Obergrenze für körperliche Aktivität – Sport nur in Maßen sinnvoll
19.05.2014
Ausreichend Bewegung wird allgemein eine präventive Wirkung gegenüber Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems wie Bluthochdruck oder einem Herzinfarkt zugeschrieben. Doch macht eine aktuelle Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg deutlich, dass lediglich maßvoller Sport für Herzpatienten geeignet ist. Ein Übermaß an Bewegung und körperlicher Belastung zeigt hingegen nachteilige Effekte.
Die Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums haben in ihrer Studie untersucht, wie viel Sport den besten Schutz vor Herzinfarkten und Schlaganfällen bietet. Sie stellten fest, „dass moderate Anstrengung zwei bis viermal pro Woche den günstigsten Effekt hat“, während „weniger oder gar kein Sport mit deutlich höherem Risiko verbunden“ ist, so die Mitteilung des DKFZ. Allerdings habe sich auch gezeigt, dass Probanden, die täglich trainierten, gefährdeter waren als ein moderat aktiver Patient. Damit ist eine neue Diskussion über das richtige Maß an Bewegung eröffnet, denn offensichtlich besteht „eine Obergrenze, jenseits derer ein Mehr an Sport keinen gesundheitlichen Vorteil bringt“, erklärte Professor Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum.
Studienteilnehmer über zehn Jahre beobachtet
Um die langfristige Wirkung der körperlichen Bewegung zu bewerten, haben die Forscher um Dr. Ute Mons und Professor Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum nach eigenen Angaben „über zehn Jahre hinweg mehr als tausend Patienten beobachtet, die sich wegen einer koronaren Herzkrankheit (Myokardinfarkt oder akutes koronares Syndrom) einer klinischen Rehabilitation unterzogen hatten.“ Mit Befragungen nach einem, drei, sechs, acht und zehn Jahren wurde die sportlichen Aktivität der Probanden ermittelt. Begleitend erfolgte eine Dokumentation der neu auftretenden kardiovaskulären Komplikationen (Infarkt, Schlaganfall). Die Wissenschaftler bestimmten anhand der vorliegenden Daten eine Referenzgruppe von Studienteilnehmern, die „laut Selbstauskunft zwei- bis viermal pro Woche Sport trieben und damit das mittlere Aktivitätsniveau darstellten.“
Täglicher Sport verdoppelt das Risiko schwere Herz-Kreislauf-Ereignisse
Gegenüber der Referenzgruppe zeigten nicht nur Patienten, die keinen oder sehr wenig Sport trieben ein deutlich erhöhtes Erkrankungsrisiko, sondern „auch bei Patienten, die täglich Sport trieben, traten schwere Herz-Kreislauf-Ereignisse etwa doppelt so häufig auf wie in der Referenzgruppe“, berichtet das DKFZ. Besonders deutlich sei dieser nicht-lineare Zusammenhang geworden, wenn nur die Infarkte und Schlaganfälle mit tödlichem Ausgang betrachteten wurden. Die Ursachen dieser Risikosteigerung bei den körperlich aktivsten Patienten bleiben bislang jedoch unklar, da die genauen Todesumstände im Rahmen der Studie nicht dokumentiert wurden und daher kein Angaben dazu vorliegen, ob die tödlichen Ereignisse möglicherweise während oder unmittelbaren nach einer sportlichen Anstrengung auftraten., so die Mitteilung des DKFZ.
Präventionsempfehlungen überarbeiten
Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass keine Zweifel an der gesundheitsförderlichen Wirkung körperlicher Bewegung bestehen, aber hier offenbar eine Grenze existiere, oberhalb der sich weitere körperliche Aktivität auch nachteilig auswirken kann. Professor Brenner betonte, dass „die klinischen Empfehlungen zur sekundären Prävention von Herz-Kreislaufkrankheiten dies entsprechend berücksichtigen“ sollten. Die Empfehlung zu moderater sportlicher Betätigung, wie sie beispielsweise von der Deutschen Hochdruckliga oder der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe zur Prävention und Behandlung bei Bluthochdruck ausgesprochen wird, bleibt hiervon jedoch unberührt. In einer aktuellen Pressemitteilung hatte die Präventionsexpertin der Deutschen Schlaganfall-Hilfe, Dr. Bettina Begerow, noch einmal bekräftigt, wie wichtige ein Mindestmaß an Bewegung für Bluthochdruckpatienten ist. Hier könne zum Beispiel ein Hund gegen Bluthochdruck helfen, da die Besitzer mit ihm mehrmals täglich Spazierengehen müssen.
Vermehrt tödliche kardiovaskuläre Ereignisse bei Bewegungsmangel
Unabhängig davon, wo die Obergrenze der sportliche Betätigung liegt, kommt die Studie zu dem eindeutigen Ergebnis, dass das Risiko tödlicher kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten, die sich nie oder sehr selten bewegen, am höchsten ist. Rund viermal mehr Herz-Kreislauf-bedingte Todesfälle als in der Referenzgruppe seien hier zu beobachten gewesen. Allerdings überschätze die Analyse möglicherweise „das Risiko der Patienten aus der körperlich inaktivsten Gruppe, denn wer ohnehin krank und geschwächt ist, treibt keinen Sport“, erläuterte Professor Brenner. Auch ist angesichts der Stichprobenzusammensetzung festzuhalten, dass die Ergebnisse der Studie keineswegs repräsentativ für die Allgemeinbevölkerung sind. Denn sämtlich Studienteilnehmer litten an einer Vorerkrankung des Herz-Kreislauf-Systems und das Durchschnittsalter lag bei 61 Jahren. (fp)
Bild: Stephanie Hofschlaeger, Pixelio
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