Kassenpatienten warten fünf Wochen auf Facharzttermin
08.06.2014
Immer wieder machen Meldungen die Runde, wonach Patienten in Deutschland viel zu lange auf Termine beim Facharzt warten müssen. Ein Test der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zeigt nun, dass Kassenpatienten besonders lange Wartezeiten einplanen müssen; im Schnitt müssen sie doppelt so lange warten wie Privatpatienten.
Über die Hälfte der Ärzte kommt Empfehlung nicht nach
Meldungen über lange Wartezeiten bei Facharztterminen machen seit Jahren die Runde. Ein Test der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.) hat nun bestätigt, dass Patienten in Deutschland sehr lange auf einen Termin beim Facharzt warten müssen. Die Zeitung bat bundesweit 120 Fachärzte um einen Termin. Bei 30 von ihnen gab es einen solchen erst nach mehr als vier Wochen und 20 der Ärzte wiesen die Tester komplett ab. Die Journalisten folgerten, dass nur 58 Prozent der Ärzte der Empfehlung von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nachkommen, wonach Patienten nicht länger als vier Wochen warten gelassen werden sollten.
Kassenpatienten warten doppelt so lange wie Privatpatienten
Gesetzlich Versicherte müssen besonders lange warten. Laut der F.A.S. wurden sie von 57 Prozent der Ärzte abgewiesen oder bekamen einen Termin erst nach vier Wochen, wenn sie sich als Kassenpatienten zu erkennen gaben. Das ging ihnen als Privatpatient nur bei einem Viertel der Ärzte so. Durchschnittlich warteten Kassenpatienten fünf Wochen auf einen Termin, Privatpatienten mit zweieinhalb Wochen nur halb so lange. Das lange Warten darauf, dass Patienten beim Orthopäden, Kinderarzt, Hautarzt oder Augenarzt, behandelt werden, wird zunehmend zum Problem. Reihenweise werden Patienten, die keine dringenden Notfälle sind, abgewiesen oder auf Termine vertröstet, die nicht Wochen, sondern Monate in der Zukunft liegen. Gesundheitsminister Gröhe will Ärzten künftig vorschreiben, jedem Patienten innerhalb von vier Wochen einen Termin zu garantieren.
Ärztevertreter sehen kein Problem
Allerdings wollen die Ärztevertreter davon nichts wissen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung behauptet gar, dass 80 Prozent der Patienten innerhalb von drei Wochen einen Termin beim Facharzt bekämen. Dies wird jedoch im Test der F.A.S. weit verfehlt. Nur etwa die Hälfte der Anrufer bekam in der Stichprobe so kurzfristig einen Termin. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, beharrte gegenüber der F.A.S. darauf und meinte: „Objektive Studien zeigen, dass das Thema Wartezeiten kein bundesweites Problem darstellt.“ Er räumte jedoch ein: „Die Praxen in Deutschland sind voll.“
Gesetzentwurf nach der Sommerpause
Durchschnittlich 17 Mal im Jahr suche jeder Bundesbürger einen Arzt auf. „Mit diesem Wert liegen wir weltweit an der Spitze“, so Gassen. Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, wies die Wünsche der Politik nach einer umfassenden Termingarantie zurück: „Es kann ja wohl kaum ein uneingeschränktes Leistungsversprechen bei gedeckelten Budgets geben.“ Bundesgesundheitsminister Gröhe hingegen meint: „Überlange Wartezeiten sind leider kein Einzelfall.“ Er fühlt sich durch den F.A.S.-Test bestätigt und will den Gesetzentwurf mit der Vierwochenfrist nach der Sommerpause vorlegen. Der Entwurf soll auch Termin-Servicestellen vorsehen, die Patienten bei der Facharztsuche helfen.
Facharzttermin binnen eines Werktages
Dass schnellere Facharzttermine bei akuten Problemen möglich sind, zeigt ein Überweisungsmodell in Mecklenburg-Vorpommern, dass die Kassenärztliche Vereinigung und die AOK Nordost dort 2011 eingeführt haben. Demnach können Patienten mit einem dringenden medizinischen Problem binnen eines Werktages einen Termin beim Facharzt erhalten. Möglich wird dies durch das Modell mit A- und B-Überweisungen, bei dem der behandelnde Arzt im Vorfeld die medizinische Bewertung vornimmt und seinen Fachkollegen unbürokratisch einbezieht. (ad)
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