Langsames Wachstum macht Erreger unempfindlicher gegenüber Antibiotika
15.08.2014
Multiresistente Erreger gelten in der medizinischen Fachwelt als erhebliches Problem, da bakterielle Infektionskrankheitensich entsprechend schlechter therapieren lassen. „Aber auch ohne Resistenz können Erreger einige Zeit Antibiotika überleben, weshalb die Behandlung mehrere Tage bis Wochen oder sogar Monaten dauert“, berichtet die Universität Basel. Bisher waren hier viele Forscher weltweit der Ansicht, „dass sich diese Keime in einer Art Schlafzustand befinden“, in dem sie nicht wachsen und deshalb für Antibiotika nicht angreifbar sind, so die Mitteilung der Universität.
Das Forscherteam um den Infektionsbiologen Professor Dirk Bumann vom Biozentrum der Universität Basel konnte nun jedoch zeigen, dass der „Schlafzustand“ bei Infektionen mit Salmonellen kaum eine Bedeutung für die Widerstandsfähigkeit gegen Antibiotika hat. Vielmehr seien hier die „zahlreichen langsam wachsenden Keime“ Ursache für die verzögerte Wirkung der Therapie. Da sich im selben Gewebe langsam und schnell wachsende Erreger der gleichen Gattung befinden können, ist auch mit einer völlig unterschiedlichen Antibiotikaempfindlichkeit zu rechnen, die bei der Behandlung berücksichtigt werden sollte. Ihre Ergebnisse haben die Forscher in de Fachmagazin „Cell“ veröffentlicht.
Wachstumsgeschwindigkeit der Salmonellen ermittelt
Laut Mitteilung der Universität Basel war bereits aus früheren Studien bekannt, dass völlig gleiche Bakterien im Reagenzglas nebeneinander sehr unterschiedlich schnell wachsen können. „Unklar war bislang jedoch, ob Bakteriengesellschaften auch im infizierten Wirt tatsächlich so verschieden sind“, berichten die Forscher weiter. Mit Hilfe „fluoreszierender Proteine“ ist es dem Team um Professor Bumann nun nach eigenen Angaben gelungen, „die Vermehrung einzelner Salmonellen in infizierten Geweben zu messen.“ Dabei habe sich gezeigt, „dass ein Teil der Salmonellen sehr schnell wächst mit vielen Nachkommen, welche die Krankheitssymptome verschärfen.“ Die meisten Bakterien würden jedoch „in Geweberegionen mit nur wenigen Nährstoffen gelangen, in denen sie nur langsam wachsen können.“
Langsam wachsende Erreger weniger empfindlich gegenüber Antibiotika
Nachdem die Forscher die unterschiedlichen Wachstumsgeschwindigkeit der Bakterien ermittelt hatten, überprüften sie in einem nächsten Schritt, wie sich dieses unterschiedliche Wachstumsverhalten auf den Therapieerfolg auswirkt. An infizierten Mäusen untersuchten Professor Bumann und Kollegen die Reaktion auf eine Antibiotika-Therapie. Dabei haben sich die Krankheitssymptome sehr schnell verbessert, „doch selbst nach fünf Tagen Therapie waren immer noch Erreger nachweisbar, die einen Rückfall verursachen könnten“, berichtet die Universität Basel. „Etwa 90 Prozent der Salmonellen konnten wir bereits mit der ersten Antibiotikadosis abtöten, insbesondere die schnell wachsenden“, doch „im Gegensatz dazu überlebten nicht wachsende Salmonellen viel besser“, erläuterte Professor Dirk Bumann. Der Behandlungserfolg hänge also klar von der Vermehrungsrate ab.
Schlafende und langsame wachsende Keime erschweren die Therapie
Den Ergebnissen der Schweizer Forscher zufolge sind die schlafenden Keime nicht das maßgebliche Problem bei der Widerstandsfähigkeit nicht-resistenter Erreger gegen Antibiotika, sondern in Wirklichkeit bilden langsam wachsende Erreger ein viel größeres Problem. Denn diese könnten Antibiotika zwar etwas schlechter tolerieren als schlafende Keime, aber dafür seien sie viel zahlreicher und könnten zudem ihr Wachstum jederzeit wieder ankurbeln, sobald der Antibiotikaspiegel wieder abfällt. Damit droht nach dem Absetzen der Arzneien ein erneuter Ausbruch der Infektionen. „Wenn wir solche Bakterien besser verstehen, könnte man mit gezielter Antibiotikatherapie den Behandlungszeitraum vielleicht erheblich verkürzen“, so die Hoffnung der Forscher. Dies sei „vor allem bei Infektionen interessant, bei denen Patienten ihre Medikamente über viele Tage und Wochen einnehmen müssen, um einen Rückfall zu verhindern“, berichtet die Universität Basel. (fp)
Bild: sigrid rossmann / pixelio.de
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