Hoher Salzkonsum Ursache für 1,65 Millionen Todesfälle?
14.08.2014
Zu viel Salz begünstigt die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen – das ist bereits seit einiger Zeit bekannt. Wie viele Menschen jedes Jahr aufgrund ihres zu hohen Salzkonsums sterben, war bislang jedoch noch unklar. Ein Forscherteam um Dariush Mozaffarian von der Harvard School of Public Health wertete Daten aus 66 Ländern aus und kam dabei zu einem alarmierenden Ergebnis: 99,2 Prozent der Weltbevölkerung nehmen zu viel Salz zu sich. 2010 starben Demnach 1,65 Millionen Menschen weltweit an den Folgen von gesundheitsschädigenden Salzkonzentrationen im Blut.
Forscher untersuchten, wie sich ein hoher Salzkonsum auf das Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, auswirkt
Salz verleiht nicht nur vielen Speisen eine angenehme Würze, es hat zudem einen hohen Suchtfaktor. So ist viel mehr Disziplin erforderlich, nur ein paar gesalzene Chips zu essen und den Rest beiseite zu stellen als beim ungesalzenen Pendant. Das machen sich viele Lebensmittelhersteller zu nutze und fügen manchem Fertiggericht eine Extraportion Salz zu. Das steigert das Geschäft und verursacht gleichzeitig nur geringe Kosten. Dass der hohe Salzgehalt von Fast Food, Chips und vielen anderen Lebensmitteln – selbst Kinderwurst enthält häufig zu viel Natrium – der Gesundheit ihrer Kunden enorm schaden kann, nehmen die Hersteller billigend in Kauf.
US-amerikanische Forscher der Harvard School of Public Health wollten herausfinden, wie groß der gesundheitliche Schaden durch zu viel Salz tatsächlich ist. Dafür werteten sie die Daten zum Natrium-Konsum aus 66 Ländern aus und erfassten damit die Informationen von rund 74 Prozent der Weltbevölkerung. Natrium ist in Kochsalz enthalten, das aus Natriumchlorid besteht. Die verwendeten Daten basierten auf Urintests, die wesentlich genauere Angaben liefern als Aussagen der Versuchsteilnehmer zu ihren Ernährungsgewohnheiten und Erkrankungen.
Darüber hinaus führten die Forscher zwei umfangreiche Analysen durch, um die Auswirkungen einer erhöhten Natriumaufnahme bewerten zu können. Dafür wurden 107 verschiedene Studien analysiert, die sich mit dem Einfluss von Natrium auf den Blutdruck beschäftigten. Hinzu kamen Untersuchungen, die wiederum untersuchten, wie sich ein hoher Blutdruck auf auf das Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben, auswirkt. Anschließend wurde alle Ergebnisse zusammengeführt und interpretiert.
Mehr Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen infolge von zu viel Salz bei Männern als bei Frauen
„Im Jahr 2010 betrug die geschätzte durchschnittliche Menge des weltweiten Natriumverbrauchs 3,95 Gramm pro Tag, und die regionalen Mittelwerte rangierten zwischen 2,18 und 5,51 Gramm pro Tag“, schreiben die Forscher im Fachmagazin „The New Endland Journal of Medicine“. Laut Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollte aber eine Natriummenge von zwei Gramm pro Tag nicht überschritten werden. Der Auswertung zufolge nehmen 99,2 Prozent der Weltbevölkerung zu viel Natrium zu sich. „Weltweit wurden 1,65 Millionen jährliche Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit der Natriumaufnahme oberhalb des Referenzlevels assoziiert. 61,9 Prozent dieser Sterbefälle traten bei Männern und 38,1 Prozent bei Frauen auf“, berichten die Forscher weiter. „Diese Todesfälle betrafen fast einen von zehn Todesfällen durch Herz-Kreislauf-Probleme. Vier von fünf Todesfällen (84,3 Prozent) traten ihn Ländern mit niedrigen bis mittleren Einkommen und zwei von jeweils fünf Todesfällen (40,4 Prozent) vorzeitig (vor dem 70. Lebensjahr) auf.“ Die niedrigsten Werte beim Natriumkonsum erreichten die afrikanischen Länder südlich der Sahara. „Die Sterberate bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die mit einer erhöhten Natriumaufnahme assoziiert wurde, war in Georgien am höchsten und in Kenia am niedrigsten“, heißt es im Fachmagazin.
Die Ergebnisse der Forscher legen gleichzeitig nahe, dass eine Natriumreduktion um 2,3 Gramm pro Tag, was einer Salzmenge von etwa 5,8 Gramm entspricht, eine Senkung des systolischen Blutdrucks um 3,82 mmHg zur folge hätte. Die Auswertung zeigte, dass sich dieser Effekt insbesondere bei älteren Menschen und bei Bluthochdruckpatienten bemerkbar machte.
Fast 21.000 Todesfälle durch hohen Salzkonsum allein in Deutschland
Laut Studie war die durchschnittlich aufgenommene Natriummenge in Deutschland mit 3,6 Gramm pro Tag zwar etwas niedriger als die der Gesamtbevölkerung, jedoch starben 2010 fast 21.000 Menschen aufgrund von Herz-Kreislauf-Beschwerden, die mit einem erhöhten Salzkonsum in Verbindung gebracht werden.
Dennoch können die Daten der Harvard-Forscher keinen direkten Zusammenhang von erhöhtem Salzkonsum und den Todesfällen belegen. Um dies zu beweisen, hätten die Probanden über mehrere Jahre hinweg begleitet und die Auswirkungen des Natriumkonsums auf die Sterblichkeit untersucht werden müssen. Dennoch ist ein Zusammenhang naheliegend, erläutert Michael Leitzmann, Direktor des Instituts für Epidemiologie und Präventivmedizin der Universität Regensburg, gegenüber „Spiegel Online“. „Für den Zusammenhang zwischen der Natriumzufuhr und Bluthochdruck liegt überzeugende wissenschaftliche Evidenz vor. Auch für die Beziehung zwischen Bluthochdruck und Herzkreislauferkrankungen ist die Evidenz überzeugend." Deshalb könne ein Zusammenhang zwischen der Natriumzufuhr, einer Blutdruckerhöhung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen als sicher angenommen werden.
„Diese Studie passt ins Bild bisheriger Untersuchungen", berichtet auch Martin Middeke, Leiter des Hypertoniezentrums München gegenüber dem Online-Magazin. Es würden zwar immer wieder gegenteilige Meinungen unter der Experten laut, „die überwiegende Anzahl der Experten ist aber davon überzeugt, dass Kochsalz ein Risikofaktor für Bluthochdruck und die damit verbundenen Krankheiten darstellt". Middeke spricht sich für eine Senkung des Salzkonsums aus. „Ich bin der Meinung, dass es Sinn macht, einen reduzierten Salzkonsum nicht nur Menschen mit einem zu hohen Blutdruck zu empfehlen, sondern auch der Gesamtbevölkerung." Den Forschern zufolge sind etwa 5 Gramm pro Tag gesundheitlich unbedenklich. „Wer schon so wenig Salz zu sich nimmt, braucht sich nicht weiter einzuschränken", erklärt Middeke. Das treffe aber in Deutschland auf die wenigsten zu. (ag)
Bild: günther gumhold / pixelio.de
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