BfArM warnt vor Nebenwirkung der Beta-Interferon-Arzneien
21.08.2014
Warnung vor drohenden Nebenwirkungen bei der Multiple-Sklerose-Behandlung mit Interferon beta-Arzneimitteln. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat in einer aktuellen Mitteilung in Übereinstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und den Zulassungsinhabern über mögliche Risiken bei der Behandlung mit Multiple-Sklerose-Mitteln aus der Kategorie der Interferon beta-Arzneimitteln informiert. Die Beta-Interferonen können laut Mitteilung des BfArM schlimmstenfalls zu einer potenziell tödlichen thrombotischen Mikroangiopathie oder einem nephrotischen Syndrom führen.
Die „sicherheitsrelevanten Informationen“ zu den Risiken der Multiple-Sklerose-Medikamente richtet das BfArM an sämtliche Angehörigen von Gesundheitsberufen. Laut Mitteilung des Bundesinstituts wurden „während der Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) mit Interferon beta-Arzneimitteln Fälle von thrombotischer Mikroangiopathie (TMA), einschließlich Fällen mit Todesfolge, berichtet.“ Die meisten dieser TMA-Fälle hätten sich als thrombotisch-thrombozytopenische Purpura beziehungsweise hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) manifestiert. Dies sind spezielle Erkrankungen der kleinen Blutgefäße insbesondere im Bereich der Nieren und des Gehirns. HUS und die hiermit verbundenen Nierenschädigungen bildeten zum Beispiel auch mögliche Komplikationen bei den EHEC-Infektionen im Zuge der Epidemie 2011.
Drohende tödliche Nierenerkrankungen?
Als weitere mögliche Nebenwirkung der MS-Medikamente nennt das BfArM die Entwicklung eines nephrotischem Syndroms, bei dem die Nierenkörperchen Schaden nehmen und die Nierenfunktion insgesamt beeinträchtigt wird. Sowohl TMA als auch das nephrotische Syndrom können laut Mitteilung des BfArM „mehrere Wochen bis mehrere Jahre nach Beginn der Behandlung mit Interferon beta auftreten.“ Ärzte und medizinisches Fachpersonal werden in der Mitteilung des Bundesinstituts daher dazu aufgefordert, besonders darauf zu achten, ob sich diese Erkrankungen entwickeln. Das Krankheitsbild der TMA werde gekennzeichnet durch eine Thrombozytopenie (Mangel an Thrombozyten), Neuauftreten einer Hypertonie (Bluthochdruck), Fieber, Einschränkungen der Nierenfunktion und Symptome des zentralen Nervensystems wie Verwirrtheit oder Lähmungen, berichtet das BfArM Sollten die MS-Patienten eine TMA entwickeln, sei umgehend eine Behandlung gegebenenfalls mit Plasmaaustausch erforderlich und ein sofortiges Absetzen von Interferon beta werde empfohlen.
Regelmäßig die Nierenfunktion überprüfen
Aufgrund des Risikos eines nephrotischen Syndroms rät das BfArM die Nierenfunktion bei einer MS-Behandlung mit Beta-Interferonen regelmäßig zu überprüfen und „auf frühe Zeichen oder Symptome eines nephrotischen Syndroms, wie z.B. Ödeme, Proteinurie und eingeschränkte Nierenfunktion, insbesondere bei Patienten mit erhöhtem Risiko einer Nierenerkrankung“, zu achten. Auch hier sei im Falle der Erkrankung eine sofortige Behandlung unerlässlich und die Medikation mit Interferon beta sollte gegebenenfalls abgesetzt werden. Als Interferon beta-Arzneimittel, die zur Behandlung von MS in Deutschland zugelassen sind, nennt dass BfArM „Avonex® (Interferon beta-1a)“ hergestellt von der Biogen Idec Ltd, „Betaferon® (Interferon beta-1b)“ hergestellt von der Bayer Pharma AG, „Extavia® (Interferon beta-1b)“ hergestellt von Novartis Europharm Ltd, „Plegridy® (Peginterferon beta-1a)“ hergestellt von Biogen Idec Ltd und „Rebif® (Interferon beta-1a) hergestellt von Merck Serono Europe Ltd.
Heilung bisher nicht möglich
Für die MS-Patienten besteht bislang keine Aussicht auf ein Heilung der chronisch entzündlichen Erkrankung des Zentralen Nervensystems. Allerdings lässt sich unter anderem mit Hilfe der Interferon beta-Arzneimittel eine deutliche Verzögerung des Krankheitsverlaufs erreichen. Den Angaben der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) zufolge leiden weltweit schätzungsweise circa 2,5 Millionen Menschen an MS und in Deutschland seien „nach Hochrechnungen ca. 130.000 MS-Erkrankte“ zu verzeichnen. Meist werde die Erkrankung zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr festgestellt, allerdings sind mitunter auch Kinder und Jugendliche betroffen, berichtet die DMSG. Allgemein leiden Frauen tendenziell deutlich häufiger als Männer unter MS. (fp)
Bild: Albrecht E. Arnold / pixelio.de
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