Tschernobyl-Folgen: Wildschwein darf teils wegen Cäsium-Belastung nicht verkauft werden
17.08.2014
Mittlerweile liegt die Atomkatastrophe von Tschernobyl bereits über 28 Jahre zurück. Doch noch immer sind in Thüringen viele Wildschweine so stark mit Cäsium belastet, dass ihr Fleisch nicht verkauft werden darf. In rund jedem zehnten erlegten Tier wurde der Grenzwert überschritten.
28 Jahre nach dem Supergau
Über 28 Jahre ist es nun her, dass eine Kernschmelze im Atomkraftwerk in Tschernobyl zum Supergau führte. Am 26. April 1986 wurden durch eine Explosion in dem Kernkraftwerk in der Ukraine große Mengen radioaktiver Stoffe in die Umwelt abgegeben. Die Kontamination reichte nicht nur bis in die Nachbarländer, sondern darüber hinaus sogar bis Deutschland. Auch heute noch sind in Thüringen etliche Wildschweine so sehr verstrahlt, dass ihr Fleisch nicht verkauft werden darf, wie es in einer Mitteilung der Nachrichtenagentur dpa heißt.
Ende des Problems nicht absehbar
Laut Gesundheitsministerium wurden voriges Jahr 586 erlegte Tiere untersucht und bei fast jedem zehnten der Grenzwert von 600 Becquerel pro Kilogramm überschritten. Wie die Leiterin des Referats für Lebensmittelüberwachung, Karin Schindler, sagte, sei ein Ende des Problems nicht abzusehen, da sich die Cäsium-Belastung nur alle 30 Jahre halbiere. Schindler zufolge sind Wildschweine deswegen stärker betroffen als andere Wildtiere, da sie im Waldboden wühlen, wo sich das Cäsium besonders lange hält. „Sie nehmen dabei in großem Umfang Pilzmyzel auf, in dem sich Cäsium besonders stark anreichert.“ Daher sind Wildschweine, die in dichten Waldgebieten leben, stärker betroffen, als diejenigen, die sich verstärkt auf Wiesen und Feldern rumtreiben.
Nicht alle geschossenen Wildschweine werden untersucht
Es werden aber nicht alle geschossenen Wildschweine untersucht. Schindler erläuterte, dass es vielmehr ein abgestuftes System mit Schwerpunktgebieten gibt, in denen alle Tiere getestet werden müssen, Jagdbezirken, in denen nur Stichproben von jedem fünften Tier untersucht werden und den übrigen Landesteilen mit noch kleineren Stichproben. Die Expertin erklärte, dass zu den Schwerpunkten Gebiete im Thüringer Wald gehörten, vor allem in den Landkreisen Hildburghausen, Gotha und dem Ilm-Kreis. Dies liege an der dortigen Waldstruktur sowie an den Wetterbedingungen in den Tagen nach der Reaktorkatastrophe im April 1986. Und auch im Kreis Greiz gebe es eine Region, wo zumindest im Winter alle geschossenen Schweine untersucht werden. „Im Sommer halten sie sich dort auf Wiesen und Feldern schadlos.“
Positiv getestetes Fleisch muss entsorgt werden
Schindler zufolge werden die Untersuchungen erst fällig, wenn das Fleisch verkauft oder verschenkt werden soll. Wenn ein Jäger ein Tier für den eigenen Verzehr erlegt, ist dies nicht nötig. „600 Becquerel ist ein sehr niedriger Grenzwert. Wenn man das einmal isst, ist das kein Problem.“ Falls das Fleisch jedoch positiv getestet wird, muss es entsorgt werden und der Jäger wird dafür entschädigt. Der Präsident des Landesjagdverbandes, Steffen Liebig, konstatierte, dass das Prozedere sehr gut eingespielt sei. „Das klappt ohne Probleme.“ Wildschweine würden auch in diesen Gegenden weiter „straff bejagt“. Wie Liebig betonte, seien in Bayern weitaus mehr Regionen betroffen als in Thüringen.
Radioaktiv verseuchte Nahrung ist gesundheitsgefährdend
Der Verzehr von radioaktiv verseuchter Nahrung wird von den meisten Experten jedoch keinesfalls ungefährlich, sondern als stark gesundheitsgefährdend eingeschätzt. So wurde etwa nach der Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima verstärkt darauf hingewiesen, dass sich Jod 131 in der Schilddrüse sammelt und zu Schilddrüsenkrebs führen kann. Cäsium 137 hingegen lagert sich unter anderem in Muskeln ein und kann beispielsweise Leukämie (Blutkrebs) verursachen. Anzumerken ist auch, dass die derzeit geltenden Grenzwerte von Fachleuten immer wieder kritisiert werden, da auch bei minimalen Strahlenbelastungen schon negative gesundheitliche Folgen denkbar sind. (ad)
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