. Das EuG sieht dies allerdings anders und ist bei seiner Bewertung zu dem Ergebnis gekommen, dass Deutschland nicht nachgewiesen hätte, dass die bestehenden Grenzwerte einen höheren Schutz gewährleisten als die neuen europäischen Grenzwerte. In der EU-Richtlinie stehen insgesamt 57 Grenzwerte – entsprechend der Kategorisierung je drei für insgesamt 19 Substanzen. In Deutschland wurden hingegen bislang lediglich acht Schadstoffe unterschieden. Der Geschäftsführer des Deutschen Verbands der Spielwarenindustrie (DVSI), Ulrich Brobeil, meinte: „Die EU-Richtlinie ist differenzierter und wissenschaftlich genauer.“
Eine unglückliche Entscheidung für Verbraucher
Die Stiftung Warentest erkennt dies zwar auch an, ist aber trotzdem mit der Richtlinie nicht richtig zufrieden. „Es wurden zwar neue Stoffe aufgenommen. Deren Grenzwerte sind aber vielfach noch zu niedrig“, so Dr. Holger Brackemann, Cheftester der Stiftung Warentest. Zudem kritisiert er die abgesenkten Obergrenzen für Schwermetalle. „Aus technischer Sicht ist diese Verschlechterung nicht nötig.“ Im Interview mit test.de meinte er außerdem: „Das ist für den Verbraucher in Deutschland eine unglückliche Entscheidung.“ Er sieht die Industrie in der Pflicht: „Ich hoffe, dass die Anbieter und die deutsche Wirtschaft jetzt auf freiwilliger Basis an dem alten, strengeren Standard festhalten und das auch dem Verbraucher entsprechend mitteilen.“
Europäische Grenzwerte werden beschleunigt übernommen
Aus der Industrie gibt es bereits Reaktionen, um entsprechende Befürchtungen möglichst bereits im Keim zu ersticken. „Wir übererfüllen die Normen. Und das werden wir auch weiterhin tun“, teilte beispielsweise das Familienunternehmen Playmobil mit. Der Spielzeughersteller gibt nach eigenen Angaben jedes Jahr einen hohen sechsstelligen Betrag für Sicherheitsprüfungen aus. Noch ist das Urteil aus Luxemburg nicht rechtskräftig. Die Bundesregierung kann es vor der nächsten Instanz, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), anfechten. Da das Gericht Fehler in der Begründung der Kommission erkannt hat, gelten bei Blei vorerst weiter die deutschen Vorgaben. Die EU-Kommission muss hier deshalb neu entscheiden. Wie es in einer ersten Reaktion auf das Urteil hieß, werde die Bundesregierung die europäischen Grenzwerte beschleunigt übernehmen. Man könne aber nicht sagen, ob die Hersteller genauso schnell nachziehen.
Spielzeug mit Bio-Siegel
Nachrichten darüber, dass Spielzeuge mit Schadstoffen und Giften belastet sind, tauchen immer wieder auf. Oft wird gewarnt, dass dieses oder jenes Produkt Allergien oder Krankheiten auslösen kann. Da die gesetzlichen Bestimmungen offenbar häufig nicht ausreichen, sollten Eltern aus der Sicht der Naturheilkunde vor allem auf Spielwaren setzen, die ein Bio-Siegel tragen. Diese sind in speziellen Bio-Geschäften und in einigen großen Spielwarenkaufhäusern zu erwerben. Allerdings sind diese Spielzeuge zum Teil relativ teuer. (sb)
Bild: sabine koriath / pixelio.de
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