Mit dem Bildungsstand nimmt die Kurzsichtigkeit zu
09.09.2014
Das Tragen einer Brille vermittelt nicht nur einen gebildeten Eindruck, sondern tatsächlich sind Akademiker besonders häufig Brillenträger. Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz haben in der Fachzeitschrift „Ophthalmology“ eine Studie veröffentlicht, der zufolge die Kurzsichtig mit dem Bildungsgrad zunimmt, so die Mitteilung der Deutschen Ophthalmologische Gesellschaft (DOG). Abitur und Studium sind demnach schlecht für die Augen.
Die Forscher der Universitätsmedizin Mainz kommen aufgrund ihrer Studienergebnisse zu der Schlussfolgerung, dass mit der Bildungsdauer die Kurzsichtigkeit deutlich zunimmt. „Wer länger lernt braucht eine stärkere Brille“, berichtet die DOG. Als mögliche Ursachen für diesen Zusammenhang nennen die Forscher das vermehrte Lesen, Arbeiten am Computer und den Mangel an Tageslicht. Hier rät die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft daher, den Augen gezielt Pausen zu gönnen und regelmäßig den Aufenthalt im Freien zu suchen, weil dieser offenbar der Kurzsichtigkeit entgegenwirke.
Jeder zweite Hochschulabsolvent kurzsichtig
Die Forscher an der Universitätsmedizin Mainz untersuchten im Rahmen der sogenannten „Gutenberg-Gesundheitsstudie die Sehstärke von 4.658 Menschen im Alter von 35 bis 74 Jahren“, so die Mitteilung der DOG. Hierbei hätten sich mehr als die Hälfte der Hochschulabsolventen als kurzsichtig erwiesen, wohingegen bei den Probanden ohne höhere Schulbildung nur jeder Vierte von der Sehschwäche betroffen war. Die Unterschiede zwischen Probanden mit höherem und mit niedrigem Bildungsniveau waren demnach extrem ausgeprägt. Die Ursachen für diese Abweichungen sind bislang zwar nicht abschließend geklärt, doch geht der Direktor der Mainzer Augenklinik und Initiator der Gutenberg-Studie, Professor Dr. med. Norbert Pfeiffer, davon aus, dass sie vermutlich auf die Naharbeit, die den Alltag von Studierenden bestimmt, zurückgehen.
Anzahl der Kurzsichtigen stark steigend
„Laut aktueller Studienlage, tragen stundenlanges Lesen, Fernsehen und Arbeiten am Computer zur Verschlechterung des Sehvermögens bei“, zitiert die DOG den Direktor der Mainzer Augenklinik. Der Experte sieht hier auch einen Zusammenhang mit der stark steigenden Anzahl der Kurzsichtigen im Lauf der letzten Jahrzehnte. So sei heute in allen Industrienationen weltweit mindestens ein Drittel der Bevölkerung kurzsichtig, in manchen Großstädten Asiens seien sogar fast 90 Prozent betroffen. Zwar wurden die Gründe für diesen Anstieg noch nicht eindeutig geklärt, doch „Studien haben gezeigt, dass Umweltfaktoren wie Bildung, Beruf und Freizeitgestaltung eine entscheidende Rolle spielen“, ergänzte der Pressesprecher der DOG, Professor Dr. med. Christian Ohrloff.
Umweltfaktoren entscheidend für die Entwicklung der Kurzsichtigkeit
Die aktuellen Studienergebnis sprechen laut Mitteilung der DOG auch gegen die Annahme, „dass Kurzsichtigkeit – fachsprachlich Myopie genannt – überwiegend erblich und damit angeboren ist.“ Der Leiter der Untersuchungen an der Universitätsmedizin Mainz, Privatdozent Dr. med. Alireza Mirshahi, betonte, dass „die rapide Zunahme der Myopie, vor allem in Asien, sich nicht mit genetischen Faktoren erklären“ lasse. Insgesamt seien in ihren Untersuchungen 45 verschiedene genetische Faktoren getestet worden, „aber im Vergleich zum Bildungsstand hatten sie einen viel geringeren Einfluss.“ So spreche Vieles dafür, dass Umwelteinflüsse die Entstehung der Kurzsichtigkeit maßgeblich beeinflussen.
Drohende Folgeerkrankungen bei Kurzsichtigkeit
Zu den Ursachen der Fehlsichtigkeit erläuterte die DOG, dass diese durch einen zu langen Augapfel bedingt werde. Hierdurch bilden die einfallenden Lichtstrahlen ihren Brennpunkt nicht auf der Netzhaut, sondern davor, so die Fachgesellschaft weiter. Ferne Gegenstände würden infolgedessen verschwommen erscheinen. Allerdings werde nicht nur das Sehen für die Betroffenen zum Problem, berichtet die DOG. „Schon mäßige Kurzsichtigkeit von -1 bis -3 Dioptrien verdoppelt das Risiko für Folgeerkrankungen wie Netzhautablösung, Grünen oder Grauen Star“, so die Mitteilung der DOG. Bis heute seien alle Versuche, das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit mit Brillen oder Medikamenten zu heilen oder aufzuhalten, ohne Erfolg geblieben.
Durch Zeit im Freien der Kurzsichtigkeit vorbeugen
Aus den aktuellen Studien geht laut Mitteilung der DOG „jedoch hervor, dass Schüler, die viel Zeit im Freien verbringen, seltener von Kurzsichtigkeit betroffen sind, als Stubenhocker.“ Professor Christian Ohrloff erläuterte hierzu, dass „helles Tageslicht sich regulierend auf das Wachstum der Augen auszuwirken scheint.“ Zu einer ähnlichen Einschätzung kommen die Mainzer Studienautoren und empfehlen daher Frischluft zur Vorsorge. Weil Schüler und Studierende den aktuellen Studienergebnissen zufolge ohnehin einem höheren Risiko der Kurzsichtigkeit unterliegen, raten die Experten vorzubeugen, indem gezielt mehr Zeit im Freien verbracht wird. (fp)
Bild: Tim Reckmann / pixelio.de
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