Worauf beim Kauf des perfekten Laufschuhs geachtet werden sollte
25.06.2014
Laufen ist die Trendsportart schlechthin. Getreu dem Motto „Nach dem langen Sitzen im Büro schnell in die Laufschuhe schlüpfen und los geht’s“ drehen unzählige Freizeitsportler abends ihre Runden in Parks und auf Sportplätzen. Um seinem Körper aber tatsächlich etwas Gutes mit der Bewegung zu tun, sollte stets auf das passende Schuhwerk geachtet werden. Ob Dämpfung oder Pronationsstütze – auf die individuelle Biomechanik der Füße kommt es an. Drei Experten berichten im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“, auf was Freizeitsportler beim Kauf der perfekten Laufschuhe achten sollten.
Laufschuh-Technik wurde immer weiter entwickelt
Wie Prof. Stefan Grau von der Universität Göteborg berichtet, begann der Laufboom vor rund 30 Jahren in Deutschland. Damals hätten die Sportschuhersteller vor allem auf Dämpfung gesetzt. So sollten die Schuhe die Stoßkräfte durch extrem weiche Sohlen abfedern, die beim Auftreten des Fußes entstehen. Trotz der damals innovativen Technik konnte kein Rückgang bei den Verletzungsraten verzeichnet werden, so dass ein neuer Trend entstand. Statt der dämpfenden Wirkung sollten die Laufschuhe fortan stützen und stabilisieren. Sogenannte Pronationsstützen sollten dem unerwünschten Eindrehen des Fußes nach innen vorbeugen. Doch auch diese Innovation brachte keine Verringerung der Verletzungsraten. Grau führt dies aber weniger auf eine mangelhafte Laufschuhtechnik zurück als vielmehr auf den veränderten Nutzerkreis. So zählten zu Beginn des Laufbooms vor allem gut trainierte Menschen zu den Joggern. „Heute haben wir viele schlecht trainierte Leute, und trotzdem gibt es nicht mehr Verletzungen. Die Schuhe erfüllen also schon ihren Zweck", so der Sportwissenschaftler.
Optimale Passform des Laufschuhs ist entscheidend
Um den Läufer optimal unterstützen zu können, müssen die Laufschuhe perfekt passen. Dabei spielt Grau zufolge das Sprunggelenk eine wesentliche Rolle. „Es gibt extrem viele Leute, die ein instabiles Sprunggelenk haben", berichtet der Experte. „Dazu gehören auch Wiedereinsteiger oder Übergewichtige. Deshalb ist es wichtig, dass es Schuhe gibt, die stabilisierend wirken." Wie Grau weiter erläutert, seien dann funktionale Elemente im Bereich des Rückfußes wie Cashpads mit dämpfenden Eigenschafte, eine gewisse Torsionssteifigkeit, so dass eine Verdrehung des Fußes um die Längsachse verhindert wird, sowie gute Fersenkappen sinnvoll.
In Sportschuh-Fachgeschäften können professionelle Bewegungsanalysen Ausschluss geben, ob eine Pronationsstütze notwendig ist, um das Eindrehen des Fußes nach innen zu verhindern. Kommt eine solche Stütze zum Einsatz wird sie in der Zwischensohle des Schuhs eingelassen. Meist ist sie grau gefärbt.
Frauen und Männer haben unterschiedliche Passformen bei Laufschuhen
Laufschuhe für Männer und Frauen unterscheiden sich insbesondere in der Breite, berichtet Grau. Sie sollten nicht auf dem gleichen Leisten hergestellt worden sein. Wie schmal oder breit ein Schuh sein sollte, hänge auch von seiner Größe ab, so der Sportwissenschaftler. Demnach sind kleine Füße eher breit und große Füße häufiger schmal. Für Frauen ist Schuhgröße 42 bereits groß, so dass diese Schuhe eher schmaler geschnitten sein sollten. Bei Männern gilt die gleiche Schuhgröße aber als tendenziell klein, so dass der Schuh in Größe 42 eher breit ausfallen sollte.
Generell ist es ratsam Laufschuhe stets eine halbe Nummer größer zu kaufen als Alltagsschuhe, da der Fuß beim Laufen im Schuhe hin und her rutsch und vorne mehr Platz benötigt. Zudem darf die Ferse durch die Bewegung nicht herausrutschen, da anderenfalls Beschwerden an der Achillessehne drohen. Im Bereich des Mittelfußes sollte das Schaftmaterial eng anliegen, so der Sportwissenschaftler.
