Krankenkassen verlangen mehr Gesundheitsschutz in Betrieben
07.09.2014
Arbeitnehmer in Deutschland sind immer mehr Stress ausgesetzt und das nicht nur während der regulären Arbeitszeiten, sondern auch nach dem Feierabend. Die Chefs mehrerer Krankenkassen geben den Arbeitgebern eine Mitschuld am Anstieg von Burnout- und Depressionserkrankungen. Sie fordern mehr Gesundheitsschutz in den Betrieben und ein Recht auf Ruhepausen.
Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwindet
Steigende Arbeitszeiten, mehr verlangte Arbeitsleistung, Angst vor Arbeitsplatzverlust: Gründe, die dazu führen können wegen dem Job an Burnout oder Depressionen zu erkranken, gibt es genug. Zudem kam in den vergangenen Jahren für viele Angestellte das Problem hinzu, dass die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit mehr und mehr verschwimmt. Nicht wenige Arbeitnehmer bekommen selbst spätabends noch E-Mails aus der Firma. Die Chefs mehrerer Krankenkassen geben den Arbeitgebern eine Mitschuld am enormen Anstieg von Burnout- und Depressionserkrankungen in Unternehmen und machen sich für eine Besserung des Arbeitsschutzes stark.
Recht auf Ruhepausen
So verlangen die Vorstandsvorsitzenden der Barmer GEK, Techniker Krankenkasse (TK) und Kaufmännischer Krankenkasse KKH nun eine Stärkung des Gesundheitsschutzes in den Betrieben. Barmer-Chef Christoph Straub sagte gegenüber der „Welt am Sonntag“: „Die Veränderungen in unserer Arbeitswelt zum Beispiel durch den Gebrauch von Smartphones und die damit verbundene ständige Erreichbarkeit führen zu immer mehr Stress.“ Straub forderte, die Arbeitgeber per Gesetz dazu zu zwingen, Mitarbeitern das Recht auf Ruhepausen zuzugestehen. „Niemand sollte immer erreichbar sein müssen – hier kann ein Gesetz durch klare Maßstäbe gegen Dauerstress Gesundheit schützen.“
Unternehmen sollen in Gesundheitsmanagement investieren
Unternehmen würden ihre Verantwortung für die Beschäftigten vernachlässigen, so der Vorwurf von KKH-Chef Ingo Kailuweit. Von vielen Betrieben werde es versäumt, die Mitarbeiter auf einen verträglichen Umgang mit wachsendem Stress vorzubereiten. „Hier müssen die meisten Arbeitgeber umdenken.“ Unternehmen sollten verstärkt in Gesundheitsmanagement investieren, meinte Tk-Chef Jens Baas: „Hier ist jeder Euro gut angelegt.“ Bei so einer betrieblichen Gesundheitsförderung geht es darum, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen bei der Arbeit zu verbessern, etwa durch Maßnahmen wie eine verbesserte Arbeitsorganisation und Arbeitsumgebung. Oder auch durch Bereitstellung von Gesundheitsangeboten und Förderung der persönlichen Entwicklung.
Gesundheitsminister Gröhe unterstützt den Appell der Kassen
Auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) unterstützt den Appell der Kassen. „Gute Präventionsprogramme können dazu beitragen, dass Krankheiten wie Burnout oder körperliche Beschwerden als Folge beruflicher Belastungen gar nicht erst entstehen“, so der Politiker gegenüber der „Welt am Sonntag“. Es liege im Interesse der Betriebe, die Gesundheit und Zufriedenheit der Beschäftigten zu fördern. „Unternehmen, die das erkennen, steigern letztlich auch ihre Wettbewerbsfähigkeit.“
Debatte über Anti-Stress-Regeln
16 Prozent aller Fehltage im ersten Halbjahr 2014 sind Zahlen der Krankenkasse DAK zufolge auf psychische Erkrankungen wie Burnout zurückzuführen. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Krankheitsfälle von Depressionen oder Angstzuständen um gut zehn Prozent. Auch die Zahl der Fehltage wegen Rückenschmerzen, die nicht selten auf Stress zurückzuführen sind, haben deutlich zugenommen. So mussten die Arbeitgeber 2013 laut des im Juni vorgestellten Rückenatlas der TK insgesamt 40 Millionen Fehltage ihrer Angestellten ausgleichen. Die Kassenchefs schalten sich mit ihrem Appell nun in die Debatte über Anti-Stress-Regelungen ein. So hatte Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) für längere Erholungsphasen, einen besseren Überstundenausgleich und eine stärkere Gesundheitsförderung, um dem riskanten Dauerstress vorzubeugen, plädiert.
Stressbedingten gesundheitlichen Problemen vorbeugen
Arbeitnehmer, die jedoch nicht so lange warten wollen, bis solche Appelle an Betriebe in die Tat umgesetzt werden, sollten sich soweit wie möglich selbst helfen, um potentiellen gesundheitlichen Problemen durch Arbeitsüberlastung zuvorzukommen. Grundsätzlich ist anzuraten, nicht erst abzuwarten, bis sich Symptome wie chronische Müdigkeit, innere Unruhe, depressive Verstimmungen, Schlafstörungen, Herzstolpern, Schwindel oder Konzentrationsschwierigkeiten zeigen. Falsch wäre es auch, Stress mit übermäßigem Essen, Rauchen oder Alkohol zu kompensieren. Vielmehr eignen sich zum Stressabbau gezielte Entspannung, wie etwa durch Progressive Muskelrelaxation, Autogenes Training, Yoga, Tai Chi, oder Qi Gong, ausreichend Schlaf, regelmäßige Bewegung sowie gesunde Ernährung. (ad)
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