Urteil: Starre Beschränkungen bei künstlicher Befruchtungen wurden gelockert
07.08.2014
Neue Hoffnung für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch bei der künstlichen Befruchtung. Die Staatsanwaltschaft München I stellte gestern ein Verfahren gegen Reproduktionsmediziner aus der bayerischen Hauptstadt ein, die mehr als drei Eizellen in der Petrischale künstlich befruchtet hatten. Das Gesetz sieht vor, dass einer Frau nur drei Embryonen eingepflanzt werden dürfen. Wie viele Eizellen dafür zuvor befruchtetet werden dürfen, war bisher unklar.
Künstliche Befruchtung weniger stark reglementiert
Die Gesetzeslage in Deutschland gibt Ärzten mehr Freiheit bei der künstlichen Befruchtung als bisher angenommen. Zwar dürfen Frauen nur drei Embryonen eingesetzt werden, um Mehrlingsschwangerschaften zu vermeiden, die Zahl der dafür zuvor in der Petrischale befruchteten Eizellen ist jedoch nicht auf drei begrenzt, wie die Staatsanwaltschaft München I gestern klarstellte. Sie stellte ein Verfahren gegen Reproduktionsmediziner aus der bayerischen Hauptstadt ein, die sich nicht an die starre Beschränkung bei der Zahl der zu befruchtenden Eizellen hielten.
„Damit hat die Staatsanwaltschaft endlich Klarheit geschaffen", erklärte der Anwalt der Praxis und Justiziar des bayerischen Berufsverbandes der Reproduktionsmediziner, Johannes Daunderer, gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“. Bisher war umstritten, ob es zulässig ist, mehr als drei Eizellen zu befruchten, so dass deshalb bereits gegen mehrere Ärzte juristisch ermittelt wurde. Die gestrige Einstellung des Verfahrens gegen die Münchner Reproduktionsmediziner bedeutet gleichzeitig auch, dass überzählige Eizellen nicht mehr vernichtet werden müssen, wie bisher teilweise in der Praxis geschehen. Paare mit unerfülltem Kinderwunsch haben damit größere Chancen auf ein Kind.
Weiterhin kein Freibrief für Ärzte bei künstlicher Befruchtung
Die Staatsanwaltschaft begründete ihre Entscheidung, das Verfahren einzustellen, damit, dass der Gesetzgeber ausdrücklich nur die Zahl der Embryonen, die einer Frau eingepflanzt werden dürfen, begrenzt, nicht aber die Zahl der zu befruchtenden Eizellen. „Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft ist nur etwa jede fünfte Befruchtung erfolgreich, wobei dies natürlich von Fall zu Fall unterschiedlich sein kann und nicht exakt im Voraus bestimmt werden kann. Würden von vornherein nur drei Eizellen befruchtet werden, wären die Erfolgschancen derart gering, dass eine angemessene Behandlung nicht mehr möglich wäre", schreibt die Staatsanwältin in ihrer Entscheidungsbegründung.
Im Gespräch mit dem Internetportal „T-Online“ wies Daunderer ausdrücklich daraufhin, dass die Einstellung des Verfahrens Allerdings kein Freibrief für Ärzte sei, beliebig viele Eizellen zu befruchten. „Eine Vorratsbefruchtung ist nicht zulässig." Bei einer Kinderwunschbehandlung liegt es in der Verantwortung des Arztes, eine individuelle Prognose zur Zahl der zu befruchtenden Eizellen zu erstellen, die notwendig ist, um drei entwicklungsfähige Embryonen zu erzeugen. Diese Prognose ist unter anderem abhängig vom Alter der Frau, das Auswirkungen auf ihre Fortpflanzungsfähigkeit hat. „Das können drei sein, oder sechs – unter Umständen sind auch mal 15 nötig", so Daunderer gegenüber dem Internetportal. (ag)
Bild: Cornelia Menichelli / pixelio.de
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