Zu starke Dämpfung von Laufschuhen ist kontraproduktiv
Heutzutage seien die Dämpfungssysteme von Laufschuhen viel flacher als früher, da stark gedämpfte, weiche Sohlen die Schuhe instabil machten. „Die Folge war, dass Band- und Sehnenverletzungen explosionsartig zunahmen", erklärt Grau. Die heutigen Modelle seien auch für wenig trainierte Menschen mit schwächerer Muskulatur geeignet.
Ein weiteres Argument, das die Schuhhersteller von der starken Dämpfung abgebrachte, lieferte die Medizin. So gelten Stoßbelastungen bereits seit einiger Zeit nicht mehr als negativ oder gar gesundheitsschädlich. Der Mediziner Matthias Marquardt berichtet in seiner Publikation „Das große Laufschuhbuch" davon, dass der Körper Stoßbelastungen sogar braucht. „Stoßkräfte erhalten die Gesundheit Ihrer Gelenke und verhindern Knochenschwund", schreibt er in seinem Buch. Ohne den von Stoßbelastungen ausgehenden Reiz steige das Risiko für Osteoporose – nicht nur für ältere Menschen, sondern auch für Büroangestellte. „Deren Knochen und Gelenke erfahren zu wenige Stoßkräfte, die in der Evolution eigentlich vorgesehen waren, und bauen deshalb nicht genügend Knochenmasse auf", schreibt Marquardt, selbst Triathlet und Befürworter des „Natural Runnings“.
Beim „Natürlichen Laufen“ geht es darum, dem Barfußgefühl möglichst nahe zukommen. Die Schuhmodelle haben deshalb flachere Absätze und damit eine verringerte Fersensprengung. Zudem sind Kerben in die Sohle eingelassen, die sie flexibler machen. Untrainierte Freizeitläufer sollten aber auf diese Art der Laufschuhe verzichten, da sie Überlastungsbeschwerden bei einer zu schwachen Fuß- und Wadenmuskulatur verursachen können.
Falsche Laufschuhe können Knieprobleme verursachen
Prof. Gert-Peter Brüggemann, Leiter des Instituts für Biomechanik und Orthopädie an der Deutschen Sporthochschule Köln, weist daraufhin, dass bis zu 48 Prozent der Laufverletzungen das Kniegelenk betreffen, denn das Knie habe seine gewohnte Bewegung, die beim Laufen verändert oder gestört werden könne. Ein guter Laufschuhe sollte diesen Effekt beheben. „Der Schuh sollte dann den Kraftangriffspunkt am Fuß und damit die Hebel der Kräfte für das Kniegelenk verändern. Das ist das Einzige, was ein Schuh machen kann", so Brüggemann. Dabei spiele die Sohlenform und die Verteilung unterschiedlicher Materialien im Schuh eine wichtige Rolle. „Ein Schuh sollte immer eine Verstärkung dessen sein, was die Natur machen will", so das Fazit des Experten.
Auch Marquardt unterstützt diese Ansicht. So galt die Pronation, die Einwärtsdrehung der Gliedmaßen, lange Zeit als gesundheitsschädlich. Mittlerweile sei sie anerkannt als „entscheidend für eine gesunde Laufbewegung", schreibt der Mediziner in seinem Buch. Der perfekte Schuh sei „immer ein Kompromiss“.
Laufschuhe benötigen Regenerationszeit
Wie Prof. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln erläutert, benötigen Laufschuhe wie der Mensch eine Regenerationszeit von wenigstens 48 Stunden. Wer viel trainiert, sollte deshalb mindestens zwei Paar Laufschuhe besitzen und abwechselnd tragen. Zudem sollten Läufer darauf achten, wann die Laufqualität des Schuhs nachlässt. Dann sollte ein neues Paar angeschafft werden. Froböse zufolge merkt man den Unterschied häufig aber erst, wenn neue Laufschuhe anprobiert werden. Der Experte rät abhängig vom Gewicht des Sportlers spätestens nach 500 bis 800 gelaufenen Kilometern ein neues Paar anzuschaffen. Sein Tipp: Laufschuhe sollten immer am Abend gekauft werden, da sich der Fuß im Laufe des Tages ähnlich wie beim Joggen ausbreitet.
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.