Polarisiertes Trainings auch für Hobby-Sportler ein vielversprechender Trainingsansatz
27.08.2014
Polarisiertes Training ist eine Kombination aus Ausdauereinheiten und hoch intensiven Trainingseinheiten. Mit seiner Hilfe lassen sich besonders vielversprechende Trainingseffekte erzielen. Im Leistungssport wird die Methode bereits seit Jahren angewandt, doch auch für Hobby-Sportler ist sie nach Ansicht von Experten wie Patrick Wahl von der Deutschen Sporthochschule in Köln durchaus geeignet.
Gut trainierte Sportler können durch Ausdauertraining ihre Leistungen nur noch sehr begrenzt steigern, berichtet die Nachrichtenagentur „dpa“ und nennt hier das sogenannte polarisierte Training als Möglichkeit, um weiterhin Leistungssteigerungen zu erreichen. Zwar hält regelmäßiges Radfahren und Laufen fit und erfüllt unter gesundheitlichen Aspekten durchaus seien Zweck. Steigerungen der Leistung über einen gewissen Punkt hinaus, lassen sich jedoch nicht erzielen. Bei ehrgeizigen (Hobby-)Sportlern kann dies schnell zu einer gewissen Frustration führen. Einen Ausweg bietet hier das polarisierte Training.
Kombination aus Ausdauereinheiten und intensiven Trainingsintervallen
Mit langen Grundlagenläufen und Ausdauereinheiten, wie sie von den meisten Hobby-Sportlern praktiziert werden, sind zumindest bei gut trainierten Personen die Leistung irgendwann nicht mehr steigerbar, zitiert die „dpa“ den Leiter der Ausdauerdiagnostik und Belastungsforschung an der Deutschen Sporthochschule in Köln, Patrick Wahl. Das hochvolumige, aber niedrigintensive Training (auch High Volume Training; HVT) ist zur Leistungssteigerung daher nur bedingt geeignet. Wahl empfiehlt hier hochintensive Trainingseinheiten einzubauen (auch High Intensity Training; HIT). Professor Andreas Nieß, Ärztlicher Direktor der Sportmedizin an der Universität Tübingen, teilt diese Einschätzung. Das Konzept bilde ein ein gutes Gegenmodell zu dem vielfach verfolgten Motto „Laufen ohne zu schnaufen“, bei dem neben dem Training noch genug Luft für eine gemütliche Unterhaltung bleiben sollte. Die von dem amerikanischen Sportwissenschaftler Carl Foster als Polarized Training benannte Kombination aus intensiven Trainingsintervallen und Ausdauereinheiten wird laut Aussage der Experten heute bereits von den meisten Profisportlern praktiziert.
In der Kombination liegt die Stärke
Bestätigt sieht sich Prof. Nieß in seiner Einschätzung durch eine Studie des Forscherteams um Martin Gibala von der McMaster-Universität in Ontario, in der die Trainingseffekte bei Radsportlern untersucht wurden. Im Rahmen der Untersuchung seien die Sportler in zwei Gruppen aufgeteilt worden, wobei eine in dem Zeitraum von zwei Wochen sechs Trainingsfahrten über 90 bis 120 Minuten unter einer Belastung von etwa 65 Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahme absolvierte. Die andere Gruppe habe an sechs Tagen vier bis sechs hochintensive Einheiten à 30 Sekunden unter maximaler Belastung geleistet. Die physiologischen Anpassungsprozesse und die Leistungssteigerung seien fast identisch gewesen, so die Mitteilung der „dpa“. Patrick Wahl machte deutlich, dass dies jedoch nicht bedeute, eine Trainingsmethode sollte durch die andere ersetzt werden, sondern in der Kombination der HVT- und HIT-Phasen liege die Stärke.
