Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Totschlags gegen Ärztin
22.08.2014
Die Staatsanwaltschaft legt einer Oberärztin am Berliner Herzzentrum zur Last, zwischen 2010 und 2012 Patienten zu besseren Plätzen auf der Warteliste für Organspenden verholfen und gleichzeitig andere dadurch in Lebensgefahr gebracht zu haben, weil sie in der Rangfolge der Organempfänger weiter nach hinten gerutscht sind. Auch andere Ärzte der Klinik sollen an der Manipulation beteiligt gewesen sein.
Ärztin am Berliner Herzzentrum könnte Warteliste für Herztransplantationen manipuliert haben
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen versuchtem Totschlags. Es bestehe der Verdacht, dass die Rangfolge auf der Warteliste für Herztransplantationen manipuliert worden sei, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“. Es müsse geprüft werden, ob Patienten auf der Liste nach hinten rutschten und damit möglicherweise in Lebensgefahr gerieten, weil andere bevorzugt wurden. Es werde zudem ermittelt, ob Patienten wegen der Manipulation starben.
Medienberichten zufolge soll die Oberärztin fast 30 Patienten zwischen 2010 und 2012 hohe Dosen bestimmter Arzneimittel verordnet haben, durch die der Gesundheitszustand der Betroffenen kritischer erschien. Deshalb sollen die Patienten auf der Warteliste weiter nach oben gerückt worden seien, so der Verdacht. Wie aus den Presseberichten hervorgeht, wurden die Manipulationen durch eine Prüfkommission aufgedeckt, die bereits 2012 in Folge eines Organsende-Skandals eingesetzt wurde. Ein Bericht wird bis Ende August von der Kommission erwartet, zu der auch die Bundesärztekammer gehört.
Zahl der Organspender ging nach letztem Organspende-Skandal deutlich zurück
Um Manipulationen zu verhindern – beispielsweise dass Spenderorgane gegen die Zahlung hoher Beträge bestimmten Patienten transplantiert werden – wird jeder Patient, der auf ein Spenderorgan wartet, auf eine Liste gesetzt. Für die Rangliste entscheidend ist vor allem die Dringlichkeit des benötigten Organs, also der Gesundheitszustand des Patienten.
In Deutschland warten derzeit rund 10.700 Patienten auf ein Spenderorgan. Wie die Deutsche Stiftung Organtransplantation informiert, stirbt alle acht Stunden ein schwer kranker Mensch auf der Warteliste, weil kein Organ zur Verfügung steht. Am Deutschen Herzzentrum werden jährlich mehr als 2.500 Operationen unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt. Zudem werden über 2.000 weitere Eingriffe an Herz und Blutgefäßen, darunter etwa 100 Herz- und/oder Lungen-Transplantationen, von Spezialisten vorgenommen.
Aufgrund des Organspende-Skandals im Jahr 2012, als bekannt wurde, dass an Kliniken in Göttingen, Regensburg, Leipzig und München bei der Zuteilung von Ersatzlebern manipuliert wurde, sanken die Zahlen der Organspender deutlich. Im vergangenen Jahr gab es lediglich noch 876 Organspender, ein historischer Tiefststand. 2012 waren es noch 1.046 und 2011 1.200. Auch in diesem Jahr gab es bisher wenig Spender. Von Januar bis Juli waren es nur 513 Organspender.
Herzzentrum hat auf eigene Initiative die Staatsanwaltschaft informiert
Das Herzzentrum selbst hatte die Ermittlungen initiiert. „Wir haben bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet“, sagte die Klinik-Sprecherin Barbara Nickolaus gegenüber der Nachrichtenagentur. Auch der Berliner Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) sei über den Verdacht informiert worden. Der Staatsanwaltschaft zufolge soll ein Rechtsanwalt die Unterlagen des Herzzentrums übergeben haben. (ag)
Bild: Martin Jäger / pixelio.de
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