Pestizid-Exposition während der Schwangerschaft erhöht das Autismus-Risiko
2406.2014
Pestizide sind als Auslöser zahlreicher Gesundheitsbeschwerden bekannt und bilden dennoch bis heute einen wesentlichen Baustein der industriellen Landwirtschaft. Eine neue Studie US-amerikanischer Forscher hat nun gezeigt, dass der Einsatz von Pestiziden im Wohnumfeld von Schwangeren zum vermehrten Auftreten von „neurologischen Entwicklungsverzögerung und Autismus“ führt. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler um Irva Hertz-Picciotto von der University of California in Davis (Kalifornien) in dem Fachmagazin „Environmental Health Perspectives“ veröffentlicht.
Die US-Forscher kommen zu dem Schluss, dass “die Pestizid-Exposition während der Schwangerschaft einen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der ungeborenen Kinder hat”. Durch den Einsatz der Pestizide im Wohnumfeld der Schwangeren erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit einer neurologischen Entwicklungsverzögerung und einer autistischen Störung. Bestimmte Pestizide wie beispielsweise die Organophosphate, aber auch die Pyrethroide und Carbamate, hatten hier einen besonders ausgeprägten Effekt. Das Risiko einer neurologischen Entwicklungsverzögerung oder autistischen Störung stand dabei auch im Zusammenhang mit der Schwangerschaftswoche, in der eine Pestizid-Exposition erfolgte.
Daten von knapp 1.000 Schwangeren ausgewertet
Für die Analyse möglicher Zusammenhänge zwischen der Pestizid-Exposition während der Schwangerschaft und dem Autismus-Risiko bei den ungeborenen Kindern nutzten die Forscher die Daten aus der sogenannten CHARGE (Childhood Autism Risks from Genetics and Environment) Studie. Bei 970 Teilnehmerinnen wurden die Angaben zum Wohnort während der Schwangerschaft mit der kommerziellen Anwendung von Pestiziden im Umfeld von 1,25 bis 1,75 Kilometern zu ihrer Wohnadresse abgeglichen. Anschließend überprüften die Forscher mögliche Zusammenhänge mit den registrierten Fällen autistischer Störungen (486 Fälle) und neurologischer Entwicklungsverzögerungen (168 Fälle). Etwa ein Drittel der Mütter lebte während der Schwangerschaft, innerhalb eines Umkreises von 1,5 Kilometern zu einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Pestizid-Einsatz.
Deutlich erhöhtes Autismus-Risiko bei Pestizid-Exposition
Die Auswertung der Daten habe gezeigt, dass der Kontakt mit Pestiziden aus der Gruppe der Organophosphate während der Schwangerschaft ein um 60 Prozent erhöhtes Risiko für Autismus bei den ungeborenen Kindern mit sich bringt, schreiben Irva Hertz-Picciotto und Kollegen. Am deutlichsten sei der Effekt gewesen, wenn die Pestizid-Exposition während des zweiten oder dritten Schwangerschaftsdrittels erfolgte. „Kinder von Müttern mit Wohnsitz in der Nähe von Pyrethroid-Insektizid-Anwendungen vor der Empfängnis oder während des dritten Schwangerschaftsdrittels zeigen sowohl eine erhöhtes Autismus-Risiko als auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit neurologischer Entwicklungsverzögerungen“, berichten die Forscher weiter. Zudem sei die Carbamat-Anwendungen in der Nähe der Wohnortes mit dem vermehrten Auftreten von neurologischen Entwicklungsverzögerungen einhergegangen.
Umweltfaktoren mit maßgeblichem Einfluss
Zwar sind laut Aussage der Forscher weitere Studien erforderlich, “um die direkten Auswirkungen der Pestizide auf die Entwicklung des Nervensystems zu überprüfen”, doch zeige die Studie eindeutig, dass “Frauen während der Schwangerschaft Kontakt mit Pestiziden möglichst vermeiden sollten”. Denn fest stehe, dass “Kinder von Müttern, die Organophosphat-, Pyrethroid- oder Carbamat-Pestiziden während der Schwangerschaft ausgesetzt waren, ein erhöhtes Risiko neurologischer Entwicklungsstörungen aufweisen”. Demnach hat die Wissenschaft einen weiteren Umweltfaktor bestimmt, der maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung von Autismus hat. Im Jahr 2012 veröffentlichten Forscher der University of Southern California in dem Fachmagazin „Archives of General Psychiatry“ bereits eine Studie, die einen Zusammenhang zwischen dem Grad der Luftverschmutzung während der Schwangerschaft und dem Autismus-Risiko herstellte. Offenbar sind die Schadstoffbelastungen der Umwelt hier generell als maßgebliche Einflussgröße für das Auftreten der neurologischen Entwicklungsstörungen zu bewerten. (fp)
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