70 Prozent Ausdauertraining, 20 Prozent hochintensive Intervalle
Im Hochleistungssport ist es laut Aussage der Experten heute üblich, dass die Athleten mindestens 70 Prozent ihres Trainings mit HVT-Intervallen verbringen und circa 20 Prozent im hochintensiven Bereich absolvieren. Rund zehn Prozent der Übungen seien im mittleren Belastungsbereich anzusiedeln. Auch Hobby-Sportlern empfiehlt Patrick Wahl eine ähnliche Kombination. Beispielweise könne ein Hobbyläufer drei langen Grundlageneinheiten über 60 bis 90 Minuten pro Woche mit zwei intensiven Einheiten von viermal vier Minuten Laufen bei 90 bis 95 Prozent der maximalen Herzfrequenz kombinieren. Zwischen den intensiven Intervallen seien jeweils drei Minuten Pause angeraten. Als Richtwert für die maximale Herzfrequenz nennt der Experte 220 minus Lebensalter. Fehlt die Zeit für das dargestellte Trainingspensum, rät Wahl zur Kombination von zwei Grundlagen- und einer intensiven Intervalleinheit.
Medizinische Voruntersuchung angeraten
Wenig trainierte Personen und Menschen mit Vorerkrankungen sollten laut Professor Nieß allerdings nicht direkt mit dem polarisierten Training anfangen. Ihnen sei zunächst die Dauermethode zu empfehlen. „Dabei spielen auch Dinge wie die Anpassung des Bewegungsapparats eine Rolle, also Sehnen, Bänder, Muskulatur, Knochen“, zitiert die „dpa“ den Experten. Eine ärztliche Voruntersuchung ist nach Einschätzung des Sportmediziners ohnehin sinnvoll, um bei hohen sportlichen Belastungen kein Risiko einzugehen. „Ich würde nur HIT-Einheiten empfehlen, wenn jemand eine medizinische Voruntersuchung gemacht hat“, so Nieß. Bestehen unter gesundheitlichen Gesichtspunkten keine Einwände gegen das polarisierte Training., bietet dies gegenüber herkömmlichem Ausdauertraining jedoch erhebliche Vorteile. In kürzerer Zeit lassen sich zum Beispiel die gleichen oder gar bessere Effekte auf den Zuckerstoffwechsel und die Blutfettwerte erzielen. Die hohe Effizienz der Trainingsmethode habe auch „dazu geführt, dass man in der Rehabilitation oder Prävention Intervalltrainings eingeführt hat, zum Beispiel bei Patienten mit dem metabolischen Syndrom oder einer chronischen Herzinsuffizienz“, erläuterte Professor Nieß.
Polarisiertes Training für Leistungssportler und Hobby-Sportler
Von der praktischen Anwendung des polarisierten Trainings im Leistungssport berichtet der Triathlontrainer und Buchautor Holger Lüning in der Mitteilung der „dpa“. Dies sei ein besonderes Konzept für Sportler, die sich im Wettkampf messen und ihre Leistung kontinuierlich verbessern wollen, so Lüning. „Die Qualität des Trainings steigt und gibt dem Athleten die Chance, sehr gezielt an den Fähigkeiten zu arbeiten, die tatsächlich im Wettkampf gefordert sind“, erläutert der Triathlontrainer weiter. Mit seiner Hilfe könne auch eine Stagnation verhindert oder aufgebrochen werden. Professor Nieß sieht einen wesentlichen Vorteil des polarisierten Trainings zudem in der Zeitersparnis. So bleibe zum Beispiel mehr Zeit für Techniktraining. Um die allgemeine Belastbarkeit deutlich zu erhöhen, wie dies beispielsweise für einen Langstreckenlauf erforderlich ist, führt laut Aussage des Experten jedoch an den Ausdauereinheiten kein Weg vorbei. Auch eine Steigerung des Anteil der intensiven Trainingsintervalle über 20 Prozent hinaus macht laut Aussage der Sportmediziner keinen Sinn, da die Betroffenen schnell übertrainiert wären. Insgesamt ist „das polarisierte Training für Hobby- wie auch für Leistungssportler geeignet“, so das Fazit von Patrick Wahl. (fp)
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