Medizinische Dienste der Krankenversicherung unter direktem Einfluss der Krankenversicherungen
11.08.2014
Die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) soll eigentlich eine unabhängige Begutachtung bestimmter medizinischer Fragestellungen gewährleisten, nicht zuletzt um die Interessen der Patienten zu wahren und angemessen zu berücksichtigen. Doch haben Recherchen des ARD-Politikmagazins „Report Mainz“ ergeben, dass in den MDK-Verwaltungsräten vielfach hauptamtliche Mitarbeiter der Krankenkassen vertreten sind. Damit unterliegt der MDK einem wesentlichen Einfluss der Krankenkassen und die unabhängige Begutachtung ist gefährdet, so die Kritik von Experten wie dem Sozialrechtler Professor Ingo Heberlein.
Angesichts der Ergebnisse der ARD-Recherchen hat sich laut Mitteilung des Senders der Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe dazu entschieden, nach der Sommerpause ein Gesetz in Angriff zu nehmen, das den Einfluss der Krankenkassen in den MDK-Verwaltungsräten auf die medizinischen Dienste zurückdrängen soll. Auch der Bundesgesundheitsminister sieht hier offenbar die unabhängige Begutachtung im Sinne der Patienten gefährdet. Im Zuge der Vorbereitungen zu dem Gesetzentwurf werde derzeit geprüft, „ob wir entweder zu einer Begrenzung der Zahl der Hauptamtlichen aus Krankenkassen in diesen Gremien kommen oder gar zu einer Unvereinbarkeit einer Gremienmitgliedschaft mit einer entsprechenden hauptamtlichen Tätigkeit“, wird Gröhe in der ARD-Pressemitteilung zitiert.
Kassenmitarbeiter mit erheblichem Einfluss in den MDK-Verwaltungsräten
Das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ hatte laut Angaben des Senders „alle MDKs bundesweit gefragt, wie viele aktuelle oder ehemalige hauptamtliche Kassenmitarbeiter der gesetzlichen Krankenkassen derzeit in den Verwaltungsräten sitzen.“ Dabei wurde deutlich, dass der Einfluss der Krankenkassen auf die MDKs bisweilen durchaus dominant ist. Beispielweise seien im Saarland und in Sachsen 60 Prozent der Verwaltungsräte hauptamtliche Mitarbeiter der Krankenkassen. Beim MDK Nord trifft dies für über 50 Prozent und in Berlin-Brandenburg für über 40 Prozent der Verwaltungsratsmitglieder zu. „Im Ergebnis sitzen in allen MDKs bundesweit hauptamtliche Kassenmitarbeiter in den Verwaltungsräten“, berichtet die ARD.
Unabhängigkeit des MDK in Gefahr
Der Sozialrechtler Professor Ingo Heberlein betont in der Pressemitteilung des Senders, dass er die Unabhängigkeit des MDK in Gefahr sehe. „Wenn die Kassenmitarbeiter unmittelbar in den Verwaltungsräten in diesem Ausmaß das Geschehen beim MDK beeinflussen können, dann befindet sich der MDK im festen Zugriff der Krankenkassen und wird mehr und mehr zu einer Außenstelle, zu einer Zweigstelle der Krankenkassen“, so die Kritik des Sozialrechtlers. „Das war eigentlich ursprünglich so nicht beabsichtigt“, denn für die Patienten bedeute dies, „dass die Begutachtung durch den MDK eben nicht die erwünschte und gewünschte unabhängige Begutachtung sein kann“, erläuterte Heberlein weiter. Der Fachmann war selber viele Jahre Geschäftsführer eines Medizinischen Dienstes und ist mit den Versuchen der Einflussnahme durchaus vertraut.
Wird der MDK auf Kassenlinie gebracht?
Wie stark der Einfluss der Krankenkassen auf die MDKs tatsächlich ist, wird auch daran deutlich, dass der bundesweiten Umfrage von „Report Mainz“ zufolge in neun von 15 Medizinischen Diensten hauptamtliche Kassenmitarbeiter an der Spitze des Verwaltungsrats stehen. In Rheinland-Pfalz seien es sogar zwei Kassenchefs, berichtet der Sender weiter. Professor Heberlein erläuterte hierzu, dass die „MDK auf Kassenlinie“ gebracht werden. „Man könnte auch sagen, das sind Zustände, in denen der MDK in den Würgegriff der Kassen kommt“, so der Vorwurf des Experten. Für die Patienten, kann dies im Zweifelsall erhebliche Nachteile mit sich bringen, wenn zum Beispiel im Streit um die Pflegestufe oder die Arbeitsunfähigkeit tendenziell eher zu Gunsten der Krankenkassen begutachtet wird. (fp)
Bild: Tim Reckmann / pixelio.de
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