Depressionen: Sport und körperliche Aktivitäten können helfen
17.09.2014
Schweizer und deutsche Wissenschaftler haben in einer großen Übersichtsstudie eine lange gehegte Annahme bestätigt: Sport und körperliche Aktivitäten können Depressionen lindern. Zudem kommen die Forscher zu dem Schluss, dass Bewegung im Gehirn auf ähnliche Weise wirkt wie Antidepressiva.
Forscher bestätigen lang gehegte Annahme
Mindestens jede zehnte Person in den westlichen Industrienationen leidet mindestens einmal im Verlauf ihres Lebens an einer Depression. Begleitet wird diese von zahlreichen psychischen und physischen Beschwerden, wie Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, sexuelle Inaktivität oder Schlafstörungen. Die Behandlung von Depressionen erfolgt traditionell mit Medikamenten (Antidepressiva) und Psychotherapie. Doch auch Sport und körperliche Aktivitäten können Depressionen lindern. Diese lange gehegte Annahme wurde nun von Forschern aus der Schweiz und Deutschland in einer großen Übersichtsstudie bestätigt.
Alle verfügbaren Studien zusammengefasst
Wie die Uni Bern am Dienstag mitteilte, hat das Team um Mirko Wegner vom Institut für Sportwissenschaft der Universität Bern alle verfügbaren Übersichtsstudien zur Wirkung von Sport auf Angststörungen und Depressionen zusammengefasst. Diese insgesamt 37 Metaanalysen beinhalteten laut einer Meldung der Schweizer Nachrichtenagentur SDA Daten von je mehr als 40.000 Personen mit diesen Störungen. Alle diese Studien maßen "die Stärke des antidepressiven respektive angstlösenden Effekts". Dabei kamen Wegner und seine Kollegen von der MSH Medical School Hamburg zu dem Schluss, dass sich Sport und körperliche Aktivität positiv auf Depressionen auswirken und auf ähnliche Weise wirken wie Antidepressiva, wie sie nun im Fachjournal „CNS & Neurological Disorders – Drug Targets“ berichten.
Sport regt Wachstum von Nervenzellen an
Durch Antidepressiva wird die Konzentration des auch als „Glückshormon“ bezeichneten Gehirnbotenstoffs Serotonin im Gehirn gesteigert. Dieser steuert unter anderem Stimmung, Gefühl, Schlaf und Appetit. Zudem fördern Antidepressiva die Neubildung von Nervenzellen im Hippocampus, einer Region im „Gefühlszentrum“ des Gehirns, dem limbischen System. Wie die Forscher erklärten, führten Depressionen hingegen zum Absterben von Zellen in dieser Hirnregion. Somit "wirkten Sport und körperliche Aktivität ähnlich wie die Medikamente, auch diese lassen den Serotoninspiegel im Blut ansteigen und regen das Wachstum der Nervenzellen im limbischen System an".
Nutzen bei Angststörungen nur gering
„Leider lassen die Metaanalysen keine Schlüsse zu, wie oft und wie lange wöchentlich Sport getrieben werden sollte“, erklärte Studienleiter Wegner in einer Mitteilung. „Man kann aber sehen, dass Sport und körperliche Aktivität Depressionen mildern.“ Doch während der Effekt bei Depressionen mittelgroß war, war der Nutzen von Sport bei Angststörungen nur gering. Weil Sport kostengünstig ist und nur wenige Nebenwirkungen hat, sehen die Forscher darin eine gute Ergänzung zu anderen Therapien. Sie betonten jedoch, dass noch untersucht werden müsse, ob und vor allem in welchem Ausmaß Bewegung Medikamente bei leichten Depressionen ergänzen oder sogar ersetzen könne.
Sportprogramm für Patienten mit Depressionen
Dass Bewegung vielen Betroffenen von Depression hilft, hatte vor einigen Jahren auch Professor Dr. Marc Ziegenbein, stellvertretender Direktor der MHH-Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie mitgeteilt. Damals wurde an der MHH (Medizinische Fachhochschule Hannover) von Psychiatern und Sportwissenschaftlern ein neues Sportprogramm für Patienten mit Depressionen vorgestellt. Dieses speziell für Menschen mit Depressionen entwickelt Trainingsprogramm basiert im wesentlichen auf moderatem Ausdauertraining, wozu unter anderem Walking, leichtes Lauftraining und spielerische Übungen gehören. (ad)
Bild: Julien Christ / pixelio.de
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