Alzheimer: Antikörpertherapien möglicherweise schon in wenigen Jahren verfügbar
09.06.2014
Die Zunahme der Alzheimer-Erkrankungen könnten das Gesundheitssystem in den kommenden Jahrzehnten an die Grenze der Belastbarkeit bringen. Mit dem prognostizierten Anstieg der Anzahl von Betroffenen bis zum Jahr 2050 wäre eine angemessene Pflege der Alzheimer- und Demenzkranken kaum noch möglich, da schlichtweg nicht genug Pflegepersonal zur Verfügung stünde. Die Hoffnungen ruhen daher auf der Entwicklung von Medikamente, mit denen die Erkrankung gestoppt oder möglicherweise sogar geheilt werden kann. Bislang scheint eine Alzheimer-Impfung hier als vielversprechendster Ansatz.
Alzheimer ist die häufigste Form der Demenzerkrankungen und betrifft heute bereits knapp 1,3 Millionen Menschen in Deutschland. Bis zum Jahr 2050 rechnen die Experten mit einer Verdopplung der Patientenzahl. Ein Heilung der Erkrankung ist auf dem heutigen medizinischen Stand nicht möglich, lediglich eine Verzögerung des Krankheitsverlaufs und eine Linderung der Symptome lässt sich erreichen. Allerdings werden derzeit verschiedene Behandlungsansätze erforscht, wobei eine Art Alzheimer-Impfung laut Mitteilung der Nachrichtenagentur „dpa“ aktuell im Fokus steht.
Alzheimer-Impfung zur Aktivierung der körpereigenen Abwehrkräfte?
Die sogenannten Immunotherapien bilden eine Ansatz, bei dem eine passive Immunisierung des Körpers durch zugeführte Antikörper erfolgt, berichtet die „dpa“ unter Berufung auf den Psychiater Timo Grimmer von der Gedächtnisambulanz der Psychiatrischen Klinik an der Technischen Universität (TU) München. Die Aktivierung der körpereigenen Abwehr soll einen Abbau der Ablagerungen von Stoffwechselprodukten im Gehirn ermöglichen oder zumindest verhindern, dass sich die gefürchteten Plaque bilden. Die Ablagerungen aus Eiweißstoffen (sogenannte Amyloid-Peptide) beeinträchtigen im Zuge des Krankheitsverlauf zunehmend die Nervenverbindungen und bedingen ein Absterben der Hirnzellen, welches wiederum die typischen Einbußen des Erinnerungsvermögens bis hin zum vollständigen Gedächtnisverlust verursacht. Grimmer kommt zu dem Schluss, dass – „wenn es gut läuft“ – in etwa zwei Jahren zugelassene Antikörpertherapien verfügbar seien. „Dann wird die Medizin sicher auch versuchen, Impfungen zu entwickeln“, erläuterte der Psychiater gegenüber der „dpa“. Dies sei auf jeden Fall das Fernziel. Heute könne den Patienten nur eine möglichst frühe Diagnose ihrer Erkrankung helfen, da bisher lediglich eine deutlich Verzögerung des Krankheitsverlaufs möglich ist.
Wachsendes Bewusstsein für Alzheimer in der Gesellschaft
Der Münchener Psychiater berichtet weiter, dass in den Sprechstunden tatsächlich vermehrt Alzheimer-Patienten in einem sehr frühen Stadium der Erkrankung vorstellig werden. Hier habe sich offenbar „durch die Angst, dass der Lebensabend durch eine Alzheimer-Krankheit getrübt sein könnte, in der Gesellschaft ein zunehmendes Bewusstsein“ für die Erkrankung gebildet, so Grimmer gegenüber der „dpa“. Oft würden leicht erkrankte Patienten zu ihm kommen, die noch gar nicht das Stadium der Demenz erreicht haben. Mit Hilfe von Antidementiva ließen sich in diesen Fällen die Hirnzellen so stimulieren, dass der Gedächtnisverlust zunächst nicht so stark spürbar wird. Doch vollständig stoppen können die Arzneien den Krankheitsverlauf nicht und so erwartet die Betroffenen im Spätstadium ein ausgeprägter Verlust ihrer kognitiven Fähigkeiten (insbesondere Gedächtnisverlust), der eine vollständige Pflegebedürftigkeit mit sich bringt.
Angemessene Pflege nicht zu gewährleisten
Der absehbare Pflegebedarf für die wachsende Zahl der Alzheimer-Patienten ist laut Aussage von Grimmer auch „der entscheidende Punkt, warum es so wichtig ist, dass die Medizin vorankommt. Denn „eine Volkskrankheit, die Millionen betrifft, lässt sich irgendwann nicht mehr beherrschen“, zitiert die „dpa“ die Aussage des Münchener Psychiaters. Zwar würden sich bisher erfreulicherweise in den meisten Fällen die Angehörigen, die Partner oder die Kinder um die Betroffenen kümmern, doch bei einer Verdopplung der Alzheimer-Patientenzahl und gleichzeitig weniger jungen Menschen, die überhaupt noch zur Pflege bereit stehen, erscheint dieses Modell wenig tragfähig. (fp)
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