Erster nicht-genetischer Hinweis: Autismus schon im Mutterleib
08.06.2014
Noch immer sind die Ursachen für Autismus unbekannt. Britische und dänische Forscher haben nun erstmals einen nicht-genetischen Hinweis gefunden: Bereits im Mutterleib sind spätere Autisten als Ungeborene einer erhöhten Steroidhormon-Konzentration ausgesetzt.
Erster nicht-genetischer Hinweis
Die Ursache für Autismus ist noch immer ein Rätsel. Doch britische Wissenschaftler der University of Cambridge haben nun gemeinsam mit Forschern des dänischen Statens Serum Instituts bei der Erforschung der Entwicklungsstörung große Fortschritte erzielt. In einer Studie haben sie rund 19.500 Fruchtwasserproben von Frauen verglichen. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Schwangere mit einer erhöhten Konzentration von Steroidhormonen im Fruchtwasser häufiger Kinder gebären, die später Autismus entwickeln. Wie das Online-Portal „nachrichten.ch“ schreibt, erklärte Simon Baron-Cohen von der University of Cambridge: „Die Steroidhormone sind unser erster nicht-genetischer Hinweis auf die Entwicklung von Autismus bei Kindern.“
Autisten waren im Mutterleib einer höheren Steroidkonzentration ausgesetzt
Steroidhormone sind beispielsweise Testosteron, Progesteron und Cortisol – alles Sexualhormone. „Die Ergebnisse könnten uns helfen zu erklären, warum Autismus häufiger bei Männern auftritt“, so Baron-Cohen. Das Team um Baron-Cohen und Michael Lombardo in Cambridge sowie Bent Nørgaard-Pedersen in Kopenhagen entnahmen die Proben einer dänischen „Biobank“. Die Befunde der Fruchtwasserproben wurden mit dem Vorkommen an Autismus erkrankter Söhne der Frauen verglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Autisten im Vergleich zu den gesunden Männern im Bauch der Mutter einer höheren Steroidkonzentration ausgesetzt waren.
Experte warnt vor Einnahme von Steroidhormon-Blockern
„Dass ein erhöhter Testosteronspiegel mit einer langsameren Sozial-und Sprachentwicklung, einer Detailverliebtheit – also autistischen Zügen – einhergeht, wussten wir schon“, erläuterte Baron-Cohen. Doch nun konnte gezeigt werden, dass zu viele Steroidhormone während der Schwangerschaft bei den Kindern zu Autismus führen können. „Unsere Ergebnisse sollten aber nicht dazu führen, dass Schwangere Steroidhormon-Blocker einnehmen“, warnte der Experte. Diese könnten unerwünschte Nebenwirkungen haben und das Gehirn des Kindes dauerhaft schädigen. Auch wenn die Steroidhormone zwar ihre Wirkung zeigten, müssten die komplexen Zusammenhänge von Autismus aber noch weiter erforscht werden.
Unheilbare Störung
In der Regel wird Autismus als eine angeborene, unheilbare Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörung des Gehirns beschrieben. Die Symptome sowie die individuelle Ausprägung können dabei von leichten Verhaltensproblemen bis hin zu schweren geistigen Behinderungen reichen. Gemein ist allerdings allen autistischen Störungen eine Beeinträchtigung des Sozialverhaltens, etwa durch Schwierigkeiten mit anderen Menschen zu sprechen oder Mimik und Körpersprache einzusetzen und zu verstehen. Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge zählt Autismus zu den tiefgreifenden neurologischen Entwicklungsstörungen. (ad)
Bildnachweis: Oliver Klas / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.